Niemand ist perfekt

Erwartungshaltungen.
Sie machen uns das Leben schwer.
Wer jemanden liebt, stellt ihn oft auf ein Podest.
Idealisiert ihn.
Oder besser gesagt.
Man sieht ihn nicht richtig.
Irgendwie verzerrt.
Unscharf.
Negative Eigenschaften werden übersehen.
Sehr lange sogar.
Nicht umsonst heißt es.
Liebe macht blind.
Vielleicht nicht ganz.
Aber Brillen würden bisweilen nicht schaden.
Um sich nicht in ein Traumbild zu verlaufen.
Denn unerwartet rücken sich die Dimensionen wieder zurecht.
Der Schleier vor den Auen lichtet sich.
Und der geliebte Mensch ist nicht mehr, der er war.
Oder besser gesagt.
Man sieht ihn real.
Zum ersten Mal vielleicht.

So eine Erkenntnis erscheint einem oft wie ein Sturz.
Man tut sich weh.
Und man ist enttäuscht.
Weil man sich so täuschen konnte.
Enttäuscht sein.
Das heißt auch immer.
Sich getäuscht haben.
Der oder die Liebste ist vom Sockel gestürzt.
Auf das man ihn gestellt hat.
Nicht immer kann man nur dem Idealisierten die Schuld dafür zuweisen.
Er war der Nutznießer.
Und sah keinen Grund, etwas am Status Quo zu ändern.
Er muss nicht immer gewollt sein.
Die Selbsttäuschung selber ist meist der Grund für den Schmerz.
Wenn die Erkenntnis sich einstellt.
Auch Ludwig van Beethoven ging es so.
Er verehrte den Feldherrn Napoleon.
Und widmete ihm sogar eine eigene Symphonie.
Schließlich krönte sich der Korse selbst zum Kaiser.
Beethoven begriff.
Der Mann war nur machthungrig
Er hatte ihn idealisiert.
Beethoven zog die Konsequenzen…

Ein Beispiel für viele.
Auch ein Genie kann irren.
Warum nicht auch jeder Mensch?
Die Moral von der Geschichte ist.
Niemand ist perfekt.
Nicht weil wir ihn lieben.
Nicht weil er zu blenden versteht.
Oder uns in irgendeiner Form anspricht.
Täuschung ist sicher mit unser eigener Fehler.
Was aber den anderen nicht von seiner Mitschuld los spricht.
Enttäuschungen über Enttäuschungen.
Auch mir ging es so.
Immer wieder.
Mich überkamen oft negative Gefühle deswegen.
Wieder einmal war ich auf jemanden reingefallen.
Hatte ich mich täuschen lassen.
Aber auch mich selbst getäuscht.
Über den bewussten Menschen.
Das wurde mir erst spät bewusst.
Der Mensch lotet gerne seine Grenzen aus.
Und bricht auch gerne im Garten des Nächsten ein.
Wenn man ihn lässt.

Das ist der Punkt.
Man sollte niemanden auf ein Podest stellen.
Und schon gar nicht sollte man sich zu viel erwarten.
Von irgendjemandem.
Die Wahrheit ist.
Jeder kann uns in den Rücken fallen.
Jeder kann uns sehr verletzen.
Jeder kann uns ausnutzen.
Auch wenn man ihn sehr gern hat.
Oder auch liebt.
Daher sollte man seine Erwartungen niedrig halten.
Der Mensch ist nicht böse sondern schwach.
Und man sollt es sich gut überlegen.
Wem man sein Innerstes offenbart.
Vielleicht nur ein paar richtig gute Freunde haben.
Aber die dafür wirklich.
Unverrückbar.
Freunde und nette Menschen müssen nicht perfekt sein.
Selber ist man das auch nicht.
Nicht oft zumindest.
Wir sind nur Menschen.
Geboren um Fehler zu machen.
Und manchmal ganz schön gemein zu sein.
Rücksichtslos.
Oberflächlich.
Kurz: enttäuschend.

Wer nicht…?

© Vivienne

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