Warum ich Facebook nicht mag – Viviennes Sicht der Dinge – Kritisch betrachtet

Kollege Pedro hat sehr anschaulich auf den Punkt gebracht, was Facebook ausmacht – und nicht nur ihn stört. In einer gewissen Art und Weise verliert sich dort die Anonymität, die ich so schätze. Für meine Leser bin ich vorrangig einmal die Vivienne, nur wer mich näher kennt oder Kontakt zu mir pflegt, weiß, wie ich heiße und wo ich daheim bin. Bei Facebook bist du kein Nik sondern der, der du wirklich bist – für jeden. Klar, da gäbe es manchen, der aus unlauteren Gründen ein paar Existenzen aus dem Hut zaubern würde um Leute zu betrügen und zu begaunern. Mit einer nicht vorhandenen Firma etwa. Oder auch Heiratsschwindler und ähnliches Gelicht könnten gleich über mehrere unterschiedliche Accounts ihre Opfer bezirzen. Das wird so natürlich unterbunden…

Die fehlende Anonymität sorgt aber auch dafür, dass man sich unter Umständen schnell in die Nesseln setzt. Eben weil man unüberschaubar mit dutzenden Leuten verbrüdert ist und es gar nicht weiß – oft nicht absehen kann mit wem. Bekannt wurde der Fall, dass in England sich ein junges Mädchen, eine Art Lehrling, darüber beklagte, dass der Job es überhaupt nicht interessieren würde. Am nächsten Tag wurde das Mädchen gekündigt – seine Chefs hatten auf Facebook das etwas unüberlegte Statement nachgelesen. Nun mag man dagegen halten, dass dieser Kommentar einfach dumm war und das man so etwas nicht schreibt. Mag schon sein, aber gerade darum schätze ich meine Email- und Skype-Kontakte. Denn die, und nur die, bekommen meine Gedanken und Probleme oder Freuden zu lesen. Zu jemandem, der vor ein paar Jahren eine Mail von mir an einen gemeinsamen Freund zum Kommentieren schickte, habe ich sofort den Kontakt abgebrochen – und nie mehr aufgenommen. So ein Verhalten ist schlichtweg widerwärtig.

Und sind wir uns doch einig. An einem schlechten Tag kann man schon mal über den Chef schimpfen oder den Lebenspartner verunglimpfen! Das ist doch nur menschlich – und außerdem auch nur eine Momentaufnahme! Ein halber Tag oder die berühmten 24 Stunden später können die Situation gleich wieder anders aussehen lassen. Aber auf Facebook steht alles fast wie gemeißelt und für die Ewigkeit – während einem selber mancher „Aufschrei“ längst wieder zu blöd ist. Darum hat man Freunde, echte Freunde und gute Bekannte, die selber nicht anders sind und das darum auch verstehen. Eine Mail wird gelesen, man tauscht sich aus. Über Skype redet man sich Kummer von der Seele, schreibt sich Postings oder telefoniert. Und nachher kann man alles löschen… So wie man einen Mistkübel ausleert – genau so verstehe ich das. Facebook hingegen kennt kein Erbarmen…

Als eine der Stärken von Facebook gilt, dass man leicht von früheren Freunden, Bekannten oder Arbeitskollegen ausgemacht werden kann. Auf dass man wieder fröhlich miteinander zu kommunizieren vermag. Mag sein, dass dieser Aspekt auf manche einen besonderen Reiz ausübt. Ich selber halte es da lieber mit Rilke, der da sagt: „Was abfallen muss, fällt ab.“ Auf viele Leute, die ich in den letzten zwanzig, dreißig Jahren gekannt habe, lege ich ohnedies keinen Wert. Und den anderen werde ich, sollte es so sein, auch ohne Facebook wieder über den Weg laufen. So wie einer Schulkollegin, die ich nach meiner Übersiedlung nach fast dreißig Jahren wieder traf – und stellen Sie sich vor, sie wohnt nur ein paar Minuten von meiner Wohnung entfernt und hat von Computern keine Ahnung…

Die Fotogalerien auf Facebook haben für mich etwas Stammbuchartiges. Also durchaus etwas Kindliches. Wie man beobachten kann, explodiert manches Fotoalbum auf Facebook vor lauter Aufnahmen… Ganz ehrlich, selbst wenn man verliebt ist in jemanden, kann ich mir nicht vorstellen, dass man da gerne und freiwillig womöglich ein paar hundert Aufnahmen ansehen möchte. Mir kommt das so anödend vor, denn selbst wenn ich ein Kind hätte, würde ich nicht ständig bzw. fast täglich neue Fotos vom Nachwuchs reinstellen. Ich würde mir diese wirklich für die so genannten wichtigen Leute aufheben. Außerdem würde mich stören, wenn irgendwelche Leute, die ich gar nicht kenne, pausenlos Fotos von mir ansehen. Ich hatte schon im Zuge meiner schriftstellerischen Ambitionen vereinzelt mit Leuten Probleme, die alles Mögliche in meine Gedichte und Geschichten hinein interpretierten. Die paar Fälle haben mir gereicht. Aber wie könnte das erst laufen, wenn da jemand zusätzlich auf Fotos von mir stößt? Diese runterlädt und sich in etwas verläuft? Nein, das gefällt mir nicht!

Ich kenne wie Pedro einige Leute, die Fans von Facebook sind. Appetit auf Facebook hat mir das Anschauen keinesfalls gemacht. Auch wenn es immer wieder Versuche gab, mir Facebook mehr als nur schmackhaft zu machen… Ich blieb hart und das werde ich auch bestimmt weiter bleiben. Wie ich schon anklingen ließ, hat für mich das Portal etwas Kindisches, das aber zweifellos trotzdem einige Gefahren in sich birgt. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse, wenn ich mich der Plattform gezielt fernhalte. Ganz im Gegenteil. Lieber pflege ich meinen Freundeskreis und das auf die übliche Art und Weise – so angesagt kann Facebook gar nicht sein, dass ich mich schon fast gezwungen fühlen müsste, mich dem weltweiten wie fragwürdigen Siegeslauf anzuschließen. Schließlich verweigere ich mich auch dem Schifahren oder dem Golfen konsequent und erfolgreich… Wer mag, da bin ich ganz bei Pedro, soll weiter auf und mit Facebook sein Glück finden. Aber ich kann verzichten…!

Vivienne/Gedankensplitter

Anmerkung vom 29.03.10:
Ein früherer Bekannter aus dem Web hat mir vor einigen Wochen auf vier (!) meiner Emailaccounts Einladungen geschickt, seinen Facebook-Account zu besuchen. Ich schrieb ihm zurück und verbat mir das. Leider erhalte ich seither von Facebook in regelmäßigen Abständen sogenannte „Erinnerungen“ an die Einladung dieses Bekannten. Steter Tropfen soll wohl den Stein höhlen… Was für ein krankes, penetrantes System!

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6 Gedanken zu „Warum ich Facebook nicht mag – Viviennes Sicht der Dinge – Kritisch betrachtet“

  1. Erotik? Die bedeutet doch erst Leben! Ohne eine Solche, kein neues Leben! Selbst der böseste Diktator ist das Ergebnis von Erotik und Herr Ratzinger, der in Glaubensfragen Unfehlbare, wäre heute nicht, ganz ohne jede Erotik. Er mag da heute nicht mehr daran erinnert werden, doch so ist sie, die unfehlbare Wahrheit! Auch ein Papst ist immer auch ein Ergebnis von in Erotik aufwallenden Weichteilen! Frohe Weihnachten, möglichst mit sehr viel damit zu verbindender Erotik.

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    • Auf jeden Fall, lieber Toni!
      Nur eines – es geht in dem Beitrag nicht um Erotik pro und contra sondern ganz allein um Facebook.
      Das sollte man nicht außer Auge lassen…

      lg Silvia

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  2. Bin auf der Suche nach kritischen Betrachtungen von Facebook auf diesen Eintrag von Dir gestossen und weitgehend einer Meinung.
    Was mir allerdings aufgefallen ist, war Deine Aussage, daß Du Probleme damit hast, was (manche) Leute in die Ergebnisse Deiner schriftstellerischen Ambitionen hineininterpretieren – ist das nicht eine ganz selbstverständliche Folge, da doch jeder ein Werk anders rezipiert? Wäre interessant, dieses Thema mal näher zu beleuchten.

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