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12.10.2005, © Vivienne

Alltag im Krankenhaus? 

Eine kleine Einführung: Ich hasse Krankenhäuser. Vielleicht habe ich das noch nie so deutlich zum Ausdruck gebracht, aber die sterile Atmosphäre und der Geruch nach Formalin belasten mich oft bis an die Grenze des Erträglichen – seelisch. Das geht so weit, dass ich mich gerne bei Krankenhausbesuchen gleich in der Kantine mit dem lieben Patienten verabrede. Schuld an dieser Neurose tragen viele Faktoren, am schlimmsten prägte mich wohl das langsame Siechtum einer krebskranken Kollegin vor knapp zehn Jahren. Aber mein Herz ist groß, und anstatt Krankenhäuer nun mehr zu meiden, begebe ich mich immer wieder hinein – wenn es um einen lieben Menschen geht…

Kürzlich, an einem Wochenende, befielen mich selber starke Schmerzen in der linken Wade. Ich konnte mir schon vorstellen, dass ich zu viel mit dem falschen Schuhwerk unterwegs gewesen war, befremdlich hingegen musste ich zur Kenntnis nehmen, dass der Schmerz nicht weniger wurde, wie ich das Bein auch lagerte. Hilflos stand ich der Situation gegenüber, bis ich fast in Panik den zuständigen Arzt für den Wochenenddienst anrief. Der kam auch relativ schnell, sah sich meine Beine an und war sich selber auch nicht ganz schlüssig, was zu den starken Schmerzen führte, die nur im Liegen deutlich nachließen. Um eine Thrombose auszuschließen ließ er mich vom örtlichen Rettungsdienst in das Krankenhaus mit Wochenendaufnahme überstellen.

Dazu muss ich sagen: ich hatte nur meine Hausschuhe an, eine Jacke und meine normale Kleidung. Weder Tasche noch Geld, selbst die neue e-card befand sich irgendwo nur nicht in der Jackentasche. Das sollte aber nicht das Problem sein, ich wurde an sich recht freundlich aufgenommen und stellte mich auf eine lange Wartezeit ein. Mir wurde Blut abgenommen und man bereitete mich auf eine Untersuchung vor, bei der geklärt werden sollte, ob ich eine Thrombose in der Wade haben könnte. Nach fast ewiger Zeit wurde ich zur Untersuchung ein paar Stockwerke höher gebracht, wo ein grantiger Arzt herrische Anweisungen gab und schließlich lapidar meinte: „Weit und breit keine Thrombose!“

Dann durfte ich mich wieder anziehen, wurde wieder nach unten gebracht und durfte erneut warten. Als mich eine andere Ärztin rief, hatte die Fürsorglichkeit spürbar nachgelassen und man teilte mir ein zweites Mal mit, dass ich keine Thrombose hätte und nun mehr entlassen wäre. Als ich etwas verwirrt darauf hinwies, dass ich nach wie vor starke Schmerzen im Bein hätte, wurde ich von der gestressten Ärztin mit Floskeln abgespeist. Sie drehte sich nicht einmal um, als sie mir riet, das Bein nicht zu belasten und mit einem Gel zu behandeln, das man allgemein bei Sportverletzungen und daraus resultierenden Entzündungen anwendet. Bei meiner Frage, wie ich nun nach Hause kommen würde, drehte sie sich doch wieder um.

Mit der Rettung ginge das auf keinen Fall, wies mich die Medizinerin zurecht. Und wenn die Schmerzen sich nicht bessern würden, sollte ich zu einem Orthopäden gehen. Schließlich stellte ich mich doch auf meine Füße: Wie sie sich das vorstelle? Ich in Hausschuhen, ohne Geld oder Fahrschein? Gnadenhalber wurde mir nun ein so genannter Taxischein ausgestellt, mit dem ich mich für den Preis der Rezeptgebühr heimbringen lassen konnte. Eine sehr „herzliche“ Behandlung in einem Spital im Herzen von Linz, das sich mit der  Barmherzigkeit schmückt! Hoffentlich bin ich auf diese Barmherzigkeit lange nicht angewiesen!

Wenn es Sie, liebe Leser, interessiert, was aus meinem Bein geworden ist: nach unveränderten Schmerzen griff ich Sonntagabend zur Selbsthilfe: Ich behandelte mich selber mit entzündungshemmenden Medikamenten meines Bruders, der als Sportler derartige Verletzungen fast schon gewohnt ist und in seinem Fundus hat. Ganz okay ist das Bein noch immer nicht, aber ich kann zumindest arbeiten gehen, auf eigenen Füßen. Das ist viel Wert. Meine Methode mag fragwürdig sein, ich empfehle sie auch niemandem, aber ein barmherziges Krankenhaus scheint ja nicht in der Lage zu sein, Trost und Schmerzlinderung zu spenden, wenn es darauf ankommt… Auch wenn man nicht gerade im Sterben liegt!

Vivienne

 

 

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