Meine wechselvolle Liebe zum Spinat

Spinat gehörte nicht unbedingt zum beliebtesten Gemüse in meiner Familie, obwohl es doch Popey, den Seemann, erst richtig stark macht. Obwohl wir den schweigsamen Seefahrer, der die schöne Olive Oil liebt und ständig gegen den bösen Bonzo um ihre Liebe kämpfen muss, als Kinder verehrten, keimte im wahren Leben wenig Begeisterung für die Standardspeise am Gründonnerstag in uns auf. Ganz im Gegenteil: als Kleinkind muss ich Spinat richtiggehend verabscheut haben. Unvergessen in dem Zusammenhang die Geschichten meiner Mutter: so wollte sie mich einmal mit Spinat füttern und versuchte, mich mit dem Löffel voll Grünzeug quasi zu stopfen.

Ich muss, laut ihren Angaben, einen lauten Plärrer losgelassen haben und spuckte ihr das gesunde Gemüse unverblümt ins Gesicht, um meinen Protest zu bekunden. Da auch die Erfahrungen mit meinen restlichen Geschwistern kaum anders geartet verliefen, wurde Spinat bei uns daheim kurzerhand von der Speisekarte gestrichen. Mein Vater war nie ein Gemüsetiger gewesen und meine Mutter musste einräumen, dass sie selber auch nicht gerade heiß auf Spinat gewesen war. Das war auf die harten Nachkriegsjahre zurückzuführen, in denen Spinat sehr oft auf dem Speisezettel gestanden hatte. Diese Eintönigkeit hatte meiner Mutter den Appetit auf das dunkelgrüne Gemüse für ewige Zeiten genommen.

Ich selber lebte in der Folge recht gut ohne Spinat, frei nach dem Motto: was man nicht kennt, vermisst man auch nicht. Im Grunde war ich sehr skeptisch, was Spinat betrifft, und wenn mir Bekannte oder Freude von dem herrlichen Leckerbissen Spinat mit Spiegelei vorschwärmten, lauschte ich mit großer Skepsis. Schon die Farbe allein irritierte mich nämlich, und irgendwie schien für mich Spinat die Konsistenz eines ekelhaft anmutenden Breis anzuhaften – was wusste man schon, was da wirklich drinsteckt! Spiegelei hin oder her, für mich dann lieber Spiegelei ohne Spinat! Ich ließ mir das auch nicht ausreden – öfter ist man konditioniert in solchen Belangen. Man redet sich ein, dass so etwas nur furchtbar schmecken kann, solange, bis man es fest glaubt.

Und natürlich war ich für Vernunftargumente nicht offen – warum denn auch? Nirgends stand geschrieben, dass Spinat lebensnotwendig war, eben! Ich wurde also älter, überstieg den Dreißiger um schließlich einmal bei den Schwiegereltern meiner Schwester Bea zum Essen eingeladen zu werden. Üblicherweise freue ich mich auf solche Gelegenheiten sehr, denn Beas Schwiegermama ist eine ausgezeichnete Köchin, der wohl keiner so schnell nahe kommt. Ob Hauptspeise oder Nachtisch – man kann kaum mehr aufhören zu essen!

An diesem Tag hatte Beas Schwiegermutter aber Stress gehabt und deshalb verkündete sie uns zuerst einmal, dass sie momentan nur eine Kleinigkeit vorbereitet hätte. Ich gestehe, ich horchte nur halb hin, denn ihre Kleinigkeiten kannte ich hinlänglich. Meist wurde man bekocht, als stünde man vor dem Hungertod! Umso erstaunter war ich, als mir die Hausherrin eine ordentliche Portion Spinat mit Spiegelei hinstellte. „Lass es dir schmecken, Vivi!“ Mir erstarb die Stimme, so was passiert bei mir sehr selten. Dann starrte ich auf den grünen Brei, auf dem das leckere Spiegelei thronte und schluckte. Ich kann mich noch genau erinnern, meine Schwester Bea grinste mich an und lud mich ein zu essen.

Genau weiß ich nicht mehr, wie lange ich mit dem Löffel im Spinat stocherte aber schließlich führte ich eine kleine Portion zum Mund und – starb nicht, als die Verdauungssäfte im Mund begannen, den Spinat zu verkosten. Nein, schlecht, war der Spinat auf keinen Fall, und ich habe nicht hinterfragt, ob das nur an den ausgezeichneten Kochkünsten von Beas Schwiegernmutter lag. Mir schmeckt Spinat seither einfach, ob ich ihn selber zubereite oder er mir serviert wird. Ob mit Rahm verfeinert oder auch ohne Spiegelei. Es ist seltsam, wenn eine These, die einen ein halbes Leben lang begleitet hat, sich als so völlig falsch herausstellt. Aber auch wenn ich Spinat nicht jede Woche essen muss, mittlerweile verzehre ich ihn sehr gern – als angenehme, köstlich-leichte Speise…

Warum ich Ihnen die Geschichte mit dem Spinat erzählt habe? Natürlich nicht, weil ich von Iglu gesponsert werde sondern weil für mich Spinat zu einem Synonym für viele Bereiche in meinem Leben geworden ist. Für viele Bereiche, gegen die man Vorurteile hegt und sich eine Meinung gebildet hat, ohne sie genauer oder vielleicht gar ohne sie zu kennen. Nicht alles muss deshalb gut oder fein sein, aber zumindest hat man einmal seine Fühler ordentlich ausgestreckt und Kontakt aufgenommen. Nichts geht über eigene Erfahrungen und Eindrücke!

© Vivienne

Schreibe einen Kommentar