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26.06.2005, © Vivienne

Im guten Glauben…?

Ich bin nie der große Surfer gewesen, liebe Leser, aber ich informiere mich immer wieder gern im Web über das eine oder andere Thema. Natürlich gibt es auch Seiten, auf die ich schon im Hinblick auf meine Neugierde immer wieder gerne gehe. Unlängst stieß ich auf einer derartigen Seite im Web auf einen angeblichen Artikel einer Presseagentur, der mir als ziemlich einseitig sauer aufstieß. Es ging dabei um sichere Verhütungsformen im Urlaub (Stichwort „entspannter Sex“) und mir fiel darin auf, dass alle herkömmlichen Verhütungsmethoden negativ dargestellt wurden.

Außer einer relativ neuen – dem Verhütungspflaster. Angebliche Umfragen unter Frauen wurden zitiert, die sich eine derartige Verhütungsmethode eher als die „alten“ vorstellen können. Was ich für ziemlich weit hergeholt halte. Vielleicht haben Sie, liebe Leserinnen, das Verhütungspflaster selber auch schon ausprobiert. Das Problem damit ist, dass es Frauen mit einer gewissen Hautstruktur immer wieder verlieren – es haftet nicht richtig, und häufiges Duschen oder nur das Baden in der Badewanne kann zur Folge haben, dass man es schon wieder verliert. Keine effiziente Alternative zu Pille und Kondom also, was nicht wenige Frauen betrifft.

Dieser angebliche Presseagenturartikel schien mir also ganz klar ein wenig subjektiv gehalten zu sein, weshalb ich mich dort registrierte und die gezielt provokante Frage stellte: Kriegt ihr Geld für diese Werbung? Eilfertig meldete sich ein junger Mann. Der Artikel beruhe auf Fakten, nichts werde hier beworben, klärte er mich auf. Dann zog er die Sache ins Lächerliche: „Wer hier Werbung findet…“ Darauf ließ ich es nicht beruhen. Ich machte den Burschen beredt wie kompetent als Frau auf die Einseitigkeit des Berichtes aufmerksam, schildert die Mängel, die das Verhütungspflaster für bestimmte Frauen birgt und unterstrich die Ähnlichkeit mit einer Einschaltung im letzten Sommer im Gesundheitsteil der Kronenzeitung. Man solle doch Derartiges nicht unverifiziert reinstellen!

Die Antwort des jungen Mannes fiel nun etwas zahnlos aus: er hätte den Artikel nicht geschrieben, er selber könne auch nicht testen, aber irgendjemand habe sich schon etwas dabei gedacht, als er es geschrieben hatte… Irgendjemand! Ich dachte, ich lese nicht richtig! Die Rechtfertigung dafür, dass man einen angeblich seriösen Beitrag ohne jede Prüfung reinstellt: als Mann kann ich es nicht ausprobieren, und es wird schon jemand darüber nachgedacht haben… Wohl jemand, der ein gewisses Interesse hat, dieses Verhütungspflaster unter die Leute, sprich unter die Frauen zu bekommen. Ich möchte nicht abstreiten, dass das Verhütungspflaster für alle Frauen, deren Haut es gut verträgt, eine tolle Alternative zur Pille darstellt, mal abgesehen davon, dass es nicht gerade billig ist.

Aber das Wundermittel in Sachen Verhütung ist es auch nicht, das muss hier festgehalten werden. Was mich aber noch mehr stört, weniger am Artikel als an der Reaktion des anscheinend noch sehr jungen Mannes: man trägt auch eine gewisse Verantwortung, wenn man etwas ins Web stellt, vor allem auch, wenn es etwas Fremdes, nichts selbst Geschriebenes ist, für das man mit gutem Gewissen grade stehen kann. Mal abgesehen von der Haftung auch für Fremdartikel: was tut diese Website, wenn sich nach dem Sommer ein Pärchen meldet, das mit dieser Verhütungsmethode im wahrsten Sinn des Wortes baden gegangen ist? Mit einem ungewollten Kind schwanger? Werden die Verantwortlichen dieser Site dafür willig die Patenschaft übernehmen?

Auch diese Variante ließ ich dem jungen Mann noch zukommen, reagiert hat er nicht darauf. Vielleicht bin ich auch in Sachen Manipulation sei es durch Werbung oder durch die lieben Mitmenschen ein gebranntes Kind und teilweise schon sehr kritisch und in diesem Fall kenne ich die Mängel einfach zu genau, um nicht meine Meinung kund zu tun. Aber man hat doch das Gefühl, dass es manche Leute mit einer Seite im Web etwas zu leicht machen. Vor gut fünfundzwanzig Jahren gab es in der Medienszene in Österreich noch den so genannten „verantwortlichen Redakteur“, der in medienrechtlich relevanten Fällen den Kopf hinhalten musste… Wer würde das, gesetzt den Fall, es gäbe ihn noch, in diesem Medium tun?

Vivienne 

PS: Interessenten sei gesagt: Der Wortwechsel mit dem jungen Mann kann bei Interesse eingelesen werden!

 

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