Spielen Sie Schach?
Das Spiel der Könige.
Wir alle spielen Schach.
Wir alle sind Figuren.
Auf dem Schachbrett des Lebens.
Nicht alle sind Damen.
Nein.
Die meisten sind Bauern.
Auch ich bin ein Bauer.
Der hin und her geschoben wird.
Auf dem hell-dunkel-gemusterten Brett.
Manchmal werde ich gebraucht.
Zur Ablenkung etwa.
Aber meistens werde ich geopfert.
Im höheren Interesse.
Keiner fragt, was ich brauche.
Keiner interessiert sich, was für mich wichtig wäre.
Ich werde eingesetzt.
Wie es gerade nötig ist.
Und geopfert.
Wenn man mich nicht mehr benötigt.
Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan.
Der Mohr kann gehen…
Im Leben ist es genau wie in einem Schachspiel.
Zugegeben.
Als kleiner Bauer fehlt einem oft der Überblick.
Was gut ist für die meisten.
Was gut ist für die Masse.
Nicht alle Wünsche können berücksichtigt werden.
Das ist nicht möglich.
Man denke an ein Land.
Es muss regiert werden.
Dafür gibt es Politiker.
Die Könige und Damen.
Die Türme und Springer.
Sie haben die Macht.
Sie können Dinge wirklich bewegen.
Weil sie ganz anders ziehen können…
Ein Bauer kann nur einen Schritt machen.
Und den gerade nach vor.
Das ist ein Nachteil.
Man kann sich schwer Gehör verschaffen.
Man kann untergehen.
In den Interessen einer großen Gemeinschaft.
Und niemand kümmert sich darum.
Man wird dorthin geschoben.
Und hierher.
Und wenn man geschlagen wird…
Es gibt noch andere Bauern.
Der nächste vor!
Oft wird es einem als Selbstsucht ausgelegt.
Wenn man aufmuckt.
Und auf seine Bedürfnisse hinweist.
Als Selbstsucht und Undankbarkeit.
Es wird doch so viel für uns getan!
Oder?
Doch wenn wir ehrlich sind.
Unter den Entscheidungen der so genannten Großen.
Die unsere Geschicke lenken.
Wo auch immer.
Befindet sich doch auch so manche eigennützige Aktion.
Bemäntelt als zum Wohle aller.
Verkauft als unabänderlich.
Und wirklich notwendig.
Um nicht zu sagen als rein edelmütig…
Die meisten von uns sind Bauern.
Offen gesagt.
Ich möchte auch keine Dame sein.
Und kein Springer.
Aber nicht aus Angst vor Verantwortung.
Sondern wegen der Menschenverachtung.
Die in so manchem großen Tier steckt…
Das Leben ist ein Schachbrett.
Mehr als das.
Ein Kriegsschauplatz.
Irgendwie.
Wir müssen uns im Leben behaupten.
Mit all dem, was uns gegeben ist.
Reges Treiben.
Schon wird der nächste Zug geführt.
Wir sind nicht nur Spielfiguren.
Im eigentlichen.
Wir sind auch die Spieler selbst.
Die sich vor dem Schachbrett gegenüber sitzen…
Mit Strategie und Planung.
Wir reagieren und agieren.
Verfolgen Pläne und Ziele.
Im Bewusstsein der Tatsache.
Kein Zug lässt sich wieder rückgängig machen.
Man muss damit leben.
Und sein weiteres Handeln darauf aufbauen.
Um die Partie trotzdem zu gewinnen.
Mancher Fehler lässt sich ausbessern.
Ein anderer nie…
Und die Partie geht verloren.
Auch wenn man redlich weiterkämpft.
Und doch Figur um Figur einbüsst…
Bauer um Bauer fällt…
Man weiß es.
Und klammert sich doch an jeden Strohhalm…
© Vivienne
Hallo Vivienne,
das Leben als Schachspiel. Eine ganz neue philosophische Betrachtungsweise. Hat mir gut gefallen. Bravo.
Viele Grüße
Annegret