„Ich habe einen Liebhaber“.
Ein Bestseller.
Eine Autorin bringt die Geschichten von 23 Frauen zu Papier.
23 Frauen und ihre Liebhaber.
Ausbruch aus der Ehe.
Neuer sexueller Stimulans.
Ein Liebhaber, der frischen Wind ins Leben bringt.
Jünger macht.
Und ausgeglichener.
Weil daheim die Gleise schon eingefahren sind.
Und sich nichts mehr tut mit einem behäbigen Mann.
Lieber Gott, schick mir einen!
Das Stoßgebet einer der Damen bringt es auf den Punkt.
Das Leben ist noch nicht vorbei.
Ich bin nicht das verheulte Frauchen.
Dass sich passiv betrügen lässt.
Ich bin nicht die wartende Geliebte.
Die immer nur Zweitfrau bleiben wird.
Alles schön recht und gut.
Aber muss ich dazu fremdgehen?
Mir einen Liebhaber anschaffen?
Der womöglich seinerseits gebunden ist?
Für besondere Augenblicke.
Eine besondere Beziehung.
Und ich nehme niemandem etwas weg!
Das behaupten fast alle Frauen.
Eine glatte Lüge.
Wie so viele Lügen, die den selbstbewussten Frauen von den Lippen kommen.
Da eine Fortbildung.
Die in Wirklichkeit ein Kurzurlaub mit dem Geliebten ist.
Da ein Besuch bei der Freundin.
Die die Affäre deckt.
Und mitlügt, wo es geht.
Eine Verbündete…
Lügen über Lügen.
Wie lebt man eigentlich mit diesen Lügen?
Sie werden wohl zur Selbstverständlichkeit.
Gar nicht mehr registriert.
Der Zweck heiligt die Mittel.
Im Namen der Liebe.
Für den heimlichen Geliebten.
Für die Fassade daheim.
Der Mann merkt selten etwas.
Vielleicht ist er selber auch einmal fremdgegangen.
Vielleicht.
Aber er steht vor den Trümmern seiner heilen Welt.
Wenn die Affäre auffliegt.
Das Lügengewebe zusammenbricht.
Wie ein Kartenhaus…
Das ist nie schön.
Obwohl man doch nie jemandem etwas genommen hat.
Oder?
Aber ist das wirklich so?
Die Menschen verändern sich.
Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit.
Die Gesellschaft hat sich verändert.
Toll, dass heute eine Frau sagen kann.
Ich will das und das im Bett.
Ich bestehe auf Freiräume.
Super!
Aber eine Affäre?
Einen anderen Mann?
Heimlich?
Und nebenbei?
Weil man zu feig ist für einen Schlussstrich?
Der nur fair wäre.
Und vor allem ehrlich.
Neben all den Lügen, die man sonst gebrauchen müsste…
Schon richtig.
Das besondere der Situation macht den Reiz des Liebhabers aus.
Im normalen Alltag würde er schnell aussortiert.
Und das ist der Punkt.
Diese Frauen sind nicht konsequent.
Sondern bequem.
Sie wollen alles.
Mann, Familie und Liebhaber.
Und merken nicht, dass sie dazwischen auch aufgerieben werden können.
Wie jene Dame im Buch, die Brustkrebs bekam.
Weil ihr Liebhaber mehr wollte.
Nämlich sie ganz und gar.
Und sie sich nicht entscheiden konnte…
Ich weiß noch ein anderes Beispiel.
Aus der realen Welt.
Ich kenne sie schon lange.
Ihr Mann konnte Sex nie etwas abgewinnen.
Sie holte sich woanders, das was sie brauchte.
Mit einem wunderbaren Liebhaber.
Der allerdings nicht zu ihr stand.
Als sie unerwartet schwanger wurde.
Erwarte dir nichts von mir!
Eine Katastrophe.
Ihre Ehe wäre gescheitert.
Also entschied sie sich zu einer Abtreibung.
Und wurde nicht fertig damit.
Ich habe ihre Hand gehalten, als sie von Selbstmord sprach.
Und wir haben beide geweint.
Eine moderne, selbstbewusste Frau.
Stark nach außen hin.
Aber fast zerbrochen an der Eskalation einer Situation.
Die an sich fast perfekt gewesen war.
Jede wie sie will.
Aber keine soll sagen.
Ich nehme niemandem etwas weg.
Jede sollte sich ihre Lügen bewusst machen.
Achtlos gesprochen.
Doch jede für sich ein Verrat an der Ehe.
Fassade für etwas, das man nicht aufgeben will.
Und doch jederzeit einstürzen kann.
Man kann nicht immer denselben Mann lieben.
Das ist schon klar.
Aber im Fall des Falles lieber ein glatter Schnitt.
Unsere Wege haben sich getrennt.
Und ich bin eine andere geworden…
Sage ich.
Vivienne/Lilly