von Vivienne – Februar 2005
Und wer fragt nach den Müttern?
Schisport ist aktueller denn je in diesem Tagen, und die meisten Leute saßen nicht allein bei den letzten Schiweltmeisterschaften vor den Bildschirmen. Die Welt dreht sich nicht nur um diese Bewerbe, Siegernamen sind im Grunde Schall und Rauch, dennoch bin ich auch immer wieder informiert, das lässt sich nicht vermeiden. Bisweilen gibt es auch den einen oder anderen Beitrag von mir zum Thema Sport, Beiträge, die Sie, liebe Leser, sicher schon nachgelesen haben. Aber wenn ich ehrlich bin, berühren mich die Endergebnisse im Tennis, im Wintersport oder im Fußball (meinen bevorzugten Sportthemen) auch schon lange nicht mehr wirklich, weil es sehr viel Wichtigeres für mich gibt. Zumindest in meinem Leben. Und wegen eines schlechten Matches oder eines missglückten Rennens lasse ich mir schon lange kein graues Haar mehr wachsen
Bei den Schirennen, die ich bisweilen sehe, bin ich immer recht aufmerksam, und kann dabei auf großes Wissen bis weit in die 70er Jahre zurückgreifen. Ich habe die wichtigen Siege von Franz Klammer und Annemarie Moser life miterlebt im Patschenkino halt. Tolle Momente, die auch durch die Distanz wenig verloren haben, weil der Sport damals noch echte Persönlichkeiten aufzuweisen hatte. Speziell aus Österreich. Wie in den meisten Sportarten wiegt auch im Schisport ein Männerrennen mehr als ein Damenrennen, ebenso wird auch ein Sieg der Männer, speziell in einer Abfahrt, bei den heimischen Schifans höher eingeschätzt wird. Einer der weiblichen Topstars wie Anja Pärson oder Renate Götschl wird nie so viel verdienen wie ein Bode Miller oder ein Hermann Maier.
Ein ehernes Gesetz. Und mittlerweile, wenn man sich so die angehenden Sportsstars der zweiten Generation ansieht: die Gene der Väter sind ebenfalls um einiges mehr wert. Diese kuriose Tatsache fiel mir erst kürzlich bei zwei jungen Schiläufern mit berühmten Vätern auf, die aber genau genommen noch berühmtere Mütter haben. Der eine Nachwuchsschifahrer ist der junge Felix Neureuther, Sohn des berühmten deutschen Technikers Christian Neureuther. Es war in der Tat interessant wie in den Kommentaren (Hansi Hinterseher kommentierte jenen Slalom, bei dem mir das am Krassesten auffiel!) auf das Blut und die Gene des Vaters hingewiesen wurde, und welch Riesentalent er deshalb nicht sei. Das mag wohl auch durchaus zutreffen, ob er nun den Durchbruch schafft oder nicht, aber nicht allein wegen des Erbgutes von Christian Neureuther, der als bestes Ergebnis bei Großereignissen 1978 bei der WM in Garmisch den 5. Rang im Slalom aufzeigen kann.
Der junge Felix hat nämlich eine noch viel berühmtere und erfolgreichere Mutter, Rosi Mittermayer, Doppelolympiasiegerin, Weltmeisterin und Weltcupgesamtsiegerin. Frau Neureuther, wie sie jetzt heißt, hat also genauso genommen im alpinen Wintersport alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Da frag ich mich schon, warum Hansi Hinterseher und Co immer nur vom berühmten Vater des Felix Neureuther reden, der zweifellos vieles erreicht und geleistet hat, aber doch hinter den Erfolgen seiner Frau deutlich zurücksteht? Felix ist der Sohn von beiden, hat also auch von beiden Talent und Freude am Schisport geerbt Aber in dieser männerdomierten Welt zählt vorrangig der Erfolg eines Mannes und bei den Damenrennen ist mir neulich ähnliches aufgefallen. Die Tochter von Harti Weirather, Abfahrtsweltmeister 1982 in Schladming, gab fünfzehnjährig für Liechtenstein ihr Debüt bei der Weltmeisterschaft in Bormio.
Heinz Prüller, Weltmeister im Erzählen von Nebensächlichkeiten, die keinen interessieren, schilderte beredt die Freude des stolzen Vaters, vergaß aber ganz gegen seine sonstige Gewohnheit (oder doch ganz gezielt darauf), dass Harti Weirather seine Tochter nicht klonen ließ und zweitens warum sein Töchterl für Liechtenstein fährt bzw. fahren kann. Das talentierte Mädel ist nämlich auch die Tochter von Hanni Wenzel, der Liechtensteiner Doppelolympiasiegerin, Weltmeisterin und Weltcupgesamtsiegerin, also sicher keiner Unbekannten im Schirennsport sondern ganz im Gegenteil einer der großen Rivalinnen der Annemarie Moser. Schon seltsam, nicht dass ich die Leistungen von Christian Neureuther oder Harti Weihrather schmälern will: aber erstaunlich ist es trotzdem, wie schnell bei Nachwuchstalenten die an sich sehr erfolgreichen Mütter in Vergessenheit geraten, wenn es einen prominenten Vorzeigevater gibt, auf den man zurückgreifen kann.
Im Sport wie im richtigen Leben: von Gleichberechtigung zwischen den beiden Geschlechtern sind wir weit entfernt. Männerleistungen werden nicht nur finanziell einfach mehr abgegolten und der Ruhm hält auch sehr viel länger an. Auch wenn er vielleicht gar nicht so groß war wie der einer vergleichbaren Sportlerin. Man muss es im Moment wohl so hinnehmen wie es ist, aber nicht ohne Ironie und nicht ohne den nötigen Zynismus. Speziell gegenüber den Kommentatoren, die über ein männliches Gedächtnis verfügen
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