Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  August 2004



Sprachlosigkeit

Ich weiß nicht, wann es anfing.
Wir waren doch so glücklich miteinander.
Ich liebte es mit dir fort zu gehen, wenn wir uns amüsierten und lachten und die Nacht zum Tag machten.
Ich atmete das Leben.
Wir atmeten das Leben.
Glaubte ich.
Doch irgendwann bist du stiller geworden.
Oft kamst du heim von der Arbeit, holtest dir ein Bier aus dem Kühlschrank und setztest dich einfach nur vor das Fernsehgerät.
Wenn ich dann zu dir kam, dich umarmte und küsste, warst du seltsam kühl.
Es schien dir wichtiger, dir die Sportsendung im Fernsehen anzusehen oder einen Film zu verfolgen.
Das berührte mich seltsam.
Und zuerst suchte ich die Schuld bei mir.
Glaubte es wäre mein Fehler, dass dein Liebe abgekühlt ist.
Aber war sie das wirklich?
Manchmal schien mir dann wieder, du wärest wieder ganz der „Alte“.
Deine Augen zeigten wieder dasselbe Lächeln wie damals, als wir uns kennen gelernt hatten.
Einmal sagtest du, du würdest zu deinem Chef gehen und ihn um eine Gehaltserhöhung  zu fragen.
Du seiest eine sehr gute Kraft und mehr Geld Wert.
Ich hab nur gelacht und gesagt, Geld sei nicht wichtig.
Nicht wirklich.
Du hast mich überrascht angesehen und gemeint, es ginge dir um’s Prinzip.
Das Lächeln in deinen Augen war verschwunden.
Du hast nie erwähnt, was dein Chef dann darauf gesagt hat.
Geld hat er dir aber nicht mehr gegeben.
Das hab ich gemerkt.
Doch du bist immer stiller geworden.
Ich kam nicht mehr an dich heran.
Manchmal in der Nacht bist du hoch geschreckt und hast geschrieen.
Du drehtest das Licht auf und ich fragte dich besorgt, was los sei.
Du hast gezittert und geantwortet, dass du schlecht geträumt hast.
Vor irgendwelchen Zahlen, die plötzlich um dich waren.
Ich wollte dich in den Arm nehme und trösten.
Aber du hast nur behauptet, es wäre nichts weiter.
Dabei war deine Stirn schweißnass und dein Locken ganz feucht.
Du hast dich einfach umgedreht und weiter geschlafen.
Ich hätte heulen können.
Und ich spürte einen Zaun um dein Innerstes.
Ich hab versucht an dich heran zu kommen.
Ich fing sinnlose Streitereien mit dir an, war oft heftig und gemein.
Aus Verzweiflung.
Dabei wollte ich dich nur aus der Reserve locken.
Du hast nicht gestritten mit mir.
Nein, du sagtest kein Wort.
Nie.
Du bist immer einfach fort gegangen.
Mir brach es das Herz.
Ich wusste damals nicht was es war.
Aber unsere Liebe ist daran zerbrochen.
Daran, dass du mir nichts gesagt hast vom „Kampf“ in deiner Arbeit.
Und wegen deines geldgierigen Chefs, der deine Leistung nie honoriert hat.
Warum konntest du mir das nicht anvertrauen?
Ich hätte gerne deine Bürden mit dir geteilt.
Zwei tragen leichter.
Ich wäre gern mit dir alt geworden.
Du fehlst mir so.
Warum?

Warum hast du nie mit mir gesprochen?

Vivienne

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