von Vivienne – März 2004
Ein unmoralisches Angebot…
Melanie wurde wieder wach.
Ihr Mann schnarchte leise neben ihr.
Er hatte nichts bemerkt.
Melanie wagte es nicht, das Licht anzumachen.
Sie bemühte sich ihn nicht aufzuwecken.
Langsam ging sie durch den dunklen Gang ins Bad.
Dort drehte sie erst das Licht auf
Sie stand vor dem Spiegel.
Musterte ihr Gesicht.
Ja, hübsch war sie.
Ohne Zweifel.
Attraktiv.
Ihre Figur war gut.
Dafür brachte sie auch Opfer.
Drei Mal in der Woche ins Fitnesscenter.
Kein Zucker.
Nur Süßstoff.
Der Wasserhahn lief.
Melanie wusch sich die Hände.
Und das Gesicht.
Ganz kalt.
Trotzdem war ihr heiß.
Sie dachte an ihren Chef.
Richard Kaiser.
Sein Bild tauchte vor ihrem Gesicht auf.
Groß und blond.
Blaue Augen.
Charmant und unerbittlich.
Seit drei Jahren Geschäftsführer.
Und die Frauen in der Firma beteten ihn an.
Ja, aber er war auch gut verheiratet.
War sie das nicht auch?
In der Küche surrte der Kühlschrank.
Melanie öffnete planlos die Kühlschranktür.
Hatte sie überhaupt Hunger?
Fettreduziertes Joghurt, Light-Cola, Putenschinken.
Nein.
Eigentlich hatte sie keinen Hunger.
Sie schenkte sich ein Wellness-Getränk ein.
Trank in langsamen Schlucken.
Ohne Durst zu haben.
Ging weiter ins Wohnzimmer.
Schloss die Tür hinter sich.
Begann mit der Fernbedienung zu spielen.
Zippte durch.
Sie war nicht bei der Sache.
Das Gespräch mit ihrem Chef saß in ihrem Kopf fest.
Richard Kaiser.
Vor drei Tagen.
Und wie er sie damals angesehen hatte.
Ein Blick aus stahlblauen Augen.
Mit einer eindeutigen Botschaft.
Ein plärrender Werbespot ließ sie hochschrecken.
Melanies Blick fing sich an der Uhr.
Fast drei Uhr.
Sie war überhaupt nicht müde.
Aber sie wusste genau.
Am Morgen würde sie todmüde sein.
Unausgeschlafen.
Und voller unangenehmer Empfindungen für den neuen Arbeitstag.
Wegfahren.
Auf der Stelle.
Einen Zug nehmen.
Irgendwohin.
Nicht an ihren Mann denken müssen.
Und nicht an Richard Kaiser.
Nur total unrealistisch.
Irgendwann schlief sie dann ein.
Auf dem Fernsehsessel.
Der Film lief weiter.
Es war fast halb fünf als sie wach wurde.
Draußen blitzte die Sonne durch die Vorhänge.
Ein paar Vögel zwitscherten.
Ein herrlicher Frühsommertag bahnte sich an.
Melanie seufzte.
Wenn sie nach oben ging, konnte sie noch eine gute Stunde schlafen.
Vielleicht auch mehr.
Ihr Mann schlief weiter tief und fest.
Er schnarchte noch immer leise.
Es schien als hätte er sie nicht vermisst.
Melanie sah ihn lange an.
Ob er was ahnt?
Langsam zog sie schließlich die Decke über ihre Schultern.
Sie schloss die Augen.
Wieder tauchte Richard Kaisers Gesicht auf..
Zwang nachzudenken.
Über das Gespräch vor drei Tagen
Nehmen Sie Platz.
Na, wie gehts Ihnen?
Richard Kaiser lächelte gewinnend.
Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen.
Hab ich Ihnen das schon gesagt?
Er blickte sie an.
Möchten Sie einen Kaffee?
Melanie war leicht verwirrt in ihrem Sessel.
Sie hatte alles erwartet.
Nicht das.
Richard Kaiser stand auf.
Kam zu ihr.
Setzte sich halb auf den Tisch und nahm ihre Hand.
Ganz selbstverständlich.
Schauen Sie, Melanie.
Petra geht in Karenz.
Schade, aber nicht zu ändern.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass Sie ihren Job übernehmen.
Richard Kaiser sah ihr genau in die Augen.
Aber dafür müssten wir uns wohl ein wenig näher kommen, Melanie
Näher kommen.
Mit ihm schlafen.
Warum auch nicht?
Er sah gut aus, dieser Richard Kaiser.
Jede andere würde es auch wollen
Ihm näher zu kommen.
Auch wenn es nicht um einen lukrativen Sekretärinnenposten ging.
Das sagte sie sich immer wieder.
Seit drei Tagen.
Warum nicht?
Ihre Ehe war langweilig geworden.
Ihr fehlte das Feuer.
Es war reizvoll, an eine Affäre mit Kaiser zu denken.
Zugegeben.
Und doch
Nach einem aktuellen Fall neulich bei Constanze auf Life Radio.
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