Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  März 2004



Impressionen im März…

Ich sehe aus dem Fenster.
Ein wenig Hochnebel deckt die Sonne zu.
Sie kommt nicht recht zum Strahlen.
Die Vögel lassen sich davon nicht irritieren.
Zwar sehe ich kaum einen.
Aber Gezwitscher und Getschilpe erfüllt die Luft.
Seit dem frühen Morgen.

Ob die Sonne heut noch kommt?

Als ich das Haus verlasse, ist es ruhig auf der Strasse.
Niemand begegnet mir.
Wenn ich so in die Gärten blicke, leuchten Farben über Farben.
Das leuchtende Orange und Violett der Krokusse.
Das frische Weiß der Schneeglöckchen und Frühlingsknotenblumen.
Dazwischen Grün.
Sanftes Grün.
Die Stängel und Blätter der Schneeglöckchen.
Die Spitzen der Narzissen, Hyazinthen und Tulpen.
Sie drängen schon aus der Erde.
Aber keine Bienen.
Keine Insekten.

Ich biege in die Seitenstraße ein, die zum Kraftwerk führt.
Hier sehe ich die ersten Leute.
Sechs, sieben Männer werken an der Fassade eines Hauses.
In blauer Arbeitsmontur.
Drei arbeiten auf dem Gerüst.
Ein anderer mischt Meuter in einer Maurerkelle.
Noch einer trägt einen vollen Eimer nach  hinten.
Jeder hat etwas zu tun.
In ihrer Geschäftigkeit bemerken sie mich gar nicht.
Ich gehe wortlos weiter.
Folge der Straße ins Dorf hinunter.
Am Radfahrweg keine Radfahrer.

Ein einzelnes Auto fährt gemächlich an mir vorbei.
Ja, es ist Sonntag.
Sonntag am Land.
Die Leute schlafen noch.
Oder sie sind in der Kirche.
Nach der Radfahrerunterführung steh ich auf dem Weg direkt zum Kraftwerk.
Der Himmel ist blassgrau.
Nur bisweilen ist in diese Eintönigkeit ein wenig helles Gelb gemischt.
Nackt und kahl recken die Bäume ihre Äste in den farblosen Himmel.
Die Farbe braun dominiert.
Dunkelbraune Rinden.
Mittelbraune Blätter.
Verdorrt und trocken sind sie ein Relikt das Vorjahres.
Das stört aber nicht.
Auch die länglichen Blütenstände der Haselsträucher sind hellbraun.
Alles braun in braun.
Als hätte ein unbekannter Maler auf seiner Palette nur unterschiedliche Brauntöne gemischt.
Für dieses Bild.
Aber doch nicht immer.
Wenn man genau schaut.
Auf vielen Bäumen finden sich gelbgrüne Flecken.
Fast knallig.
Unterschiedlich groß.
Unterschiedlich viele auf jedem Baum.
Es sind Flechten, die hier ein wenig die dunklen Farben auflockern.

Die Donau plätschert heute auch eher trübblau dahin.
Wind kommt auf.
Er kräuselt die Oberfläche.
Es ist frisch.
Die Stockenten auf dem Wasser stört das nicht.
Zuerst sind zwanzig am Anlegeplatz.
Doch schnell werden sie mehr.
Aus allen Richtungen drängen sie her.
Als fände hier ein wichtiges Treffen statt.
Ungestüm trippelt eine der Enten über das Wasser.
So wie es auch die Schwäne manchmal im Sommer tun.
Wenn sie übermütig werden…
Der Weg führt weiter.
Ein paar Läufer kommen mir nun entgegen.
Der eine rast wie verfolgt an  mir vorbei.
Ein anderer keucht nur mehr.
Langsam setzt er Schritt für Schritt.

Ich steh vor einer Böschung.
Auch hier dominiert blasses graubraun.
Dazwischen der eine oder andere grüne Halm.
Aber sonst so gar nicht frühlingshaft.
Kahl.
Und bedrückend.
Fast leblos.
Wie meine Seele kommt mir diese Landschaft vor.
Wie meine Seele an diesem Tag.
Aber in ein paar Wochen wuchert hier grün in grün.
Die dürren Blätter werden verwittern.
Und die Sonne wird mit Allmacht ihre Herrschaft antreten.
Der Himmel blitzt schon ein wenig durch die Wolken.
Hat ein wenig blau ins schmutzig-blaßgrau-gelb gemalt.
Und der Gesang der Vögel ist vielstimmig geworden.
Vielstimmig und vielsprachig.
Unüberhörbar aber die Spatzen.

Während ich weitergehe blitzt es gelb an der Böschung auf.
Ein Hulflattich.
Nein.
Hunderte.
Da ein gelbes Köpfchen.
Dort ein brauner, schuppiger Halm.
Auf engstem Raum schiebt sich Pflanze um Pflanze durch die lockere Erde.
Hulflattich.
Ein untrügliches Zeichen, dass der Frühling kommt.
Das weiß ich, seit ich ein Kind bin.
Das Geräusch knackender Äste lässt mich aufhorchen.
Eine Läuferin bahnt sich ihren Weg durch die kahlen Bäume.
Das Rot ihrer Windjacke wirkt wie ein Schlag.
Es sticht durch die unscheinbaren Farben der Natur.
Tut den Augen weh.
Ich wende mich ab.
Geh langsam zurück.
Bis ich wieder zur Brücke komme.

Der Verkehrslärm der Bundesstraße holt mich ein…

Vivienne

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