Columbo – Ansichtssache

Nur wenige andere TV-Produktion haben die Zuseher über solange Zeit gleichermaßen begeistert wie  der Inspektor im Regenmantel. Columbo kann man kaum gleichgültig gegenüberstehen – Columbo ist einfach Kult! Als eingefleischter Columbo-Fan bin ich davon überzeugt, dass die Zahl derer, die den Inspektor verehren weit größer ist als man vermuten würde.

1968 startete „Columbo“ mit dem Titel „Mord nach Rezept“ (Originaltitel: „Prescription: Murder“), in der Psychiater Dr. Ray Flemming, dargestellt durch Gene Barry, seine Frau ermordet und sich mit Hilfe seiner Geliebten ein fast perfektes Alibi verschafft. Der große Erfolg des ersten Auftritts des Inspektors führte dazu, dass „Columbo“ 1971 in Serie ging. „Lösegeld für einen Toten“ war der Auftakt zu 44 Folgen. 1978 wurde die Serie beendet, 10 Jahre später gab es ein Comeback für „Columbo“. Ein Ende ist nicht in Sicht, der heute 76jährige Peter Falk hat noch keine Ambitionen in den Ruhestand zu treten, wenngleich die Anzahl neuer Folgen nur mehr äußerst gering ist. Die 70te Folge wurde aber vor gar nicht so langer Zeit abgedreht.

Worin steckt das Geheimnis, das Erfolgsrezept von „Columbo“? Kein TV-Sender würde sich getrauen eine andere Serie derart häufig zu wiederholen als dies bei Columbo der Fall ist, der im deutschsprachigen Fernsehen etwa bei ORF, RTL und Premiere laufend am Programm steht. Selbst besitze ich fast alle Folgen auf DVD und habe jede einzelne wohl auch mindestens schon 10mal mit anhaltender Begeisterung angesehen.

70 Folgen in einem Zeitraum von 35 Jahren sind nicht wirklich viel, andere Serien haben in einer wesentlich kürzeren Laufzeit eine Vielzahl an Folgen produziert. Ich bin aber davon überzeugt, dass darin bereits das erste Erfolgsgeheimnis von Columbo steckt. Columbo ist einfach nicht mit inflationären Serien á la „Derrick“ zu vergleichen, Columbo-Fans mögen mir vorweg diesen seltsamen Vergleich verzeihen.

Ein stets pointiertes, großteils durchdachtes Drehbuch der einzelnen Folgen zeichnet wohl sicher für den Erfolg der Serie verantwortlich. Aber das wesentlichste an „Columbo“ ist das klare Konzept der Serie, das in all den Jahrzehnten nicht wesentlich verändert wurde. Ein Inspektor mit abgetragener Stangenware und Regenmantel, der vorwiegend in den Säulenhallen der Besserverdienenden von Los Angeles herumschnüffelt. Die Mörder stammen fast immer aus gehobenen Gesellschaftsschichten – Politiker, Prominente, Firmenbosse – wodurch die Auseinandersetzung nicht nur auf dem Level „gut gegen böse“ sondern auch „arm gegen reich“ ausgetragen wird. Das Scheitern der gehobenen Kreise, hartnäckig zelebriert durch den „kleinen Mann“ ist ein Teil des Erfolgsrezeptes. Columbo ist kein Schönling wie „Magnum“, kein Macho wie „Kojak“ und keine Vaterfigur wie Karl Malden in den „Straßen von San Francisco“. Columbo vermittelt laufend Einblicke in sein Privatleben, gibt sich leutselig und überschwenglich, das macht ihm zu einen von uns, das macht ihm sympathisch. Kaum eine andere TV-Figur arbeitet derart geschickt mit diesen Stilmitteln.

Kein Vorname, eine unsichtbare Ehefrau, ein verbeultes Auto, ein lethargischer Hund, ein Regenmantel und eine Zigarre – mehr braucht Columbo nicht um seine Fälle zu lösen. „Columbo“ ist aber auch keine Polizei-Serie – der Begriff Serie isthier ohnehin nicht im herkömmlichen Sinn anzuwenden, wie ich denke. Zahlreiche Krimiserien arbeiten in der Regel nach dem „whodunnit“ (dt. „wer hat es getan“)-Strickmuster, in dem mehrere Verdächtige angeboten werden, der Zuseher selbst mitraten darf und der Mörder erst am Ende der Episode entlarvt wird. Einen solchen Krimi möchten nur wenige in der Wiederholung sehen, da man „eh schon alles weiß“. Hier geht „Columbo“ prinzipiell andere Wege, die Zuseher kennen den Mörder von Beginn an, die Spannung liegt nur mehr darin, wie Columbo den Täter überführen wird, in den er sich ohnehin zumeist schon von Beginn weg verbeißt.

Der Charakter des zerstreut wirkenden Zigarrenrauchers bleibt rätselhaft, wie auch sein Privatleben. Weder die Mörder, noch die Zuseher werden jemals wissen, ob die Geschichten aus seinem Privatleben, die unterwürfige Höflichkeit oder die Vergesslichkeit und Umständlichkeit Teil seiner Person, oder nur Teil einer klug eingesetzten und unterschätzten Strategie sein sollen.

Columbo ist auf seine Art und Weise auch erheiternd. Jede Folge enthält gelungene Dialog-Pointen und skurrilen Humor. „Moment, da wäre noch eine Kleinigkeit…“, „Wissen Sie ich brauche das für meinen Bericht…“ sind Dialoge, die sich oftmals wieder finden. In zwei Folgen wird Columbo von der Mörderin nach seinen Vornamen gefragt. Durch die Antworten „Ja, aber den verwendet nur meine Frau“ oder „Ja, Inspektor!“ behält er gerade jenes Geheimnis für sich, das manche Fans so gerne lüften würden. So soll ein Columbo-Fan eine Szene aus der Folge „Mord unter 6 Augen“ einmal vergrössert haben, um auf Columbos Dienstausweis den Vornamen Frank zu entziffern. Dieser dürfte aber nur auf einen übereifrigen Requisiteur zurückzuführen gewesen sein, laut Auskunft der Produzenten hat Columbo keinen Vornamen. Das erinnert an die Aktion einer deutschen Zeitung, die in den 90ern ihre Leser zur Wahl einer Mrs.Columbo-Darstellerin aufrief. Peter Falks Kommentar damals dazu: „Niemals!“

Auch die Besetzungslisten sind eine Erwähnung wert. Die Mitwirkung des großen Burgschauspielers Oskar Werner als Mörder seiner Schwiegermutter in „Playback“ etwa soll Peter Falk ein besonderes Anliegen gewesen sein. Legendär auch, als Country-Legende Johnny Cash in „Schwanengesang“ einen mordenden Country-Star verkörpert. Auch die Crew vom Raumschiff Enterprise wurde vom Inspektor des Mordes überführt. Leonard „Spock“ Nimoy als Arzt in „Zwei Leben an einem Faden“ und William „Kirk“ Shatner gleich zweimal in „Mord im Bistro“ und „Todesschüsse auf dem Anrufbeantworter“. Das Morden nicht lassen konnte auch Patrik McGoohan, der in insgesamt vier Folgen von Columbo verhaftet wurde und auch in mehreren Folgen die Regie übernommen hatte. Robert Culp und Jack Cassidi wirkten in jeweils drei Folgen in der Rolle des Mörders mit. Peter Falks Gattin Shera Danese ist gleich in fünf Folgen zu sehen, wenngleich sie in keiner dieser als Mörderin agiert.

Das „Columbo“ mehr als einfach nur eine TV-Serie ist, zeigen auch die vielen von Fans erstellten privaten Webseiten, die sich mit dem Inspektor beschäftigen. Auf einer meiner Lieblingsseiten, dem Columbo Guide etwa werden nicht nur alle bisherigen Folgen genauestens beschrieben und beurteilt, auch das Privatleben von Columbo wird wie ein Puzzle aus den einzelnen Folgen rekonstruiert. Weiters stehen eine Columbo-Datenbank, ein Columbo-Forum und ein Columbo-Chat zur Verfügung.

Die Entstehung des Phänomens Columbo geht auf die Freundschaft zwischen Richard Levinson und William Link zurück, die eine Begeisterung für Zauberei und Kriminalstories verband. Die beiden Autoren schrieben Bücher für verschiedene Serien. Anfang der 60er Jahre schrieben sie ein Theaterstück, das in San Francisco Premiere feierte. Es ging dabei um einen durchtriebenen Psychiater Dr. Ray Flamming, Inspektor Columbo wurde dargestellt von Thomas Mitchell, der nach der Vorstellung für seine Rolle immer den meisten Applaus verbuchen durfte. Levinson und Link ging der Applaus nicht aus dem Kopf, welchen Columbo als eigentliche Nebenfigur, von den Theaterbesuchern bekommen hatte. So schrieben sie das Theaterstück um und boten es dem Fernsehen an. Universal war angetan und man zog eine Verfilmung des Theaterstücks in Betracht …

Pedro

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