Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  September 2004



Landtagswahlen in Vorarlberg
Die ÖVP kann noch gewinnen…

…und zwar im Ländle, wo die Uhren noch immer ein wenig anders gehen. Die letzen Wahlen in den vergangenen zwölf Monaten waren für die Volkspartei nicht unbedingt Ruhmesblätter gewesen, aber bei der letzen großen Wahl im Jahr 2004 durften die Schwarzen sich doch noch einmal zufrieden die Hände reiben. Die ÖVP in Vorarlberg, unter Landeshauptmann Herbert Sausgruber angetreten, konnte die absolute Mehrheit wieder erringen. 54,9 % (bedeuten fast 9 % plus) bei einer mageren Wahlbeteiligung von 60 % (Erstmals hatte für die Wahl keine Wahlpflicht geherrscht!) können Sausgruber durchaus zufrieden stimmen, der allerdings eingestehen musste, dass er sich im Wahlkampf durchaus vom großen Bruder in Wien abgegrenzt hatte. Gegenüber dem ORF stellte er dann aber wieder das Verbindende über das Trennende und betonte Gemeinsamkeiten mit der Bundes-ÖVP – etwa die Finanzpolitik.

Auch in Wien selber wollte man von einer Sonderstellung der Weggefährten im Westen nichts wissen sondern ließ der Freude freien Lauf. Zumindest offiziell, denn dass diese Landtagswahl im kleinsten Bundesland – traditionell eine ÖVP-Hochburg – nicht auf entscheidende Entwicklungen auf Bundesebene schließen lässt, ist wohl auch Schüssel und Co klar. Das Ergebnis sei ihnen auf jeden Fall gegönnt, es belohnt die bürgernahe Arbeit von Sausgruber ohne der Koalition notwendigerweise ein gutes Zeugnis auszustellen. Denn der Koalitionspartner in Wien, die FPÖ, ist in Vorarlberg von 27 % auf 13 % abgesackt, hat sich also mehr als nur halbiert. Der bundesweite Auflösungstrend setzt sich also fort, lediglich in Kärnten konnte „Fuchs“ Haider ja die Mehrheit halten. Dieter Egger von der Landes-FPÖ war in einer ersten Reaktion um Schadensbegrenzung bemüht, war aber am Debakel sicher auch schuldlos.

Anders hingegen die SPÖ: Unter Spitzenkandidatin Elke Sader wurde das Wahlziel mehr als erreicht. Nach 15 Jahren wieder zweitstärkste Partei und außerdem 16,8 % der Stimmen – scheint fast, als wären es Frauen, die in der SPÖ auf Landesebene Dinge bewegen  können – man denke nur an Salzburgs Gaby Burgstaller. Dass man die Absolute der ÖVP nicht verhindern konnte, mag in dem Zusammenhang sicher etwas schmerzen. Aber das Gros der FPÖ-Wähler vom letzen Mal wanderte unleugbar zu den Konservativen ab. Vom Fiasko der Blauen profitieren konnten allerdings auch die Grünen, die 10, 2 % der Stimmen eroberten und nicht nur prozentuell sondern auch reell die Wähler verdoppeln konnten. Johannes Rauch durfte sich daher nicht ohne Grund freuen.

Sausgruber hat nach der geschlagenen Wahl von Koalitionsverhandlungen gesprochen, die er im Grunde nicht nötig hätte – er hat eine satte absolute Mehrheit erobert, mit der er ohne weiteres bis zu den nächsten Wahlen regieren könnte ohne sich viel Gedanken machen zu müssen. Es ehrt den Wahlsieger, dass er trotzdem eine breite Basis für alle Entscheidungen schaffen will. Wer, ist allerdings noch offen, die Verhandlungen werden wohl in den nächsten Tagen schon beginnen. Mich würde dabei interessieren, ob Sausgruber eher zu einer großen Koalition tendiert oder doch zum bundesweiten Modell zurückgreift und mit dem einzigen Wahlverlierer koaliert. Eine grüne Variante ist zwar theoretisch denkbar, halte ich aber im erzkonservativen Ländle doch für sehr unwahrscheinlich.

Vivienne

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