Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  August 2004



Eltern werden ist nicht schwer…

In diesem Sommer habe ich so deutlich wie selten zuvor das Gefühl, dass fast jede zweite Frau schwanger ist. Wann immer mir nämlich eine Frau entgegenkommt, dann wölbt sich bei en meisten unter dem T-Shirt oder der weitern Bluse ein mehr oder weniger deutlicher Bauch. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass dem Wunsch nach Nachwuchs heuer wieder stärker Rechnung getragen wird. Warum das so ist, werden die Statistiker und Meinungsforscher in ein paar Jahren ganz genau erforscht haben, aber darauf möchte ich jetzt gar nicht eingehen. Im Grunde ist es eine schöne Sache, wenn sich wieder mehr Paare zu einer eigenen Familie bekennen, auch in Zeiten wie diesen: Immer mehr Flexibilität am Arbeitsplatz, immer weniger Geld oder eine nicht übermäßig kinderfreundliche Gesellschaft im Allgemeinen.

Sie meinen, das mit der kinderfeindlichen Gesellschaft wäre gar nicht so? Lassen Sie sich vom Gegenteil überzeugen. Vor ein paar Jahren beendete ich eine Urlaubsreise in den frühen Morgenstunden mit einem Taxi. Der Fahrer war ein munterer Redner, der viel zu erzählen hatte und sehr von sich eingenommen war. Ein Taxifahrer spiegelt für mich auch immer etwas die Leute aus seinem Umfeld wider, und schließlich spitzte ich die Ohren, als er lautstark kundtat, dass Familien mit mehr Kindern asozial wären und dem Staat auf der Tasche lägen. Diese Leute müsse man umso härter besteuern, dann wäre auch wieder Geld da im Staatshaushalt! Nicht zu fassen, aber diese Kurzsichtigkeit ist sicher kein Einzelfall, da solche Dummheit sich rasend wie ein Virus ausbreitet.

Ja, zum Eltern sein muss man sich wohl berufen fühlen. Ein bedeutsamer Einschnitt ins Leben, der alle bisher gelebte Beschaulichkeit auf den Kopf stellt. Da man als Frau nach dem einen oder anderen Kind gern wieder in das Berufsleben zurückkehren möchte, wird der Stress nie weniger. Haushalt, Beruf und natürlich die eigenen Beziehung unter einen Hut zu bringen ist Schwerstarbeit und mit der vielschichtigen Arbeit eins Managers vergleichbar. Nur sehr viel geringer bezahlt. So manche Frau hat wohl mehr als nur verärgert den Kopf geschüttelt, als Fernsehstar Uschi Glas, damals verheiratet und gut im Geschäft, immer wieder betonte, wie leicht und mühelos sie ihren Haushalt „schupfe“. Dass sie sich mit ihren Gagen sicher ohne Probleme „so nebenbei“ ein paar Haushaltshilfen und den Babysitter leisten konnte, was auf das Gros der Hausfrauen in Deutschland sicher nicht zutrifft, ließ sie dabei unerwähnt. Ein wenig hat die Realität sie jetzt doch eingeholt. Nicht nur dass die Ehe gescheitert ist – ihre Kinder machen auch keine guten Schlagzeilen…

Aber ich denke, jede Mutter ist jetzt ein wenig froh, dass bei Uschi Glas auch nicht alles wie am Schnürchen läuft. Geld allein erzieht die Kinder eben auch nicht… Ich selber wollte eigentlich nie Kinder, aus Angst vor den Wehen, die ich mir als nicht erträglich ausmalte. Aber ganz speziell auch deswegen, weil ich immer Angst vor der ungeheuren Verantwortung hatte. Und befürchtete, ich könnte dieser Aufgabe nicht gewachsen sein, mehr als dass: ich könnte vielleicht versagen. Nicht alle Zeitgenossen nehmen diese unleugbare Verantwortung so ernst wie ich. Manchmal hat man das Gefühl, der Nachwuchs entsteht eher zufällig, weil man sich keine Gedanken über Verhütung macht. Aus Jugend, aus Dummheit oder aus Laxheit. Ein Kind ist so schnell gezeugt, und hat dann laut Statistik ein Leben von fast 80 Jahren vor sich. Da sollte man doch eher annehmen, dass es sich ein jeder ein dutzend Mal überlegt, wann es an der Zeit ist, eine Familie zu gründen. Mitnichten!

Nichts im Leben ist selbstverständlich. Auch nicht, dass eine Schwangerschaft sorgfältig geplant wird. Kinder werden so ins Chaos geboren, in dem man sie immer wieder wissen lässt, dass sie nicht gewünscht waren. Oder halbe Kinder bekommen dann selber ein Kind, ungewollt und völlig verzweifelt. Wie jene 18jährige, die heute in den Schlagzeilen war, als sie nach einer verheimlichten Schwangerschaft ein Kind tot zur Welt brachte. Die Vertrauensbasis zu den Eltern muss nicht besonders gut gewesen sein. Und offenbar hatte sich auch keine andere Bezugsperson, bei der sie sich ausweinen konnte. Oder an die sie sich wenden hätte können, als die Wehen einsetzten. Eltern werden ist nicht schwer… Das gilt nicht nur für das Mädel, dass sicher noch kein Kind wollte. Nochmehr gilt es für ihre Eltern selber. In der schwierigsten Situation ihres Lebens wäre ihre Tochter womöglich lieber gestorben, als sich ihnen wegen der Folgen eines unbedachten Schrittes anzuvertrauen…

Eltern sind nicht gleich Eltern. Und nicht alle Kinder sind pflegeleicht. Es kommt darauf an, was wir daraus machen, wie wir mit der Situation umgehen. Dass so ein kleines, winziges Etwas geboren wird, ist dabei nur der erst Schritt auf einer langen Straße, die wir doch dem eigen Fleisch und Blut ebnen wollen sollten so weit als möglich. Nach bestem Wissen und Gewissen. Und mit der Verantwortung für ein Menschenleben, die wir nie wieder ablegen können.

Vivienne

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