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11.08.2005, © Vivienne

Warum das Pfuschertum in Österreich blühen muss

Als „Schattenwirtschaft“ wird das Pfuschen immer wieder bejammert, es bringe den Finanzminister und damit den Staat um viel Geld und schädige viele kleine und größere gewerbliche Betriebe im Land. Und das wollen wir doch alle nicht, oder? Warum das Pfuschertum aber immens wichtig ist für Herrn und Frau Österreicher und warum die Schattenwirtschaft auch weiterhin bei uns kein Schattendasein führen wird, ist mir heute einmal mehr bewusst geworden. Zu viele gewerbliche Betriebe lassen einem gar keine andere Wahl… 

Lassen Sie mich kurz erzählen: Meine Eltern, mehr oder wenige rüstige Pensionisten, erwarben vor etwa drei Jahren sehr günstig eine Waschmaschine bei der Firma Cosmos in der Linzer Industriezeile. Mit leichten Anfangsschwierigkeiten lief das Gerät sehr zufrieden stellend bis vor kurzem meine Mutter die Beobachtung machte, dass die Waschmaschine beim Schleudern umwuchtete. Sie kramte bei den Unterlagen die Nummer des autorisierten Kundendienstes heraus und vereinbarte, dass ein Techniker sich das Gerät einmal ansehen sollte. Das tat der Mann von dieser Linzer Firma in der Derflingerstraße dann auch, begutachtete das Gerät gestoppte fünfzehn Minuten, dann erklärte er, das Lager wäre kaputt. Er versprach sich am nächsten Tag zu melden und die Kosten für die Reparatur durchzugeben.

Zufällig nahm ich dann dieses Gespräch entgegen. Der Techniker sprach von etwa 183 Euro, die anfallen würden. Das war zuviel, wie meine Eltern schon zuvor besprochen und entschieden hatten. Ich teilte daher dem Mann mit, dass wir die Maschine, die ja an sich noch unproblematisch lief, nicht reparieren lassen sondern weiter benutzen würden und irgendwann wahrscheinlich ein neues Gerät erwerben würden. Worauf mich der Techniker etwas ungehalten darauf hinwies, dass die Firma dann die Anfahrt in Rechnung stellen müsste. Etwa 39 Euro, wie er nach dringlicher Nachfrage meinerseits schließlich doch zugab. Ziemlich erhöht, wie mir schien für fünfzehn Minuten und kurz zum Schlucken, aber was sollte ich schon machen? Eine halbe Woche später schluckte ich nicht mehr kurz, mein Blutdruck ging dafür in ungeahnte Höhen. Alles in Allem wurden von dieser Firma plötzlich fast das Doppelte, nämlich 64,50 in Rechnung gestellt.

Minuten nach Erhalt des Briefes war ich in eine heiße Debatte mit dem Firmeninhaber verwickelt. Der mich wissen ließ, wir dürften uns ruhig beschweren, es jucke ihn nicht. Die Selbstsicherheit und die Präpotenz des Mannes kommen nicht von ungefähr: wie mich ein sehr kundenorientierter Herr von der Servicestelle bei der Fa. Cosmos aufklärte, sind Firmen wie jene „Zierde ihres Gewerbes“ aus der Derflingerstraße nämlich nicht vom Handel sondern von der Industrie beauftragt, also von Unternehmen wie Bauknecht, etc. Und mit denen werden solche Pauschalen und Ähnliches ausgehandelt, was halt wie in unserem Fall alles anderes als zur Kundenzufriedenheit ausfallen kann, aber die Firma nicht wirklich berührt. Trotzdem wird sich der Herr von Cosmos bemühen, etwas in unserem Sinn zu erreichen, aber ich bin trotzdem vorsichtig skeptisch – man sollte sich nach diesen Erfahrungen nicht zu viel erwarten.

Darf man das? Falsche Preise am Telefon nennen? Auf hohe Fahrtspesen nicht im Vornhinein hinweisen? Für eine nicht erfolgte Leistung eine derartige Summe verlangen? Alles Fragen, die sich in den nächsten Tagen noch klären werden. Eines steht fest: hätten meine Eltern den Elektrotechniker in der Nachbargemeinde angerufen, wären sie sicher besser gefahren. Ein Kundenservice wie jener, der nur horrende Spesen herausschlägt, bringt nämlich nichts. Am besten ist überhaupt, man hält sich ein paar Spezln in der Nachbarschaft warm, die bei technischen Problemen aller Art einspringen können. Für ein Bier vielleicht und zehn Euro oder so. Wozu gibt es überhaupt all die günstigen Fachmärkte? Blöd wäre man, um eine nervige Werbung aus dem Fernsehen sinngemäß zu zitieren, wenn man mehr hinlegt als nötig. Und derart vor allem sich selbst und sein Geldbörsl schädigt.

Ist ja alles schön und gut, dass Pfuschen angeblich die Wirtschaft schädigt. Faktum ist, dass viele nicht so geldige Leute ohne Pfuscher völlig aufgeschmissen wären, sei es beim Häuselbauen, beim Renovieren oder  – besonders wichtig – bei der Autoreparatur. Besonders in letzterem Fall wird der Österreicher de facto sehr oft über den Tisch gezogen, wenn man den Nachforschungen der Arbeiterkammer trauen darf. Wer sein Geld liebt, und das tun ja doch nicht wenige, lässt sich jedenfalls nicht beirren. Und das ist gut so. Firmen wie die, von der heute die Rede war, verdienen zumindest längerfristig einen Denkzettel, auch wenn Gott Lob nicht alle Firmen so agieren…

Vivienne

 

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