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07.08.2005, © Vivienne
Das Organisationstalent
Das Leben ist zu kurz, um es mit nur einem Mann oder einer Frau zu verbringen! Diesen Spruch hört man nicht selten von Menschen, die im Zeitalter von Aids einen lockeren Lebenswandel und ständige wechselnde Sexualpartner vor sich und anderen rechtfertigen wollen. Wenn man sich auch fragt, was bei obiger Aussage das eine mit dem anderen zu tun hat, vertrete ich doch die Feststellung, dass jeder nach seiner Fasson selig werden soll. Wer die Abwechslung liebt, soll sie auch leben, wenn er bereit ist, die Konsequenzen dafür zu tragen
Es ist schon eine Weile her, dass ich den Hauser Martin kannte. Martin besuchte die Parallelklasse in der Schule und war bald hinlänglich bekannt als einer, den man als einen feschen Burschen bezeichnen konnte. Martin wusste genau, wie er beim anderen Geschlecht ankam und nutzte das aus, wo er nur konnte. Fixe Freundin hatte er lange keine, weil er sich nicht knebeln lassen wollte, wie er immer meinte. Nicht wenige Freunde oder Spezln von ihm beobachteten mit wachsender Eifersucht, dass Martin die holde Weiblichkeit um den Finger wickelte und er augenscheinlich auch über eine unglaubliche Potenz verfügte: kaum eine Gelegenheit ließ er ungenutzt, wie es so hieß….
Trotzdem heiratete Martin dann doch vor einigen Jahren, wie man mir berichtete, was ich nur staunend zur Kenntnis nehmen konnte. Martin hatte sich knebeln lassen? Freiwillig? Und nicht einfach nur so in einer losen Verbindung sondern vor Standesamt und Traualtar? Martin hatte in der Tat, seine Frau war hübsch und geldig, und mit diesen Attributen war es ihr gelungen, den noch viel fescheren aber nicht sehr reichen Martin an sich zu binden. Wer jetzt aber gemeint hätte, Martin würde sich die Hörner abstoßen, der irrte sich gewaltig. Natürlich war Martin nun vorsichtiger auf der Pirsch, aber ein bissl was geht immer, oder? Das traf auch auf Martin zu und wie mir einer seiner Freunde kürzlich anvertraute, war Martin ein fantastischer Manager und in der Lage, all seine Frauen unter einen Hut zu bringen, und das oft auch noch binnen weniger Stunden.
Der Freund, dessen Namen ich hier nicht nennen möchte, erzählte mir überzeugend, dass er an einem Tag oft mehrere unterschiedliche Frauen im Ehebett entdeckt hatte. Zu Mittag, als seine Frau die Kinder vom Kindergarten abholte, war es die Kellnerin aus seinem Stammlokal, die er vor deren Arbeitsbeginn beglückte. Wenn seine Frau dann kochte und sich um die Kleinen kümmerte, machte er sich mit der nächsten einen Termin aus. Fuhr dann die Frau mit dem Rad einkaufen, während die Kleinen ihren Mittagsschlaf hielten, huschte die Frau von Nachbarn ins Haus, wo sie bereits im Schlafzimmer erwartet wurde. Der Martin wusste halt, was die Frauen brauchten. Kaum hatte der Martin das Bett wieder gerichtet und sich angezogen, kam seine Frau vom Einkauf zurück und eben seine bessere Hälfte legte er dann noch des Abends flach. Als Draufgabe sozusagen.
Wie mir sein Freund versicherte, hielt Martin dieses Tempo oft mehrere Tage hintereinander durch, wobei meistens nur die Damen wechselten, aber Martin weder Ermüdungserscheinungen zeigte, noch je einmal mit Terminkollisionen zu kämpfen hatte. Mein Schulkollege, der ja auch in meinem Alter ist, muss über eine beneidenswerte Kondition verfügen und bisweilen frage ich mich schon, ob er nicht der Natur ein wenig nachhilft. Sie wissen schon, was ich meine, ich spreche, von diesen blauen Tabletten, aber sein Freund ist sich sicher: Martin hilft nicht nach, das wäre unter seiner Würde. Abwarten! denke ich mir, das Alter ist unerbittlich, und früher oder später kommt auch Martin ins Straucheln. Wenn nicht seine Frau vorher irgendwann hinter seine Mehrfachleben kommt oder einer der gehörnten Männer!
Muss man so einen Lebenswandel verurteilen? Sind wirklich alle anderen dumm, die sich bemühen, zumindest in ihren Beziehungen treu zu bleiben? Jeder wie er kann und will! meine ich dazu. Immerhin vergewaltigt Martin keine Frau gegen ihren Willen sondern ganz im Gegenteil, von der holden Weiblichkeit sind einfach sehr viele scharf auf ihn. Meines wäre es trotzdem nicht, so eine Teilzeitgrazie von Martin zu werden und mich gelegenheitshalber vögeln zu lassen, weil ich von Treue sehr viel halte und sie für mich ein wichtiger Bestandteil einer Beziehung ist. Aber Martin hat da ganz andere Vorstellungen. Finde ich trotzdem okay, und vielleicht kommt er sogar irgendwann einmal selber dahinter, dass das Leben noch anderes zu bieten hat als Sex .
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