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20.05.2005, © Vivienne

Eine denkwürdige Weihnachtsfeier

Frauen, eine schwer durchschaubare Spezies, die alle Schubladen sprengt, in die man dieses scheinbar schwache Geschlecht einordnen möchte. Und soll keiner glauben, dass Frauen nur empfindsam sind und hinter jeder Anzüglichkeit sexuelle Belästigung vermuten. Weit gefehlt! Frauen unter sich können nicht nur mitunter sehr rüde agieren und so gar nicht auf den Mund gefallen sein – sie können den Spieß durchaus auch umdrehen, und dann sollte sich die Krone der Schöpfung besser in Sicherheit bringen! Frauen sind eben anders…

Albert schüttelte den Kopf in Erinnerung versunken. „…also ins Casino geh ich sicher nicht noch einmal. Was du da zahlst für ein Glas Sekt oder einen Kaffee!!“ Meine bessere Hälfte hatte am Vortag mit ein paar Freunden einen Tripp ins Linzer Casino unternommen und hatte der Glücksspielhölle wenig abgewinnen können. Ich hörte ihm zu, mit dem Bügeleisen bewaffnet und kämpfte mich durch den Wäscheberg. Jedes Wochenende wieder. „Also damit musstest du aber rechnen!“ widersprach ich ihm. „Kann es einfach sein, dass du ein wenig auf deinem Geld sitzt?“ Albert hob die Augenbrauen. Als typischer Skorpion durfte er diese Schwäche gar nicht in Abrede stellen, trotzdem war ich jetzt auf alles gefasst.

Nie würde er zugegeben, dass er ein rechter Geizhals ist! Und ich behielt Recht. „Das hat doch nichts mit Geiz zu tun, wenn man sein Geld nicht beliebig beim Fenster rauswirft!“ Ich legte ein Hemd Alis zusammen und legte es in den Wäschekorb. Ohne ihn anzusehen griff ich nach einer Bluse von mir und begann sie zu bügeln. „Weißt du eigentlich, was mein teuerstes Glas Mineralwasser war?“ Ali verschränkte die Arme. „Ich bin höchst gespannt, Liebes. Lass hören!“ Ich drehte mich um zu ihm und konnte mein Grinsen nicht mehr unterdrücken. „Siebzig Schilling, mein Schatz!“ Albert starrte mich mit halb geöffnetem Mund an. „Das ist aber nicht dein Ernst, oder? Siebzig Schilling? Wo um alles in der Welt bis du denn da gewesen?“

Ich schmunzelte verhalten. „Du wirst es nicht glauben, Ali, ich war damals in einer GoGo Bar!“ Albert blickte mich völlig entgeistert an, dann suchte er in meinem Gesicht nach Hinweisen darauf, dass ich nur einen Scherz gemacht hatte. Ich hatte aber durchaus keinen Scherz gemacht und schließlich fragte Ali eher leise wie ziemlich unruhig. „Was um alles in der Welt machst du da in einer GoGo Bar? Und mit wem warst du überhaupt dort?“ Ich faltet die Bluse zusammen und legte sie zu Alis Hemd. „Das ist Jahre, her. Und im Grunde nicht der Rede Wert. Ich habe dir doch erzählt, dass ich nach dem Reinfall mit Hermann, wegen dem ich die Firma seinerzeit verlassen hatte, einige Zeit in der Provinz, im Mühlviertel, beruflich zu tun hatte. Du erinnerst dich?“

Albert nickte. Er wirkte gespannt auf mich und auch etwas neugierig. „Da war doch diese Frauentruppe, mit der ich dort einige Zeit gearbeitet habe. Und wir hatten damals eine Weihnachtsfeier, natürlich in der besagten Stadt. Alles zuerst sehr stimmig und brav…“ Die Bilder stiegen förmlich wieder in mir auf.  „Adventmarkt, Punschstandl, das Übliche, dann essen in der Pizzeria, und gegen 22:30 Uhr oder so, hatten wir alle gegessen. Und waren satt und müde oder voller Tatendrang. Also teilte sich unsere Damengruppe. Ein Teil fuhr nach Hause, der andere versuchte, aus der jungen Nacht noch etwas herauszuholen. Ich gehörte letzteren an, weniger aus Begeisterung, als weil ich auf die Mitfahrgelegenheit von einer Kollegin angewiesen war. Und die wollte leider noch nicht heim. Also fügte ich mich…“

Albert lachte los. „Aha, Vivi fügte sich, die brave, biedere Vivi wäre viel lieber schlafen gegangen. So kenne ich meine Vivi aber sicher nicht!“ Ich stellte das Bügeleisen energisch zur Seite. „Ob du es glaubst oder nicht, ich war wirklich müde, der Punsch, das Essen, ich war nicht so versessen darauf, das Nachtleben auf dem Land kennen zu lernen.“ Albert grinste weiter, sagte aber nichts mehr. Ich nahm den Faden wieder auf. „… zuerst waren wir etwa eine Stunde in einem Provinzbeisl. Nichts Aufregendes, und schließlich schlug eine Kollegin, Anita, vor, in die Bezirkshauptstadt in besagte GoGo Bar zu fahren. Und obwohl alle maulten, fuhren wir dann tatsächlich los. Es war irre…“ Ich sah an meinem Freund vorbei, als ich mir die Situation vergegenwärtigte: Eine Stripperin an der Stange, unerträglich laute Musik und rings herum jede Menge „hungriger“ Männer, die uns zeitweise gieriger musterten als die jungen Frau mit den langen Haaren, die schließlich ihren Stringtanga ablegte und Minuten nackt zu den wilden Rhythmen tanzte.

„..es war ekelhaft“, korrigierte ich, „…und außerdem schwafelte Anita etwas davon, dass für nächste Woche ein Paar angekündigt wäre, dass sich vor den zahlreichen vorwiegend männlichen Gästen nicht nur ausziehen sondern auch lieben würde… Naja, wenn sie meinte. Sie, Anita, war in ihrer Ehe schon lange nicht mehr glücklich, daran erinnere ich mich gut. Wer weiß ob sie nicht schon öfter Ausflüge in diese GoGo Bar gemacht hatte. Wenn ihr Mann beruflich unterwegs und die Kinder versorgt waren. Bei solchen Ausflügen ist sie dann ganz bestimmt nicht allein gewesen…“ Ich riss mich aus den Erinnerungen. „Und da habe ich auch das Glas Mineral getrunken. Etwas größer nur als ein Stamperl und eben siebzig Schilling gerade heraus.“ Ich sah Albert an.

Das Bügeleisen neben mir dampfte noch immer, ich hatte es in den letzten Minuten nicht benutzt. „Das war es, nicht mehr und nicht weniger. Gegen drei Uhr Früh konnten wir uns endlich loseisen. Ich kann mich erinnern, dass ich ganz stur als erste aus dem anrüchigen Lokal stürmte, und ein paar der Kolleginnen hängten sich gleich an – weil sie Angst hatten, wie sie ehrlich zugaben… Und ich verstand sie gut, unter lauter Männern, die ihre Triebe kaum unter Kontrolle hatten, fühlte ich mich auch nicht wohl.“ Albert schüttelte den Kopf und lachte laut los. „Du bist einverrücktes Huhn! Meine Frau ist ein verrücktes Huhn! Was hast du dir nur dabei gedacht? Aber so wie ich das sehe, wirst du heute Abend Gelegenheit haben mir deine Erfahrungen aus der GoGo Bar noch näher zu erläutern!“

Typisch Mann, das war mein Ali!

Vivienne

 

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