Ehrgeiz kann sich bei einem Mitarbeiter in einem Unternehmen auf unterschiedlichen Art und Weise äußern. Der eine büffelt und lernt um nach oben zu kommen, der andere schleimt wieder und der dritte schafft mit Vitamin B den ersehnten Karrieresprung. Es gibt aber noch eine Variante, wie man weiter kommen kann im Leben, nämlich in dem man zarte Band knüpft zu jemandem, der sich selber in einflussreicher Position befindet. Bisweilen geht so ein Plan wirklich auf und eröffnet völlig neue Perspektiven… Aber wie ich schon sagte, nur bisweilen – manchmal kann man nämlich mit solchen Avancen Gegner auf den Plan rufen, die da etwas dagegen haben…
Meine Kollegin Manuela, in deren Liebesleben die Waschmaschine bisweilen eine nicht untergeordnete Rolle spielte, wie Sie, liebe Leser, schon nachlesen konnten, war nicht besonders hell. Anders wäre ihr der Eklat um und über ihre Steißbeinprobleme sicher erspart geblieben. Andererseits wusste sie genau, dass sie nicht ihr Lebtag eine kleine Großhandelsangestellte bleiben wollte. Sie hatte andere Ambitionen, die in greifbare Nähe zu rücken schienen, als der Sohn von Walter Obermann, seines Zeichens ein wichtiger Kunde unserer Firma aus Rohrbach, das Unternehmen übernahm, nachdem sein Vater unerwartet einem Herzinfarkt erlegen war.
Ich muss gestehen, Walter hat mir einmal auch ganz gut gefallen. Er war zwar überhaupt nicht mein Typ, aber er war ein lustiger, lebensfroher Mann, durchaus nicht unattraktiv, aber bisweilen halt auch sehr derb. Irgendwann gingen mir seine Anzüglichkeiten in einer Art und Weise auf den Geist, die ich mir sonst sofort verboten hätte, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich mir damit Schwierigkeiten mit Rossecker, dem Geschäftsführer, eingehandelt hätte. Überraschend wurde ich jedoch aller Sorgen ledig, den Manuela begann sich dem jungen Mann ziemlich unverfroren an die Brust zu werfen. Schließlich kümmerte sich ausschließlich sie um die Belange der Fa. Oberhauser und nahm sich keck auch die Zeit, ungeniert mit ihm zu flirten oder mit ihm für eine Zigarette oder zwei im Pausenraum der Firma zu verschwinden…
Zuerst schüttelte ich den Kopf darüber, dann war ich sauer, wenn ich teilweise eine halbe Stunde fast allein im Büro saß und mich klonen lassen hätte müssen, um mit der Arbeit fertig zu werden. Einmal geriet ich deswegen mit Manuela in Streit. Albert, damals noch ein netter Kollege und guter Freund von mir, hatte mir geflüstert, dass Manuela mit Obermann in einem Wirtshaus in der Nähe der Firma saß und offenbar die Zeit vergessen hatte. Ich warf der faulen Kollegin daraufhin ein paar sehr unfreundliche Worte an den Kopf, als sie sich wieder ins Büro bemühte, aber die war absolut nicht einsichtig. Sie sah sich in der Siegerposition, wie die Antwort, mit der sie sich verplapperte, bewies: „Wenn ich einmal Frau Obermann bin, traust du dich nicht mehr so mit mir zu reden! Sonst sorge ich dafür, dass du gekündigt wirst!“
Angesichts dieser Dreistigkeit musste ich lachen. Meine Wut verrauchte augenblicklich. „Träum weiter!“ – Mehr als diesen Satz schenkte ich ihr nicht und kümmerte mich um das nächste Telefonat. Gerti, eine liebe Kollegin, hatte mir unlängst erst erzählt gehabt, dass Manuela angegeben hätte, sie würde „ihren Walter“ auch schon öfter daheim besuchen… Aus verlässlicher Quelle wusste Gerti aber – sie hatte Verwandte in Rohrbach – dass Walter Obermanns Mutter diese Annäherungsversuche schon lange mit Argusaugen beobachtete und „nie und nimmer zulassen wird, dass ihr Sohn eine kleine Angestellte aus Linz heiratet, die schon ein Kind hat.“ Die Obermanns pflegten also ihren Standesdünkel und Walter junior stand offenbar unter dem Schlapfen seiner Mama. Denn kurz nach Manuelas Freud’schem Versprecher kam einmal Frau Obermann selber ins Unternehmen um ein längeres Gespräch mit Rossecker zu führen.
Kurz danach holte sich Rossecker Manuela ins Büro und als sie nach einer Viertelstunde wieder herauskam, sah sie ziemlich sauer aus. Wir haben nie erfahren, was Frau Obermannn da im Detail erbeten hat, aber Manuela durfte sich in Folge um die Belange der Firma Obermann nicht mehr kümmern. Walter junior kam längere Zeit selber nicht mehr ins Unternehmen und auch private Besuche dürften Manuela anscheinend nicht mehr möglich gewesen sein. Als mir Albert schließlich in einer Rauchpause berichtete, der junge Mann hätte geheiratet, und zwar eine Firmenerbin aus dem unteren Mühlviertel, konnte ich mir ein Grinsen nicht verbeißen. Natürlich war das ein wenig boshaft, aber ich bin mir sicher: Manuela war weniger in den guten Walter als in seine Position verliebt. Ein wenig Leute kommandieren und anschaffen, daran hätte sie mit Sicherheit schnell Freude gefunden…
Nach einer wahren Begebenheit
© Vivienne