Donnerstagabend in einem Linzer Innenstadtcafé. Ich saß mit meiner Schwester Bea in trauter Eintracht beisammen und schlürfte einen Capuccino nach dem anderen. Wir waren wieder ins Reden gekommen, und die Zeit verging wie im Fluge. Schließlich machte mich Bea darauf aufmerksam, dass mich jemand auf einem Tisch schräg hinter mir schon die ganze Zeit musterte. „Du, kennst du den Kerl? Dort drüben, der mit der Pfeife!“ Ich drehte mich neugierig um. Pfeifenraucher kannte ich nicht viele und ehrlich gesagt, flößten sie mir auch immer ein gewisses Unbehagen ein. Ähnlich wie Bartträger, ich könnte nicht erklären wieso. Und tatsächlich kannte ich den Typen wirklich, auch wenn es schon ein paar Jahre her war, dass ich mit ihm zu tun hatte. Ernst Robitschko war kein Mann, den man vergessen konnte, aber nicht etwa, weil er besonders gut aussehend war…
Ich kicherte böse. „Ernst Robitschko! Bin gespannt, ob er was will, wenn er mich da so unverhohlen beobachtet…“ Bea zündete sich eine Zigarette an. „Was hat es denn mit dem Kerl auf sich?“ Ihre Stimme klang ziemlich neugierig und interessiert. „Das ist kein Guter!“ begann ich sie aufzuklären, „…einer von der ganz miesen Sorte und ziemlich rückgradlos. Ich war mit seiner damaligen Freundin, Martina Kogler, vor Jahren einmal oberflächlich befreundet und habe dabei natürlich manches mitbekommen…“ Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee und blickte mich noch einmal zu Robitschko um. Der nickte mir mit schleimigem Grinsen zu, aber ich drehte mich ungerührt wieder zu Bea um.
„…nein, der ist kein Guter!“ beeilte ich mich zu wiederholen. „Martina, diese Freundin von mir, war einmal ziemlich verliebt in ihn gewesen und hat sich von ihm ausnehmen lassen wie eine Weihnachtsgans. Auch das Handy von Robitschko lief auf ihren Namen und sie durfte jeden Monat die Gesprächskosten abstottern…!“ „So einer also!“ Bea war ganz Ohr. „Ich nehme an, das war nicht alles, was ihm das Mädel finanziert hat.“ Ich nickte. „Da nimmst du richtig an. Aber schließlich ließ er sie stehen, weil Martin glaubte, sie wäre schwanger von ihm. Doch auch nicht, ohne noch vorher ein teures Handy auf ihren Namen und für seinen Gebrauch zu kaufen, denn für Ernst Robitschko war und ist wohl auch das Neueste gerade gut genug.“ Bea schüttelt den Kopf. „Das ließ sie sich gefallen? Dumme Gans, sage ich da nur!“ Da musste ich widersprechen. „Nun, ganz so ohne Gegenwehr hat sich das Martina nicht gefallen lassen. Sie hat ihm sogar mit einem Anwalt gedroht, wenn er ihr die Kosten nicht rückerstatten würde.“
„Und?“ Bea folgte der Geschichte weiter interessiert. „Nun, Robitschko hat sie lange hingehalten, Zugeständnisse gemacht und wieder verworfen um schließlich zu behaupten, Martina würde ihm seine ganzen Sachen (Kleider, Privatgegenstände) vorenthalten und deshalb würde er nicht zahlen. Nun muss man dazu sagen, dass Robitschko Martina erstens ziemlich fluchtartig verlassen hat und sich zweitens selber immer von ihr aushalten hatte lassen. Meiner Meinung nach war es nur Recht und gut, dass Martina seine Sachen behalten hatte – schließlich waren sie auch von ihr bezahlt worden. Aber Robitschko gab nicht nach, war schließlich am neuen Handy nicht mehr erreichbar und ein Brief, den ein Rechtsanwalt an ihn schickte, kam ungeöffnet zurück: Unbekannt verzogen!“
Bea lachte amüsiert. „So ein Früchtchen! Nicht unbedingt die Creme de la creme in der hehren Männerwelt. Und du glaubst, der will etwas von dir?“ Ich zuckte die Achseln. „Könnte durchaus sein, Freunde waren wir nie und außerdem litt er immer an chronischem Geldmangel. Es sollte mich schon schwer wundern…“ Ja, hallo!“ unterbrach mich da eine dunkle Stimme, die ich unschwer als die von Robitschko identifizieren konnte. „Ich darf mich doch zu euch setzen?“ Robitschko wartete eine Antwort von mir oder Bea gar nicht erst ab, sondern platzierte sich zwischen mir und meiner Schwester, nicht ahnend, dass ich Bea schon alles über ihn erzählt hatte. „… ich darf die Damen doch einladen, oder?“ Er deutete der Servierkraft, als ich ihm ziemlich frostig ins Wort fiel. „Wir zahlen unseren Kaffee schon selber. Gib dir keine Mühe!“
Robitschko versuchte ein Lachen, das gewinnend wirken sollte. Es gelang ihm nicht wirklich. „Aber geh, Veronika, warum so verbissen? Gerade du solltest dich schon über ein wenig männliche Aufmerksamkeit freuen können…“ Ziemlich unverschämt, was Robitschko da von sich gab. Wahrscheinlich war ich noch Single gewesen, als ich den fragwürdigen Gentleman zuletzt gesehen hatte, und an das hatte er sich noch erinnern können. An meinen korrekten Namen hingegen nicht mehr… Aber ich ließ mich da ohnedies auf keine Diskussionen ein… „Komm Bea!“ Ich nickte ihr zu, und wir standen vom Tisch auf. Robitschkos Augen wurden groß wie Wagenräder. „Aber meine Damen! Wohin so eilig? Ich hätte doch so interessante Informationen für euch, wie man schnell und problemlos Geld verdient…“ Den Rest verstanden wir nicht mehr, denn wir visierten eiligen Schrittes die Servierkraft an, bei der wir die Rechnung beglichen. Robitschko war, so schien es, kein bisschen klüger geworden zu sein und bemerkte auch nicht, dass seine alten Tricks nicht mehr wirkten. Er saß nur da, in seinem schiefen Licht, und wunderte sich…
© Vivienne