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24.08.2005, © Vivienne
Namensgebung im Spiegel der Zeit
Wissen Sie, was Ihr Vorname eigentlich bedeutet? Ich selber heiße wie die meisten Leser aus meinem Steckbrief schon wissen dürften Silvia Helene. Von der Bedeutung her ganz klar: Silvia, das Waldmädchen, Helene, die Leuchtende. Vivienne, dieser Zweitname oder Künstlername von mir, der gleichsam schon zu einem zweiten Ich von mir mutiert ist, hat auch eine sehr schöne Bedeutung: die Lebendige. Früher kam es nicht selten vor, dass Vornamen ganz gezielt nach einer solchen Bedeutung vergeben wurden, als wollte man damit erreichen, dass diese auf den Träger des Namens übergeht. Wobei bei Namen wie Wolfgang und Hartmut wohl auch für weniger Eingeweihte feststeht, in welchem Kontext diese zu verstehen sind. Kollege Einstein hat sich vor längerer Zeit einmal mit Dem schönsten Vornamen auseinandergesetzt. Mir geht es heute nicht darum, in ähnlicher Weise den schönsten oder begehrtesten Vornamen der letzten Jahre herauszufiltern.
Vielmehr möchte ich an dieser Stelle hinterfragen, welchen Trends Namen unterworfen sind. Katharina oder Lukas sind ja mittlerweile wieder sehr im Trend, und vor gut zwanzig Jahren war nicht vorstellbar, dass man sein Kind Julia oder Florian nennen könnte. Dafür sind heutzutage biedere, althergebrachte Namen wie Franz, Ferdinand oder Josef oder Elisabeth nicht mehr sehr gefragt. Im Grunde bin ich aber davon überzeugt, dass auch diese Namen wiederkommen werden wie manch andere vor ein paar Jahren noch als hoffnungslos veraltet angesehene Namen auch. Anna ist ein gutes Beispiel dafür. Namen sind wie Mode oder Autoformen immer wieder Trends unterworfen. So wie unerwartet die 70er Jahre und 80er Jahre modisch wieder das Sagen hatten
Man sollte es nicht für möglich halten, wie viele Buben weltweit, auch in Deutschland, plötzlich auf den Namen Kevin getauft wurden, nur weil Kevin Kostner nach dem Welterfolg Wer mit dem Wolf tanzt einen Kassenschlager nach dem anderen drehte! Oder wie heutzutage die Justins (Timberlake), Celine (Dion) oder Williams (Windsor, Sohn von Prinzessin Diana) fast aus dem Boden zu schießen scheinen wegen eines berühmten Vorbildes. Namensgebung trieb aus diesem Grund auch immer wieder absurde Blühten: Ich kann mich noch lebhaft erinnern, wie sich ein russischer Mann in den 70er Jahren beklagte, dass er den Vornamen Schiffsschraube erhalten hatte. Soll aber keiner behaupten, dass im deutschsprachigen Raum keine absonderlichen Taufnamen gegeben wurden. Beziehungsweise: es wurde zumindest versucht. Sogar Pumuckl, der kleine, rothaarige Kobold und Liebling der Kinder, sollte als Taufpate fungieren.
Viel absonderlicher noch die Idee eines Pärchens, seine Tochter nach der Vorliebe für einen Softdrink Pepsi Cola zu nennen. Mit diesem grotesken Ansinnen scheiterten die Eltern klarerweise, aber das entschärfte Pepsi-Carola ging schließlich doch durch. Armes Kind kann man da nur den Kopf schütteln. Aber wie ich weiter oben schon anklingen ließ: Namen sind also genauso Modeerscheinungen wie Kleidung oder Schuhe auch. Und nicht wenige aus der Generation der 60 70jährigen darf so einen Trend als schlimmen Makel am eigenen Leib tragen: Adolf oder Adolfine sind keine Namen, auf die man heute noch stolz ist, zumindest nicht offiziell. Und doch ist diese Namenshäufung, die unzweifelhaft ihre Wurzeln im unseligen dritten Reich hat, noch vergleichsweise harmlos. Vergleichsweise harmlos bei einem Blick auf jene bedauernswerten Frauen, die seinerzeit auf den Namen Hitlerine getauft worden waren, weil ihre Eltern derart die Begeisterung für den Führer und das Regime ausdrücken wollten.
Was im ersten Moment vielleicht noch einen Lacher entlockt, ist genau genommen für die Betroffenen eine lebenslange Katastrophe, für die man zwar nichts kann, ein Fehler der Eltern, für den man aber trotzdem büßen muss. – Aber zurück zu den Namen an sich. Ich selber habe zwar (noch) keine Kinder, aber wie ich meine Kinder genannt hätte, wenn es dazu gekommen wäre, weiß ich trotzdem. Philip oder Daniel meinen Sohn, Melanie oder Andrea meine Tochter, ganz ohne Einflussnahme von Trends. Man wird sehen, ob es noch dazu kommt, dass ich diese Namen vergebe oder doch wieder ganz andere. Sind wir doch ehrlich kommt es überhaupt auf den Namen an? Wenn man sein Kind lieb hat, spielt der Name doch gar keine Rolle oder?
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