bohnenzeitung.com

 Home Kolumnen Kritisch betrachtet

19.09.2005, © Vivienne

Die Wahlen in der Steiermark

Um 16:00 Uhr schlossen heute die letzten Wahllokale in der Steiermark, aber schon vorher zeichnete sich in den ersten Wahltrends ab, dass nach Salzburg nun auch eine weitere schwarze Hochburg, die Steiermark, eine politische Kehrtwende wünscht. Das hochinteressante Wahlergebnis sieht einen klaren Sieger: die SPÖ unter Franz Voves, der vor einigen Monaten – man erinnere sich an meinen Beitrag über die „linke“ ÖVP-Kampagne (Am Beispiel Steiermark) – noch schweren Geschützen ausgesetzt war.  Nun mehr kann sich Voves zufrieden zurücklehnen und auf die Schulter klopfen: mit fast 42 % fahren er und seine Partei einen eindeutigen Triumph ein, das schöne Ergebnis darf er getrost als Auftrag für die Bildung einer neuen „Landesmannschaft“ annehmen.

Das erste Mal seit 1953 ist die „grüne“ Steiermark also rot, sprich, die Sozialdemokraten bilden die stimmenstärkste Partei. Eine klare Ohrfeige für Waltraud Klasnic und ihre ÖVP, die bei der letzten Wahl noch um beinahe 9 % mehr Stimmen gewinnen konnte. Gute 38 % heute können in dem Zusammenhang nicht zufrieden stellend sein und dieser Dämpfer hatte auch zur Folge, dass sich Klasnic und ihre Funktionäre Zeit ließen, zum Ergebnis Stellung zu beziehen. Erst kürzlich kündigte Klasnic an, einer neuen Regierung nicht angehören zu wollen. Was mich persönlich im Zusammenhang mit der Wahl noch brennend interessiert: Kanzler Schüssel hat ja – die Niederlage in der grünen Mark zeichnete sich schon durch Umfrageergebnisse ab – mit seiner Anti-Türkei-Position in der EU indirekt versucht, in der Steiermark die Trendwende noch zu vermeiden oder abzuschwächen. Selbst in Brüssel ging man schon davon aus, dass Schüssel nach der steirischen Wahl seine Meinung wieder ändern oder zurückziehen würde. Wie lange wird es wohl wirklich dauern, bis Schüssel in Sachen EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei einlenkt und wieder konform mit den anderen Mitgliedsstaaten agiert?

Lassen wir uns überraschen! Aber wenden wir uns noch den anderen Parteien und ihren Ergebnissen zu. Mit dem sensationellen Ergebnis der Kommunisten  (6,4 %) unter Ernst Kaltenegger wird der Linksruck in der Steiermark komplettiert. Erstmals ziehen die Kommunisten in den Landtag ein, und das gleich als drittstärkste Fraktion. Ein persönlicher Erfolg für Kaltenegger und seinen Einsatz. Die Grünen verlieren minimal, bleiben unter 5 %, dürften aber mit einem Grundmandat drei Sitze erreichen. Erwähnenswert noch die Schlacht am Rande zwischen Blau und Orange. Die FPÖ selber erringt wie die Grünen etwa 4,6 % der Stimmen, dürfte aber laut Experten ohne Grundmandat bleiben. Das bedeutet einen herben Stimmenverlust von etwa 8 % gegenüber der letzten Wahl. Als inferior erwies sich die vermeintliche Modefarbe Orange. 1,7 % – das sind noch weniger als die Liste Hirschman, die zuerst die ÖVP schädigte und dann sich selbst abschoss.

Ein Denkzettel also für die ÖVP, aber nicht nur für Waltraud Klasnic sondern im Besonderen auch für die Bundes-ÖVP. Den Anspruch auf die Landesregierung wird man den Sozialdemokraten nicht weg diskutieren können, und politische Konsequenzen wie auch mögliche personelle Änderungen werden in den nächsten Tagen besprochen und diskutiert werden. Fest steht jedoch bereits, dass wie erwähnt  die Tage von Waltraud Klasnic gezählt sind, sie scheidet als persönliche Konsequenz aus dem Desaster aus der Landesregierung aus. Meine Gratulation an Franz Voves, dem nach den ganzen Anfeindungen und der abgefeimten schwarzen Kampagne vor ein paar Monaten meine Sympathien gehören. Etwas rätselhaft für mich die Stimmenflut für die Kommunisten, aber einen bundesweiten Trend würde ich daraus (noch) nicht unbedingt ablesen. Grün stagniert zuletzt, nicht nur in Deutschland sondern auch bei uns und Haider hat sehr konsequent und wie erwartet die FPÖ und sich selbst zugrunde gerichtet. Damit musste man realistischerweise durchaus rechnen…

Vivienne

 

 

 Redakteure stellen sich vor: Vivienne       
 Alle Beiträge von Vivienne

Schreibe einen Kommentar