bohnenzeitung.com

 Home Kolumnen Die bunte Welt von Vivienne

22.05.2005, © Vivienne

Den Glauben an die Liebe verloren…
Teil 1

Für Romana

Freitagnachmittag. Ich war auf dem Weg zu Isolde, einer früheren Kollegin. Jene Isolde, die vor über einem Jahr – als gelernte Haarstylistin – den Salon ihrer Tante übernommen hatte, nach dem diese durch einen Schlaganfall eine Behinderung davongetragen hatte, die ihr ihren früheren Job unmöglich machte. Isolde hatte sich ohne große Überlegungen in dieses Wagnis der Selbständigkeit gestürzt: von der Berufung her war sie ohnedies immer ein Künstlerin gewesen, aber wir hatten sie ungern ziehen lassen. In der Firma war sie uns allen ans Herz gewachsen, aber wir konnten nachvollziehen, dass sie lieber einem Beruf nachging, der ihrer schöpferischen Kreativität entgegenkam…

Ich war also auf dem Weg zu ihr und mein Ali erledigte diesmal die Einkäufe für das Wochenende ohne mich. Denn ich wollte mir von Isolde Ideen für ein Haarstyling holen – nur mehr drei Wochen bis zu unserer Hochzeit! Kaum zu fassen welchen Aufwand so eine kleine standesamtliche Trauung im engsten Kreis macht. Und Isolde würde mir mein Haar stylen – wer hatte mehr Gefühl für das was mir steht als unsere „Kummernummer“, wie wir sie oft liebevoll in der Firma genannt hatten, weil sie uns bei allen Problemen und Fragen beziehungstechnischer Natur mit guten Ratschlägen zur Seite gestanden war. Und ich war froh, dass sie sich an einem Freitagnachmittag Zeit für mich nehmen konnte.

Ich läutete an der Tür und ging in den ersten Stock, wo der Salon eingerichtet war. Eine Mitarbeiterin steckte einer Enddreißigerin gerade das blonde Haar auf als mich Isolde auch schon herzlich empfing. Wir gingen in ihr Büro und dort zeigte mir Isolde ein paar Kataloge mit Vorschlägen für meinen kurzen dunkelroten Schopf. Ich begann zu blättern und Isolde plauderte beiläufig mit mir während sie mir eine Tasse Kaffee zubereitete. Unvermittelt hielt ich inne. „Was macht die Liebe, Isolde?“ Isolde schwieg. Von ihrem langjährigen Partner Günter hatte sie vor einiger Zeit schon getrennt, weil er sie betrogen hatte und irgendwie nicht in der Lage gewesen war, für klare Verhältnisse zu sorgen zwischen ihm und den beiden betroffenen Frauen.

„Es hat wehgetan!“ schien Isolde meine Gedanken lesen zu können. „Ein Mann, der keinen klaren Schlussstrich zwischen einem Seitensprung und mir, seiner Lebensgefährtin, ziehen kann, taugt letztlich nichts. So eine Wunde bricht immer wieder auf, weil der Argwohn bleibt. Auch wenn er gar nicht mehr fremdgeht. Er hat mich in der akuten Phase seiner Liebschaft so oft belogen, dass unser Verhältnis nie wieder ins Lot kommen konnte. Denn er würde in einer ähnlichen Situation wieder lügen…“ Die Traurigkeit stand in Isoldes dunklen Augen geschrieben. „Aber es ist vorbei. Ich bin ihn los, aber ich kann einfach nicht mehr lieben, weißt du… Ich amüsiere mich gern am Wochenende…“ Ihre gerade noch so traurigen Augen blitzten unternehmungslustig auf… „…ich lebe für die Samstagnacht, da vergesse ich alles und lass es mir gut gehen…“

Isolde setze sich zu mir und stellte mit den Kaffee hin. „Ja, ich flirte sogar, manchmal mehr als mir gut tut…“ Die gut aussehende Frau erzählte schmunzelnd eine Episode, in der sie drei Verehrer in derselben Disco unter einen Hut bringen hatte müssen. Ich lachte laut. „Und da war der Richtige nicht dabei?“ Isolde schwieg. „Ich sagte dir, ich kann nicht mehr. Wie soll ich noch vertrauen? Günter war nicht der einzige Fehlgriff in meinem Leben.“ Ich nahm sanft Isoldes Hand. „…so darfst du das nicht sehen, immer war es ja nicht falsch, mit ihm zusammen zu leben. Ganz im Gegenteil, ihr habt eine sehr schöne Zeit miteinander verbracht. Ist es falsch zu lieben, nur weil es einmal auseinander gehen kann?“

Isolde starrte gedankenverloren an mir vorbei. „Es geht einfach nicht, ich kann nicht lieben, obwohl ich immer wieder sehe, ich gefalle den Männern. Gerade auch den jungen Burschen, mit meinem Schmäh und meinem Charme. Aber das ist nur Fassade, Vivi. Ich bin nicht mit dem Herzen dabei.“ Sie sah mich durchdringend an. „…du bist doch astrologisch so versiert, welch ein Mann würde zu mir passen?“ Ich rief mir Isoldes Horoskop in Erinnerung und überlegte. Zwilling und Löwe waren bei Isolde gut aufgehoben, ganz sicher auch eine Jungfrau oder ein Skorpion, aber konnte man überhaupt so klare Regeln festlegen? Wenn es passt, dann passt es, es hatte auch bei Ali und mir nicht den Ausschlag gegeben, dass ich Jungfrau und er Skorpion war. Die tiefen Gefühle füreinander hatten uns zusammengebracht.

Isolde lächelte bei meinen Worten. „Weißt du, da ist mir ja neulich was passiert. Ich war wieder unterwegs mit einer Freundin und mir fiel damals ein gut aussehender Mann auf, glutäugig mit starker Ausstrahlung… Er tat eigentlich den ganzen Abend nicht so wirklich interessiert und während ich an ein paar Typen so gaudihalber meine Visitenkarten verteilte, weil sie mich wieder anrufen wollten, ging er leer aus. Aber ich dachte mir wenig dabei. Und ein paar Tage später läutete das Telefon in der Arbeit. Ich hob ab und nannte meinen Namen. Meldete sich jemand. Da ist Achim. Spreche ich mit der Isolde aus dem Stylingsalon, die letzten Samstag in der Nachtschicht war?“ Isolde lächelte verschmitzt. „Momentan dachte ich, mich trifft der Schlag. Ich hatte überhaupt keine Ahnung mit wem ich spreche, bis er sich detaillierter in Erinnerung rief. Dann war ich baff.“

Ein zauberhaftes Lächeln zog sich über ihr Gesicht. „Ob du es glaubst oder nicht, es war der glutäugige Kerl, der an dem Abend gar nicht so interessiert gewirkt hatte. Aber es hatte nur den Anschein. Er hatte sich meinen Namen gemerkt, und dass ich diesen Salon habe und in welcher Straße der Salon ist. Er muss Stunden gebraucht haben mich zu finden, und ich wollte gar nicht wissen, wie viele Frauen mit meinem Vornamen er angerufen hatte, bis er doch noch auf mich stieß… Von den anderen Burschen hat mich übrigens keiner angerufen! Ist das nicht witzig, Vivi?“ Ich vergegenwärtigte mir die Situation. Dieser Achim war sicher nicht auf einen harmlosen Flirt aus, was Isolde betraf. Und ich fragte mich, was nach diesem Anruf passiert war.

Teil zwei.

Vivienne

 

 Redakteure stellen sich vor: Vivienne       
 Alle Beiträge von Vivienne

Schreibe einen Kommentar