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27.11.2005, © Vivienne
Im Fadenkreuz der Frau Oberlehrer
Unser Leben ist im Wesentlichen ein Lernprozess. Wir treffen andere Menschen, an denen wir reifen und durch die wir uns weiterentwickeln können. Oft sind es ein paar Momente bei der ersten Begegnung, die ausmachen, ob uns Freundschaft oder weniger Positives mit einer Person verbindet. Und vielleicht sind es gar nicht immer die Allerschlimmsten, durch die wir Übles durchmachen müssen, Übles, das uns zu Gegnern, oder bisweilen sogar zu Feinden macht. Die Umstände bestimmen, wie das Pendel ausschlägt, aber wenn es einmal ausgeschlagen hat, sind die Folgen oft irreversibel. Es führt selten ein Weg zurück zu einem Neuanfang unter besseren Voraussetzungen
Albert hat mir diese Geschichte vor längerer Zeit einmal erzählt, er und seine Schwester waren kleine Kinder gewesen, als sie sich zugetragen hatte und seine Eltern ehrbare Leute, die sich nie etwas zuschulden kommen hatten lassen standen damals im Mittelpunkt einer handfesten Intrige, ohne sich dessen damals auch nur ansatzweise bewusst gewesen zu sein. Wo fängt man so eine Geschichte an, um die Übersicht zu behalten und den Leser nicht zu verwirren? Am Anfang war eine kleine Firma, die Alberts Vater übernehmen hatte wollen. Ein kleiner Handwerksbetrieb, der nach der Pensionierung des bisherigen Eigentümers von diesem zum Verkauf angeboten worden war. Nie hätte Alberts Vater, der mit dem kleinen Unternehmen vorerst nichts Großartiges geplant hatte, geahnt, dass es Interessen gab, den Verkauf zu verhindern.
Ein wohl geschlagener Bürger, Schachl mit Namen, hatte aber tatsächlich vor, Alberts Vater von seinen Bemühungen abzuhalten. In der Nachbargemeinde lief sein eigener Elektro-Betrieb und er fürchtete die Konkurrenz, die ihm Alberts Vater gemacht hätte. Zunächst bemühte er sich selber um die Firma, bot mit, aber Alberts Vater ließ sich nicht entmutigen. Er hatte einiges Geld auf der Seite und außerdem hatte er zum Vorbesitzer die besseren Beziehungen. Als Schachl merkte, dass ihm all sein Geld nicht helfen würde, seine Pläne zu realisieren, ließ er sich eine perfide Lüge einfallen, um Alberts Vater in Misskredit zu bringen. Schachls Freundin, eine Kellnerin, war ihm dabei eine große Hilfe, diese Verleumdung in Umlauf zu bringen. Bis sie schließlich auch der Frau Oberlehrer, Kerstin Gründlinger, zu Ohren kam.
Kerstin Gründlinger musste eine ungewöhnliche Person gewesen sein, was Albert mir so berichten konnte. Nicht weniger als fünf Jahre hatte sie in einem afrikanischen Dorf Entwicklungshilfe geleistet und auch nach der Rückkehr nutzte sie sich ihre Beziehungen aus um jedes Jahr wieder zu verschiedenen Anlässen Geld zu sammeln, mit denen sie die Leute in diesem Dorf am schwarzen Kontinent weiter unterstützen konnte. Frau Gründlinger war eine charismatische Frau, die wusste wie man mit Leuten umgeht und von hehren Zielen überzeugen kann. Allerdings war sie mit den Jahren, in denen sie mangels privater Ziele mehr und mehr in ihrer Aufgabe aufging, auch eine etwas selbstgerechte und selbstherrliche Person geworden, die sich das Recht einräumte, Menschen teilweise auch nach sehr oberflächlichen oder unverifizierten Kriterien zu beurteilen.
An diese Person sie unterrichtete Albert einmal für kurze Zeit geriet nun das üble Gerücht, Alberts Vater wäre ein Trinker und gewalttätiger Mensch, der seine Familie prügeln würde und Alberts Mutter wäre eine Schlampe, die sich nicht um die Kinder kümmern würde. Im Grunde sollten diese Behauptungen nur Alberts Vater beim Kampf um den Elektrobetrieb aus dem Rennen werfen, um dafür Schachl zum Zug kommen zu lassen. Defacto waren aber die Auswirkungen auf Albert und seine Schwester sehr viel ärger. Sie wurden von Frau Gründlinger und dem Herrn Direktor ständig ausgefragt und sogar oberflächlich auf Schläge hin untersucht. Die Gründlinger, selber kinderlos, hatte vor, Alberts Eltern die Kinder wegnehmen zu lassen und sie selbst wollte die Obhut und Fürsorge über die beiden Kinder erlangen.
Zwei Fliegen mit einer Klappe und eines morgens am Wochenende überfiel die Gründlinger mit einer Freundin vom Jugendamt Alberts Familie um eine Handhabe zu finden, den Eltern die Kinder möglichst gleich wegnehmen zu können. Ein Schuss ins Knie um es vorweg zu nehmen. Die beiden ach so wohl gesonnenen Frauen hielten sich länger als eine Stunde in der damaligen Wohnung der Familie auf ohne auch nur eine Kleinigkeit zur Beanstandung zu finden. Alberst Eltern ließen die Sache allerdings nicht darauf beruhen, die beiden voreiligen Damen wurden angezeigt und auch wenn nie etwas dabei herauskam: Das sorgfältig gehegte Bild der ehrbaren Frau Oberlehrer geriet in der Folge gehörig ins Wanken.
Sie entschuldigte sich im Übrigen nie für ihre Überbegriffe, sie dachte, sie müsse nur einige Zeit vergehen lassen, bis die Sache vergessen werden würde. Aber Alberts Eltern, denen schnell bewusst geworden war, was ihnen Frau Gründlinger allen Ernstes antun hatte wollen, gaben Frau Gründlinger keine Chance mehr. Und als Albert später Frau Gründlinger als Klassenvorstand bekommen sollte, wurde er im Gymnasium untergebracht. Die Zeit heilt vielleicht viele Wunden, aber für Alberts Eltern bestand keine Basis mehr zur Frau Gründlinger, die nie weder ein Fehlverhalten noch Voreiligkeit eingestehen hatte wollen. Und vor allem auch nicht die Eigennützigkeit dieser Aktion Frau Gründlinger mag eine engagierte Frau gewesen sein mit einem großen Herz, aber für Alberts Eltern war und blieb sie eine Frau, der man absolut nicht trauen konnte
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