Das Luder – Die bunte Welt von Vivienne

Manche Menschen ändern sich nie. Wenn sie mit einer Masche Erfolg hatten, dann ziehen sie ihr Ding immer wieder durch. Oft sogar sehr erfolgreich. Auf diesen Pfaden wandelte auch Michaela Kranewetter. Sie war ein Luder, wie mir Ali, mein Mann, glaubhaft versichert. „Weißt du, Vivi, das war sie schon als Schülerin im Gymnasium gewesen. Sie besuchte die Parallelklasse meiner Schwester, darum habe ich sie ein paar Mal gesehen. Und sie hatte es drauf, schon damals, vor über zwanzig Jahren, als die Zeiten noch vergleichsweise prüde waren.“ Ali schmunzelte. „Sie lief im frühen Madonna-Look herum und zog die Blicke aller Burschen auf sich.“ „Gefiel sie dir auch?“ fragte ich mit einem leisen Lächeln. Mein Mann erwiderte meinen Blick offen. „Schau, Vivi, du weißt, ich hatte schon meine wilden Zeiten… Aber bei Michaela erkannte ich damals schon, dass sie nichts taugte. Sie war keine, die die Liebe suchte: sie suchte jemanden zum Ausnutzen, zum Aussaugen. Geld – und dann wegwerfen wie ein paar abgelatschte Schuhe…“

Ich zündete mir eine Zigarette an. „Was ist denn damals passiert, Ali?“ Albert legte das alte Schülerjahrbuch weg, das uns beim Aufräumen in einer Schublade aufgefallen war. Dort hatte sich auch ein Foto dieser Michi befunden. So waren wir dazu gekommen in Erinnerungen aus der Schulzeit zu schwelgen. Ali griff den Faden wieder auf: „Ein junger Bursch aus reichem Haus, Jochen Kraus, hatte sich in das Mädel verliebt. Wie viele andere aus der Schule, das muss ich wohl nicht dazu sagen… Nun, er war ein wenig ahnungslos und schüchtern. Und er hatte Michi auf ein Podest gestellt. Sie war für ihn ein unschuldiger Engel, zart und lieblich, und kein berechnendes Miststück.“ Ali seufzte. „Schon ein wenig kurios, sie hatte schon mit einigen Burschen geschlafen bevor ihr Blick auf den unbedarften Jochen gefallen war. Und die Tatsache, dass er ihr im Gegensatz zu den meisten anderen etwas bieten konnte, machte ihn interessant für sie – nichs anderes. Jochen war wirklich ein Pechvogel, er hatte sich in Michi verrannt und damit wurde seine erste große Liebe ein übler Reinfall. Er hat sich lange nicht davon erholt.“

Ich ließ mir Alis Geschichte durch den Kopf gehen. So was kommt öfter vor. Ein etwas unerfahrener Bursch verfällt einem Biest – so könnte man es auf den Nenner bringen. Albert wartete geduldig bis ich ihm signalisierte, dass er fortsetzen konnte. „Ein paar Wochen ist Jochen quasi aufgeblüht als Freund des begehrten Mädels.“ Ali griff nach der Kaffeetasse. „Seine Eltern waren nicht glücklich mit seiner Wahl, das sickerte bald durch. Aber vorläufig ließen sie ihren Sohn gewähren… Verstehe ich auch, in dem Alter hat keine Beziehung Bestand. Dem Vernehmen nach ließ Michi ihren Freund selten an sich heran, der junge Mann musste um Sex betteln und bekam ihn oft nur dann, wenn es tolle Geschenke gab.“ Ich starrte Ali mit offenen Augen an. „Das ist aber wirklich berechnend. So ein Miststück. Der arme Junge!“ Albert zuckte die Achseln. „ Ja und nein, eines weiß ich nämlich sicher noch. Er hat ja auch ganz unverhohlen auf das Geld seiner Eltern gesetzt um seine Liebste zu erobern. Da hält sich mein Mitleid in Grenzen.- Ist noch Kaffee da?“

Ein paar Minuten später schenkte ich Albert noch eine Tasse ein. Er rührte um und fuhr fort. „Nach etwa zwei Monaten signalisierten Jochens Eltern, dass sie das Ende der Beziehung wünschten. Jochen war am Boden zerstört, er hatte es sehr genossen, seinen Engel überall herzuzeigen.“ „War sie eigentlich treu?“ wollte ich von Ali wissen. Mein Mann hob die Hände. „Keine Ahnung, erwischen lassen hat sie sich sicher nicht. So dumm war sie nicht. Aber wenn ich ehrlich bin…“ Albert grinste etwas boshaft. „Ich kann es mir nicht vorstellen. Absolut nicht.“ Ich dämpfte meine Zigarette aus. „Und dann? Hat Michi das Ende dieser Beziehung akzeptiert?“ Ali zupfte an einer seiner graumelierten Locken. „Nein, hat sie nicht. Und plötzlich hieß es, Michi wäre schwanger von Jochen…“ Erstaunt hatte ich Alis Worte registriert. „Schwanger? Von einem Burschen, der sie kaum besteigen durfte? Das klingt sehr unwahrscheinlich, wenn du mich fragst. Wie haben Jochens Eltern reagiert?

„Mit Entrüstung!“ antwortete mein Mann. „Mit großer Entrüstung. Sie kamen sogar an die Schule und Jochen gebärdete sich mit seinen 17 Jahren wie ein Verrückter. Er wolle Michi heiraten, um jeden Preis, und er wollte das gemeinsame Kind und ihm ein guter Vater sein.“ Ich musste lächeln. „Und Michi?“ „Die verhandelte hinter dem Rücken ihres Freundes mit seinen Eltern. Für eine nette Summe hätte sie Jochen für immer verlassen – mit dem Kind.“ „Arg!“ entschlüpfte es mir. „Das ist mir eine. Käuflich – das glaube ich, dass Jochen enttäuscht war. Sie hat ihn verraten!“ Albert schüttelte den Kopf. „Nein, Vivi, die Geschichte ist noch weit schlimmer als du ahnst. Michi machte ein paar Tage später mit einem weit älteren neuen Verehrer eine Spritztour im Wagen von dessen Vater. Traurig war sie bestimmt nicht über das Ende ihrer Beziehung zu Jochen, da kannst du sicher sein. Aber zurück zu dieser Spritztour: der junge Mann hatte einen Unfall, er verlor alkoholisiert die Kontrolle über das Auto.“

„Und?“ Ich konnte meine Neugier kaum verhehlen. „Beide hatten sich nicht angegurtet. Der junge Galan kam glimpflich davon, aber Michi hatte eine Gehirnerschütterung und musste ins Spital. Sie wurde dort durchgescheckt und stell dir vor, Vivi: sie war gar nicht schwanger gewesen. Nie. Jochen brach die Wahrheit das Herz. Er wechselte an ein nobles Internat, wo ihn seine Eltern vor erneuten Avancen berechnender Mädchen sicher wussten. Michi hat keinen Groschen von dem Geld gesehen, dass ihr Jochens Eltern zugesagt hatten. Warum auch? Es gab ja kein Baby… Michi hat gebitzelt und sich dem nächsten Burschen zugewandt. Und wahrscheinlich hat sie ihr ganzes weiteres Leben nach Männern gesucht, die ihr etwas bieten konnten. Die Schule hat sie jedenfalls nie fertig gemacht, sie verschwand etwa ein Jahr später mit einem Typen und wurde hier nicht mehr gesehen…“

Vivienne

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