Der letzte Winter

Nun, die Geschichte ereignete sich im Winter, ich bin also etwas spät dran damit, aber vielleicht bringt sie ja dafür etwas Abkühlung in unsere schwitzenden, womöglich erhitzten Gemüter!

Wie wahrscheinlich jeder bestätigen kann, auch wenn es regional Unterschiede geben kann, war der letzte Winter besonders streng, sprich lang, kalt und schneereich. Alleine in meinem großen Garten ist so manche Pflanze eingegangen, die bis jetzt noch jedem Winter getrotzt hatte.

2 x hintereinander hatte es bei uns sehr stark geschneit. Mein älterer Sohn, der so gerne Schnee schaufelt, hat sich alleine bei der ganzen Arbeit – wir haben eine sehr große Zufahrt – nicht mal mehr rausgesehen, weil es über Nacht so etwa 40 cm Neuschnee gegeben hatte. Außerdem räumen wir gewöhnlich auch die Terrasse, den Weg ums Haus und die 2 Wege zur Gartenhütte, die Terrasse der Gartenhütte, und einen etwa 50 – 100 cm breiten Weg auf der Straße neben unserem Grund, was eigentlich für Anrainer verpflichtend ist, auch wenn es kaum gemacht wird. In dieser Extremsituation konnten wir ohnehin nicht alles auf einmal schaffen und nahmen uns die Freiheit, Unwichtigeres zu vernachlässigen. Dazu mussten wir die empfindlichsten Sträucher abklopfen, damit sie nicht unter der Schneelast brechen. Das erledigte ich auch bei meiner Nachbarin, weil sie in ihrem Zweitwohnsitz war, und da dort schon länger nicht geräumt worden war, stapfte ich bis weit über die Knie im Schnee.

Zu den schlimmsten Gebieten, wo die Dächer abgeräumt werden mussten oder einstürzten, zählten wir Gott sei Dank nicht. Und gleich vorweg, auch bei der Schneeschmelze, gab es kein extremes Hochwasser bei uns. Aber trotzdem sollte uns eine persönliche kleinere Katastrophe nicht erspart bleiben. Mein Sohn und ich taten also den ganzen Tag wenig anderes als Schneeschaufeln, zumal es auch kaum aufhören wollte zu schneien. Erst als mein Mann – selbst von Berufs wegen in einer anderen Gemeinde unterwegs im Winterdienst – witterungsbedingt sehr spät von der Arbeit nach Hause fuhr, traf ihn fast der Schlag, als er unser Grundstück passierte:

Offenbar hatte der Schneepflug – ein neuer Fahrer war kürzlich bei unserer Gemeinde in Dienst getreten – den ganzen Schnee aus der Seitenstraße uns gegenüber gerade über die Hauptstraße drüber und mitten auf unsere fast 3 Meter hohe Ahorn-Hecke geschoben hatte! Die Hecke lag dadurch auf einer Strecke von etwa 8 Metern fast bis ganz waagrecht am Boden, bis zu 2 Meter hoch mit schweren gepressten Schneemassen bedeckt! Jeder, der selbst einen Garten hat und weiß, wie lange und intensiv man seine Pflanzen hegen und pflegen muss, bis sie eine so stattliche Höhe erreichen, kann nachvollziehen, wie man sich hier fühlt: Sein jahrelang hochgepäppeltes Werk zerstört, von einem, dem die Schneebeseitigung über fremdes Eigentum geht – oder der gar blind durch die Straßen fährt?

So rief mein Mann sofort den Gemeindesekretär privat an und beschwerte sich darüber. Dieser meinte mal gleich, er wisse gar nicht, ob es wirklich die Gemeinde war, da man sie ja nicht auf frischer Tat ‚erwischt’ hatte, aber er versprach sich darum zu kümmern. Doch was erwartete uns am nächsten Morgen? Neben den 8 Metern liegender Hecke war ein neuer Streifen mit 4 Metern der Hecke mit Schneemassen umgedrückt worden, also lagen jetzt insgesamt 12 Meter sprich 36 Sträucher flach am Boden, mit Tonnen von Schnee bedeckt! Wir hätten vor Wut fast zerplatzen können! Und wozu der Anruf, und das Versprechen, man werde sich darum kümmern, wenn dann der Schaden noch vergrößert wird?

Schließlich rief ich auf dem Gemeindeamt an. Dort wusste man gar nichts, der Gemeindesekretär wäre ja gar nicht im Haus, sondern im Krankenstand! Ich bat darum, die Sträucher ausgraben zu lassen, um noch zu retten, was zu retten ist. Da nichts geschah, rief mein Mann am Nachmittag noch einmal an. Und schließlich wurde uns bestätigt, dass wie vermutet der neue Bauhofarbeiter, den Schaden angerichtet hatte. In der Dunkelheit hatte er angeblich die Hecke nicht gesehen! Er fährt ja nur 4 x am Tag vorbei, seine berufsbedingten Fahrten im Gemeindegebiet noch nicht gerechnet, und abgesehen von der Straßenbeleuchtung dort, und der Beleuchtung, die der Schneepflug haben muss…

Ausgraben würde man die Sträucher sicher nicht, denn kaputt ist kaputt, wie es hieß, da wird nichts mehr anders. Wir sollten uns im Frühling melden, dann wird das Ganze schon wieder in Ordnung gebracht werden! Ignoranz, die ich nicht zum ersten Mal dort erleben durfte. Schließlich redete mein Mann noch mit dem Bürgermeister, der ihm versprach, sich im Frühling verlässlich und selbständig darum zu kümmern. Das waren ja schöne Aussichten! Meinem Mann ließ die Sache doch keine Ruhe, zumal es auch nicht tauen wollte und immer wieder nachschneite. Trotz Kreuzschmerzen grub er über 2 Stunden lang, bis die Hecke wieder halbwegs frei war. Während dieser Zeit fuhr zufällig der Bürgermeister mit dem Arbeiter, der das angerichtet hatte, im Auto vorbei, blieb aber nicht einmal stehen, um sich die Sache anzusehen, vielleicht zu entschuldigen.

Schließlich stellten sich aber die meisten Sträucher, weil sie zum Glück so elastisch sind, nach dem Ausgraben wieder auf. Dafür hätte ich sicher nicht garantiert, wenn die Tonnen Schnee erst nach etlichen Wochen geschmolzen wären. Meine sofortige Vermutung, dass die betroffenen Sträucher sowieso austreiben, weil sie ja im Saft stehen und das im Frühling noch nichts sagt, hat sich bestätigt. Mittlerweile könnte man durch den dichten starken Wuchs kaum mehr die Stelle ausmachen, wo sich das Unglück zugetragen hatte. Aber gemeldet hat sich auch keiner mehr vom Gemeindeamt, um mal nachzufragen, wie es den Sträuchern geht. Darauf hätte ich auch vorher schon gewettet. Einzig nach etlichen Wochen, nachdem ich den betreffenden Gemeindearbeiter fast täglich im Kindergarten traf, erwischte er mich einmal alleine und entschuldigte sich wenigstens, mit den Worten, es wäre noch kein Meister vom Himmel gefallen!

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist bei dieser Geschichte richtig kalt geworden!

© Sarkastika

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