Die Ballade von der fetten Sau

In einem Land vor langer Zeit lebten einmal einige Tiere in einem hübschen kleinen Dorf zusammen. Das Dorf war sehr idyllisch gelegen. Selbst Hunde und Katzen waren hier in Eintracht vereint und Vögel und Mäuse flatterten oder liefen vor den Katzen nicht davon. Am Rande dieses Dorfes hatte sich eine Sau in ihrem schmucken Haus angesiedelt. Die Sau war ziemlich beleibt und lebte allein. Reich war sie nicht, aber sie war mit komfortablem Wohlstand gesegnet. Sehr gesellig gab sich die Sau auch nicht, Erfahrungen hatten das rosige Borstenvieh gezeichnet, bevor es zu dieser Kommune der Tiere gestoßen war. Die anderen Tiere achteten die Sau, denn sie war klug und weise, aber Freunde hatte sie wenige. Aber die genügten ihr, denn sie suchte nicht die große Gesellschaft sondern saß lieber über Büchern und philosophierte mit ihren Seelenverwandten…

So lebten die Tiere vor sich hin, keine Aufregung schien das Zusammensein zu trüben als die grüne Kröte von ihrem Mann, dem Frosch, verlassen wurde. Die Kröte haderte bald mit ihrem Dasein, hatte sie doch ein paar junge Kröten zu versorgen und das Haus, in dem sie mit ihren Kindern lebte, war klein und baufällig. Oft pfiff der Wind durch Ritzen in der Wand und wenn es regnete, musste Frau Kröte mit den Kleinen vor den Löchern im Dach flüchten, durch die dicke Tropfen Einlass begehrten. Die Kröte war eine Frau, die sich schnell selber Leid tat, und sie versuchte auch nicht, an ihren tristen Lebensumständen etwas zu ändern. So klagte sie oft darüber, dass sie kein Geld hätte, um die Kinder zu ernähren. Auf der anderen Seite kaufte sie sich aber manchmal teure Kleider oder Schuhe, die sie nur selten tragen konnte, die aber ein großes Loch in ihren Geldvorrat rissen.

Wie vielen Menschen auch fehlte der Kröte die Einsicht, dass sie selber nicht unschuldig daran war, dass ihre Familie in sehr bescheidenen Verhältnissen leben musste. Stattdessen ließ sie sich gehen und als sie einmal einem Schaf ihr Leid klagte, kam gerade das fette Schwein des Weges. Es war gut gekleidet und trug fast neue, glänzende Schuhe. Das Schwein grüßte die beiden und setzte seinen Spaziergang fort. Der Kröte fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie das Borstenvieh sah. Sie starrte ihm nur mehr mit offenem Mund nach und wurde vor Neid noch viel grüner. Schließlich schüttelte sie den Kopf und ließ das Schaf stehen. Das beleibte Schwein ging der Kröte nicht mehr aus dem Kopf. „Warum nur ist diese fette Sau so reich?“ grübelte sie Tag und Nacht. „Warum geht es uns so schlecht? Ich habe so viele Mäuler zu stopfen und das Haus müsste dringend repariert werden. Aber das Schwein lebt ganz allein in einem wunderbaren Heim und muss sich keine Gedanken um die Zukunft machen! Das ist furchtbar ungerecht!“

Manchmal schlich die Kröte am Abend aus den eigenen vier Wänden und begab sich an den Rand des Dorfes, wo das Schwein daheim war. Neidvoll betrachtete sie dessen Haus und weinte manchmal dabei. Ach hätte sie nur an der der Stelle der fetten Sau hier wohnen können! Hier wo alles sauber war und so komfortabel! Die Kröte konnte vor Missgunst nicht mehr schlafen, sie träumte nur mehr mit offenen Augen davon, dass sie mit ihren Kindern ins Haus der fetten Sau einziehen könnte. Schließlich fasste die Kröte einen bösen Plan. Sie traf sich mit ihren Freunden, den Schafen und Gänsen, und begann ihnen einzureden, wie unfair es doch wäre, dass diese Sau so gemütlich und ohne Sorgen leben konnte. Sie schwang regelrechte Hasstiraden und erfand schlimme Geschichten, das Schwein hätte sein Geld unlauter erworben und es würde eigentlich ihnen allen zustehen und nicht dieser fetten Sau.

Die Schafe und Gänse glaubten jedes Wort, dass ihnen die Kröte erzählte. Sie reagierten aufgebracht und waren ganz der Meinung, man müsste der Sau das Geld und das Haus wegnehmen. Schließlich ahnten sie nicht, dass die Kröte mit ihrem hetzerischen Gerede nur an sich und ihre Kinder dachte und sie nach der Vertreibung des Schweins dessen Eigentum übernehmen wollte. Weil es ihr zustand, wie sie meinte, denn ihre Familie lebte weiter recht jammervoll in den Tag und die Kröte wusste auch nicht, wie sie mit den Kindern den kommenden Winter überstehen sollte… Eines Morgens überfielen ein paar Gänse und Schafe unter der Führung der Kröte das schlafende Schwein und verprügelten es. Die Tiere hätten noch weiß Gott was mit der armen Sau angestellt, wenn nicht die Hundepolizei zufällig des Weges gekommen wäre und die Übeltäter in Gewahrsam genommen hätte. Das Schwein blutete aus einer Wunde und wusste sich vor Schreck und Angst zunächst nicht zu beruhigen.

Die Hundepolizei sperrte die Tiere für ein paar Tage ein und die Gänse und Schafe begriffen schließlich sehr schnell, dass die Kröte da einen sehr eigennützigen Plan mit ihnen verfolgt hatte. Die Kröte hingegen blieb uneinsichtig und stur und schimpfte weiter über die fette Sau, auch wenn ihr kaum jemand mehr zuhörte. Dass die anderen Tiere sie nach dem Überfall so offensichtlich mieden, ärgerte sie noch mehr. Warum hatte sie auch so viel Pech haben müssen! tat sie sich weiter Leid ohne einmal nachzudenken, was sie selber falsch gemacht hatte. Das fette Schwein hingegen erholte sich nur langsam von den Blessuren an Körper und Seele. Es wurde noch stiller und mied die anderen Tiere im Dorf wegen seines großen Misstrauens… Es traute einfach niemandem mehr und seine Freude am Leben war ihm so abhanden gekommen.

Vivienne

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