Die blau-rote Koalition – Ansichtssache

Für manche war es vielleicht ein innenpolitisches Erdbeben als sich die SPÖ-Kärnten mit der FPÖ innerhalb von nur einer Woche auf eine Landeskoalition geeinigt hatte. Andererseits hatte auch die Bundes-SPÖ im Wahlkampf immer wieder darauf hingewiesen, dass die stimmenstärkste Partei den Landeshauptmann stellen sollte – wohlweislich nicht unter der Annahme, dass die FPÖ-Kärnten dem bundesweiten Niedergang der FPÖ trotzen könnte und stimmenstärkste Partei bleibt.

Es handelt sich um den ersten Pakt zwischen SPÖ und FPÖ, seit Franz Vranitzky 1986, nachdem Jörg Haider Bundesparteiobmann der FPÖ wurde, die noch von Bruno Kreisky eingefähdelte rot-blaue Koalition aufkündigte. Die Zeit, in der die stimmenstärksten Partei regelmässig versprach, nie mit der Haider-FPÖ zu koalieren, stimmt auch mit jener Zeit überein in der die FPÖ einen wahren Siegeszug bei den Wahlken antreten konnte. Der oftmals auch als „Ausgrenzungspolitik“ titulierte Kurs der SPÖ brachte der FPÖ bis 1999 einen Stimmenanteil von über 27% und bundespolitisch den Rang der zweitstärksten politischen Kraft ein.

Ich bekenne mich dazu nie ein Anhänger der FPÖ gewesen zu sein. Dennoch habe ich mir oftmals die Frage gestellt, ob es von der SPÖ strategisch klug war, die von Vranitzky gestarte Koalitionsverweigerung mit der FPÖ beharrlich fortzuführen. Die ÖVP hat sich auch in Zeiten der großen Koalition nie diesbezüglich festgelegt und bekanntlich im Februar 2000 als drittstärkste Partei in einer Koalitionsregierung mit der Haider-FPÖ den Kanzler gestellt.

Alles weitere geht unter dem Begriff „Wende“ in die Geschichte ein. Die aus dem Knittelfelder Parteitag herausgehenden Neuwahlen haben gezeigt, dass einzig und allein Wolfgang Schüssel’s Strategie den unaufhaltsamen Aufstieg der FPÖ nicht nur bremsen, sondern aus der einst zweitstärksten Kraft wieder eine Kleinpartei machen konnte. So ungern es SP-Granden hören werden: Vranitzky hat Haider groß gemacht, Hubertus Czernin hat dieses Thema auch bereits 1997 in dem Buch „Der Haider-Macher“ behandelt.

Kommen wir aber zurück zur Kärntner Landespolitik. Die Kärntner SPÖ, der die Rückeroberung des ersten Platzes im südlichsten Bundesland nicht geglückt war schloss einen Koalitionspakt mit der FPÖ – ein Regierungsübereinkommen, das über eine Mehrheit von über 80% der Wählerstimmen verfügt.

Ich verstehe den süffisanten Aufschrei aus der Innenpolitik vollkommen, ist diese Konstellation doch konträr zu einer seit 18 Jahren gelebten Politik der beiden Parteien zueinander. Dennoch halte ich den Pakt nicht für grundsätzlich falsch. Wichtig wäre nun lediglich gewesen, dass sich auch die Bundes-SPÖ zu einer klaren Linie in der Koalitionsfrage hinreißen lässt. Es ist wohl kaum verständlich, dass man zwar Haider persönlich unterstützt, aber eine Bundeskoalition ausschließt, weil in dieser Partei Haider „einfaches Parteimitglied“ ist. Leider ist diese Klarstellung nicht zu erwarten.  Gusenbauers Titulierung von Kärnten als „Sonderfall“ zeigt nur einmal wieder die Führungsschwäche des SP-Parteichefs. Auch die Zurückweisung von Josef Cap auf Kritik aus dem Ausland wirkt sonderbar im Zusammenhang mit den Geschehnissen nach der Angelobung der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000. Aber auch die Zwischenrufe des mit absoluter Mehrheit ausgestatteten Wiener Bürgermeister Häupl sind entbehrlich.

Ich weiß wirklich nicht ob eine rot-blaue Koalition auf Bundesebene wünschenswert wäre. Lediglich denke ich, dass die Ausgrenzungspolitik der SPÖ der einstmals stärksten Kraft im Lande strategisch nur geschadet hat. Es ist schlicht gesprochen eine Frage von Alternativen, welche man sich stets offen lassen sollte. Kette ich mich an nur einen Partner und dieser bleibt mir nicht treu – wozu im politischen Umfeld auch keine Veranlassung besteht – stehe ich auf verlorenen Boden. Die ÖVP hat mit allen Parteien schon bundes- bzw. landespolitisch koaliert – was auch im demokratischen Raum nichts verwerfliches sein soll und darf.

Pedro

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