Bargeldlos zu bezahlen wird von den Leuten bei uns immer mehr angenommen. Wie unkompliziert ist es doch, einfach mit Karte und Code alle offenen Verbindlichkeiten in einem Geschäft zu begleichen! Ich gebe zu, dass ich dieses Prozedere selber schon seit vielen Jahren praktiziere, weil ich es, nachdem ich in einer früheren Firma bestohlen worden bin, am liebsten so halte. Nur kein Bargeld in der Tasche! Allerdings verfügen manche unserer Zeitgenossen über das verzichtbare Talent, selbst eine simple, bargeldlose Bezahlung unnötig zu verkomplizieren – aus verbissener Sturheit oder Rechthaberei müssen sie auch daraus fast eine Staatsaffäre machen! Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht?
So geschehen in einem großen Linzer Bekleidungsgeschäft im Herzen von Linz, in diesem verregneten Frühsommer. Im dritten Stock haben sich ein paar Damen an der Kasse eingefunden, um ausgewählte Wäschestücke zu bezahlen. Eine blonde Frau, etwa Anfang fünfzig, drängt sich mit ihrem Dessous vor. Die Dame an der Kasse scannt den reduzierten Preis ein, worauf die Blonde betont: „Ich zahle per Bankomat!“ Die Verkäuferin nickt und weist auf den Piepston hin. „Bitte erst dann die Karte einstecken und Code eingeben.“ Die Kundin scheint allerdings etwas überfordert mit den vorgegeben Schritten. Schroff fordert sie schließlich: „Das funktioniert nicht. Helfen Sie mir!“ Die Verkäuferin dreht die Bankomatkasse halb zu sich und versucht der Frau die notwendigen Schritte zu erklären.
Plötzlich schreit die Kundin. „Sie haben ja mit „Quick“ für mich bezahlt! Das wollte ich nicht. Dann trete ich natürlich vom Verkauf zurück!“ Ein einfaches Missverständnis oder ein Hörfehler? Keine der anwesenden Kundinnen könnte das mit Sicherheit sagen, aber die blonde Dame poltert weiter. „Los, überweisen Sie mir das Geld wieder retour auf die Karte, auf die Quickfunktion! Ich bestehe darauf!“ Es ist unmöglich, diese Frau zu beruhigen, obwohl im Grunde überhaupt nichts passiert ist. Das versucht ihr nicht nur die betroffene Verkäuferin ganz ruhig zu erklären, auch ihre Vorgesetzte, die von der Mitarbeiterin schließlich zu Rate gezogen wird, stößt ins selbe Horn. „Der Betrag kann leider nicht auf Ihre Quickfunktion zurück überwiesen werden, das ist nicht machbar. Wenn Sie aber darauf besehen, wird der Einkauf selbstverständlich storniert und Sie bekommen Ihr Geld zurück – aber nur bar!“
Die blonde Kundin presst die Lippen aufeinander. „Ich brauche kein Bargeld! Es geht mir nur um die Quickfunktion, die ich jetzt wieder aufladen muss. Bargeld habe ich genug in der Tasche!“ Die vorgesetzte Verkäuferin kann ein missbilligendes Kopfschütteln nicht zurückhalten. „Aber Sie können ja die Quickfunktion jetzt gleich wieder aufladen – Quick oder Bankomat, das bleibt sich doch völlig gleich! Sie verlieren ja das Geld deswegen nicht!“ Erbost greift die Kundin nach dem Sackerl mit dem gekauften Dessous. „Ich habe aber keine Zeit, die Quickfunktion aufzuladen, weil ich jetzt zum Auto gehen muss.“ Dreht sich um und verlässt wortlos den Kassenbereich Richtung Rolltreppe.
Einige Kunden mussten in der Zwischenzeit wegen der aufgebrachten Dame an der Kassa warten, die einen Furz zur Staatsaffäre aufgeblasen hat, und wurden unfreiwillig Zeugen ihres Auftritts, der an Lächerlichkeit und Borniertheit kaum zu überbieten war. Selbst wenn die Gründe dieser Frau, ausgerechnet mit Bankomat bezahlen zu wollen, natürlich grundsätzlich in ihrem Ermessen liegen, sollte sie, die mit der Bedienung der Bankomatkasse sichtlich überfordert war, in erster Linie froh sein, dass ihr jemand unter die Arme gegriffen hat. Auch wenn es dabei vermutlich zu einem Missverständnis zwischen den beiden Frauen kam – wegen nicht einmal 6 € sollte man nicht zur Furie werden. Einmal abgesehen davon, dass sich die Blondine dabei vorrangig selber der Lächerlichkeit preisgegeben hat und eine Sturheit an den Tag legte, die der Situation absolut nicht angemessen war…
Das täglich Brot einer Verkäuferin ist sicher oft nicht einfach…
© Vivienne