Leise Melancholie.
Die Natur stirbt in den schönsten Farben.
Und Georg und ich sitzen da im Gastgarten des Cafés.
Saugen die Sonnestrahlen auf.
Wer weiß, wie lange die Sonne noch so hell vom Himmel lacht.
Der Himmel noch so blau leuchtet.
Und die Wälder bunt den Alltag färben.
Bald wird diese Welt im Nebel verschwinden.
Bald.
Ich fürchte diese Zeit.
Sie ist fast wie der Tod.
Ich möchte nicht daran denken.
Aber ich kann den Gedanken nicht beiseite schieben.
Die Nebelzeit ist die schlimmste Zeit des Jahres.
Die allerschlimmste…
Georg blinzelt in die Sonne.
Ich liebe es, wenn er lacht.
Er sieht gut aus.
Viel besser als nach seiner Rückkehr zu mir.
Leben ist in seinen Augen.
Und er ist viel ausgeglichener.
Vielleicht tu ich ihm wirklich was Gutes.
Vielleicht habe ich tatsächlich sein Leben verändern können.
Zum Besseren.
Ihm Halt gegen können.
Der Gedanke hat etwas Schönes.
Aber plötzlich fröstelt mich.
Letztes Jahr floh er vor mir, als die Nebel kamen.
Er war einfach weg.
Ich weiß.
Es ist viel Zeit seither vergangen.
Aber die Angst brennt plötzlich in mir.
Bis mich Georgs Stimme umfängt.
Fast beiläufig.
Er beginnt zu erzählen.
Ein Kollege von ihm.
Er hatte sich verliebt.
Die Frau hatte schon einiges erlebt.
Der Mann war ein Schläger gewesen.
Hatte sie mit ihrer halbwüchsigen Tochter im Stich gelassen.
Sie sah aus, als ob sie eine ehrliche Haut wäre.
Und viel mitgemacht hätte.
Der Kollege war sehr großzügig.
Half ihr immer wieder.
Besorgte ihr sogar einen Job.
Und nahm die Tochter unter seine Fittiche.
Die hatte die Schule abgebrochen.
Irrte etwas ziellos durch das Leben…
Dem er Richtung zu geben versuchte.
Der Kollege half ihr sogar aus.
Als die Kleine in finanzielle Schwierigkeiten kam.
Versandhauseinkäufe.
Und irgendwie hoffte er.
Er könnte durch die Tochter an die Mutter herankommen.
So indirekt.
Georg war es aufgefallen.
Bewusst war es dem Kollegen aber nicht wirklich gewesen.
Das war offensichtlich.
Aber er bot sich immer wieder an.
Wenn Not am Mann war.
Er liebte die Frau wirklich.
Aber die blieb leicht zurückhaltend.
Wenn es um Gefühle ging.
Oder um Sex.
Aber sie wusste immer, wen sie anrufen musste.
Wenn die Alarmsirenen surrten…
Ich höre aufmerksam zu.
Ich kann mir denken, was ihm passiert ist.
Georgs Kollegen…
Es gibt viele solche gutmütige Kerle.
Und die Schlampen, die sie ausnutzen…
Man kann sie kaum abzählen.
Seltsam, dass so manche Frau einen anständigen Mann nicht zu schätzen weiß…
Georg erzählt weiter.
Mit scheinbar monotoner Stimme.
Aber ich bemerke das Gefühl das darin steckt.
Ganz leise.
Einen Moment denke ich fast, dass er von sich erzählt.
Aber Georg lacht auf meine Frage.
Und schüttelt den Kopf.
Aber diese Frau…
Sie hat dem Kollegen wirklich das Herz gebrochen.
Irgendwann kam er dahinter, dass es einen Mann gab.
Den sie liebte.
Der zwar nirgends half.
Und nie einspringen musste.
Aber ihm gehörte die Frau.
Und die beiden teilten das Bett.
Der Frau machte es dennoch nichts aus diesen Kollegen auszunutzen.
Beinhart.
Vor allem auch finanziell…
Der Wind frischt auf.
Die Sonne geht unter.
Viel zu früh.
Vielleicht wird der Tag morgen wieder so schön.
Aber wer kann das heute schon sicher sagen?
Vivienne