AIG,CDS,CDO. Diese Kürzel sagen Ihnen nicht viel?
Dann sind Sie in guter Gesellschaft! Denn bis vor kurzem ging es wohl der überwiegenden Mehrheit der Bewohner dieses Planeten genauso wie Ihnen und auch mir.
Allerdings, auch die Mehrheit der Banker auf diesem Planeten hätte wohl diese kryptisch erscheinenden Abkürzungen deuten können, aber Risiken für die Weltwirtschaft hätte sie mit den Produkten die so abgekürzt wurden, nicht in Verbindung gebracht.
Und so ging es wohl auch den führenden Herren der Institute, die sich diese Produkte eigentlich erst ausgedacht hatten.
AIG, American International Group, der wohl weltweit größte Versicherungskonzern der zur Abwendung noch größerer Folgen einer neuerlichen Pleite erst im letzten September von den Amerikanern verstaatlicht wurde, nachdem man kurz vorher die Investmentbank Lehmann Brothers mit bösen Folgen für die Weltwirtschaft, über die Wupper gehen ließ.
CDS, Credit Default Swap, eines der Produkte, von Bankern erfunden um Kredite für Investments abzusichern, sozusagen notleidende Kredite auf mehrere Schultern zu wuchten um für die kreditgebenden Banken das Risiko zu minimieren.
Hier ließen sich also die Banken ihre vergebenen Kredite gegen Ausfall versichern.
CDO, Collateralized Debt Obligations, verbriefte Rechte in denen Zahlungsströme in Wertpapiere umgewandelt wurden. Hier wurden einfach Rückzahlungsverpflichtungen aus z.B. Kreditkartenrechnungen mit Leasingraten für Flugzeuge und Autokredite, sowie auch Baudarlehen in ein Paket geschnürt und auf dem Markt verhökert.
Hierdurch wurde den Darlehnsgebern neues Geld in die Kassen geschwemmt, welches dann wieder in Kredite an neue Kreditnehmer, oder auch alte Kreditschuldner gegeben wurde.
Hierdurch blieben alte Kredite nicht als Forderungen in den Büchern der Banken und Rückzahlungsausfälle mussten von den kreditgebenden Banken nicht als Abschreibungen zur Wertberichtigung eingesetzt werden.
Käufer dieser CDO genannten Risikopapiere waren überwiegend Investoren wie Investmentfonds, Pensionskassen, Versicherungen, Stiftungen und vor allem in der Überzahl, andere bisher sehr solvente Banken. Der Handel mit diesen Papieren wurde zuletzt immer schneller, ließen sich doch mit diesen durch hohe Provisionen von den Erwerbern, höhere Gewinne als mit Aktien erzielen.
Nun gut, nach der Lehmann Pleite im letzten Jahr, plagte den CEO von AIG am 15. September 2008 eine kleine Liquiditätskrise. Für das Tagesgeschäft fehlten lächerliche 14 Milliarden Dollar und das Fälligkeitsdatum kam immer näher.
CEO, Chief Executions Officer? Könnte sein, in diesem Fall! Aber CEO heisst Chief Executive Officer, also Vorstandsvorsitzender. Boss, Chef oder so.
Ist ja auch egal. Also AIG war ganz plötzlich klamm.
Rundrufe an Wallstreet, befreundete Banken, Versicherungen, Investoren und die Amerikanische Notenbank brachten keine Linderung. Keiner wollte helfend einspringen.
Nach der Lehmann Brothers-Pleite mit im allgemeinen Riesenlöchern im Aktien-Portefolio, hielt man sich lieber bedeckt und zog die Rübe ein.
Der weltweit größte Versicherer mit 100.000 Angestellten und einer Bilanzsumme von mehr als einer Billion Dollar = 1.000.000.000,00 US-$ stand vor dem Aus!
Man sollte aber wissen, wenn man Amerikanische Geschichte und hiervon, die der Amerikanischen Wirtschaft verstehen will, dass diese AIG auf ein Unternehmen zurückgeht, welches von Cornelius Vander Starr gegründet wurde, einem Eiscreme-Verkäufer aus Kalifornien, der 1919 nach Shanghai ausgewandert war und sich dort anfänglich wunderte, warum die Niederlassungen westlicher Versicherungen an Chinesen keine Versicherungen verkauften. Chinesen galten den Versicherern als besonderes Risiko.
Starr stieß genau in diese Lücke vor und wurde damit schweinereich.
„Für jedes Risiko und Problem eine Police!“ Der Wahlspruch der AIG seitdem.
Die C.V.Starr Insurance war bald auch in USA erfogreich und fand 1961 im Ex-Soldaten Maurice Greenberg bald einen neuen Chef. Dessen Hemdärmeligkeit wurde bald zum internen Motto. Von der Amerikanischen Aufsicht gerügt, wurden Strafen beinahe so nebenbei aus der Portokasse bezahlt.
„Zu schnell gefahren? Dann bezahlen wir halt den Strafzettel Leute!“
1968 übernahm Greenberg den Laden und leitete sie die nächsten 37 Jahre wie ein Herrscher.
Als AIG brachte der sie an die Börse. Über 4000 Firmenverflechtungen und 100.000 Mitarbeiter wurden nun Greenbergs Vorgaben 15% Wachstum-Gewinn, Umsatz, Rendite zur Religion. Die genauen Verflechtungen überblickte nur noch ein Mensch auf der Welt. Maurice Greenberg, was ihn unersetzbar machte!
Im Jahre 2000 wurde ein Deal eigefädelt, der AIG Reserven um 500 Millionen Dollar größer aussehen ließen, als die tatsächlichen Verhältnisse auswiesen. AIG stieg bei Gen Re, einem Rückversicherer, ein und bezahlte mit…AIG-Aktien! Andere Versicherer wurde dazu gekauft…mit AIG-Aktien.
Ein anonymer Anruf aus der AIG-Zentrale beim Staatsanwalt brachte vier Gen Re-Verantwortliche und einen AIG-Manager in den Knast. Greenberg blieb juristisch unangetastet, musste aber seinen Hut nehmen.
In den Achzigern hatte Greenberg mit Hilfe einiger Banker von Drexel Burham Lambert, einer Pleitebank, die mit Müllanleihen gezockt und verloren hatte und unter dem Druck der Strafverfolger zusammenbrach, einige neue Geschäftsfelder aufgemacht.
AIG Financial Products hieß das neue Schlachtschiff des Konzerns.
Hier klopften notleidende Geldhäuser an, die ihre Kreditvergaben gegen Verluste absichern wollten.
Die supergute Kreditbewertung der AIG, die diese Gesellschaft makellos dastehen ließ, bot Ende der Neunziger eine gute Chance, Riesengewinne einzufahren.
Die Bank, die Kredit-Ausfall-Risiko-Versicherungen bei AIG kaufte, wurde im Rating hochgestuft.
CDS standen für Seriösität der Kreditgebenden Banken. Hierbei handelte es sich um Kredite, die nicht zu zwangläufigen Rücklagen, zur Absicherung vor Ausfällen für die Banken zwang.
Diese Banken hatten sehr bald einen enormen Wettbewerbsvorteil vor der Konkurrenz und daher verfielen die anderen auf die gleiche Idee.
Hierdurch wurden CDS selber zum Handelsobjekt, weitab ihrer ursprünglichen Funktion.
Hier wurden durch Provisionen höhere Gewinne gemacht, als mit den Kreditzinsen oder dem Handel mit Aktien.
Nun kam eine neue Idee ins Spiel! Ließ sich doch Geld mit der Angst vor faulen Krediten verdienen, zumindest mit dem Verkauf dieser Wackelkandidaten, warum nicht auch mit dem Verkauf von Forderungen bereits abgeschriebener Werte. Was der abschreibenden Bank nun wieder frisches Geld bringen würde. Die hohen Provisionen für die Händler ließen diese höchst spekulativen Werte auf die Weltreise gehen.
Besonders beliebt waren an der Wallstreet die Verbriefung von Immobilien-Krediten! Hier waren die Boys und Girls in den Investmentetagen, junge Absolventen der Unis, beinahe unter sich.
Die großen Institute gründeten extra eigene Abteilungen.
Das Problem, welches entsteht, wenn man dem Interessenten die Wahrheit über die anzubietenden Papiere sagt, wurde einfach durch eine gesunde Mischung gelöst.
Einem Paket „schmutziger“ Forderungen, wurden „blütenweiße“ Papiere obenauf gelegt.
Ich kenne solches sonst nur aus fertigen Supermarktverpackungen, wo unter bildhübschen Schinkenscheiben obenauf, der Mist gepackt wurde der entstand, als die Schneidemaschine noch nicht gereinigt war.
Als ich solches erstmal richtig erkannt hatte, ging ich nur noch zum Fleischwaren-Fachhändler.
Doch wohin kann schon ein anlagebereiter Bankenkunde gehen?
Nun gut, lassen wir das. Nicht nur, weil mir keine gescheite Antwort einfallen will.
Zum Teil waren die AIG-Derivate der reinste Giftmüll, für den nur noch ein unwissender Abnehmer gefunden werden wollte.
Gary Gorton, Finanzprofessor an der Yale-Universität, schrieb für AIG ein Computermodell, in dem ein Totalausfall offensichtlich gar nicht vorkommen durfte.
Hier wurde anhand historischer Kreditdaten versucht, die Wahrscheinlichkeit von Ausfällen vorherzusagen.
Problem dabei war: Der Partner, der mit AIG einen Vertrag abschloss, konnte jederzeit zusätzliche Sicherheiten einfordern, wenn der Wert der Derivate fiel, oder AIG als weniger liquide eingestuft würde.
Das Desaster begann, als die Bilanzkosmetik mit der Gen Re die Runde machte. AIG wurde von „AAA“ auf „nur noch AA“ geratet.
Die ersten Nachforderungen konnten noch eingehalten werden, doch dann wurden weitere Horrormeldungen aus der Immobilienbranche publik. Der beinahe automatische Werteanstieg der mit Krediten finanzierten Häuser blieb einfach aus und die Blase platzte!
Da kein Mensch mehr den eigentlichen Wert der notleidenden CDO bestimmen konnte und CDS scheinbar nicht mehr handelbar wurden, kam allgemeines Misstrauen auf! Kein Mensch wollte noch Hypo-Immobilien-Kontrakte kaufen.
Im Juni 2008 saß AIG auf mehr als 26 Milliarden „abschreibungswürdiger“ Werte, was die Eigenkapitalbasis unterhöhlte. AIG wurde daraufhin weiter zurückgestuft.
Nun musste nachgelegt werden, um die vorgeschriebene Kapitaldecke zu haben, um nicht weiter herabgestuft zu werden.
Dem Wall Street Journal zufolge verlangten die Banken Goldmann Sachs, Merryl Lynch, USB und die Deutsche Bank alleine 35 Milliarden Dollar.
AIG hat zur Zeit geschätzte 50.000 Kontrakte mit etwa 2.000 Vertragspartnern im Nominalwert von mindestens 2,7 Billionen US-Dollar!
Das größte Problem aber besteht darin, dass alle diese Kontrakte einzeln abgelöst werden müssen.
Damit dürften noch unsere Kinder beschäftigt sein.
Gruß Antoine Susini Februar 2009
Quellen: Wall Street Journal, Capital, Geschäftsberichte Merrill Lynch, Deutsche Bank, UBS und versch. Artikel „DIE ZEIT“(Heike Buchter), Internet