Neue Bohnen Zeitung


KRITISCH BETRACHTET
von Vivienne  –  April 2002



Männerfeindin … ?

Was ist eine „Männerfeindin“ eigentlich? Versteht man darunter eine Amazone, die sich selbst eine Brust „abtrennt“ und die Männer nach Begattung und hoffentlich erfolgter Befruchtung ins Jenseits schickt – „weil die Männer ja doch zu sonst nix taugen“? Oder sind „Männerfeindinnen“ hässliche, unattraktive Frauen, die aus dem Dilemma heraus, ja doch keinem Mann zu gefallen, der ein bissel optischen Anspruch stellt, über das männliche Geschlecht herziehen und kein gutes Haar an „der Krone der Schöpfung“ lassen? Mitnichten! „Männerfeindin“ wird man schneller als man glaubt und zu diesen „Ehren“ kommt man mitunter auch noch wie die Jungfrau zum Kind. Lassen Sie sich erzählen…

Letzten Sommer in einem ÖBB-Bus auf der Strecke Perg-Linz. Ich nehme, da mir häufig im Bus oder im Auto schlecht wird, auf der Heimfahrt ganz vorne Platz während noch eine kleine Gruppe von Fahrgästen nachkommt. Als ich neben mir eine männliche Stimme fragen höre, ob noch Platz sei, antworte ich automatisch und ohne aufzublicken ja. Die Alkoholwolke, die mich dann umfängt, veranlasst mich, mich umzudrehen und das Gegenüber in Augenschein zu nehmen. Ich habe mich nicht geirrt: der Mann Anfang 40 stinkt nicht bloß nach Bier sondern nach anderem, härterem Zeugs und hat auch die typische magere, ausgemergelte Gestalt eines langjährigen Trinkers. Auch seine harten Gesichtszüge bestätigen meinen Verdacht. Wie mir ein kurzer Blick durch den Bus bestätigt, ist das Fahrzeug gerade halb voll. Was will der gerade bei mir? denke ich mir und werfe dem Fahrgast, der mich interessiert mustert, einen skeptischen Blick zu.

Der etwa 40jährige Mann beginnt zu reden, stellt mir eine Reihe von Fragen. Meine Einsilbigkeit stört ihn nicht. „Du bist eine schöne Frau,“ erzählt er mir Altbekanntes und als ich wegen der Hitze im Bus – die Klimaanlage ist ausgefallen – einmal einen Stoßseufzer von mir gebe, meint er in völliger Verkennung der Situation, ich müsse seinetwegen nicht nervös werden… Da fasse ich den guten Mann ins Auge und lasse ihn in bestimmtem Ton wissen: „Deinetwegen stöhnt hier niemand.“ Auch das schreckt den von sich überzeugten Möchte-gern-Don-Juan nicht ab. Er versucht mich beredt in eine Konditorei auf ein Eis einzuladen. Beim dritten Anlauf mich umzustimmen, stehe ich auf, erkläre ihm, dass er mir etwas zuviel Blödsinn redet, und setzte mich weiter hinten auf einen Sitzplatz. Als ich meiner Schwester einmal so nebenbei die Geschichte erzähle, sieht sie mich leicht indigniert an. „Das kannst du doch nicht tun.“ „Wieso?“ frage ich leicht iritiert. „Der Typ ist mir auf den Geist gegangen und von seiner Alk-Fahne hätte man sich einen Schwips holen können. Ich wollte einfach meine Ruhe.“ Meine Schwester sieht mich zweifelnd an. ???

Nächstes Beispiel: Einige Leser werden wissen, dass ich neulich bei Life Radio eine Stunde lang eine Sendung mitmoderiert habe. Neben ausgiebiger Werbung für die Bohne gab ich eine Leseprobe eines meiner Beiträge zum Besten. Es ging in der Geschichte um eine Frau, die sich von ihrem jüngeren Freund immer wieder schlagen lässt, dies aber vertuscht und ihn deckt. Bei Life Radio las ich die Einleitung dazu, die zugegebener Maßen ziemlich zynisch ist, was sich aber durch den dann folgenden Text erklärt. Kurz darauf, bei meinem Treffen mit früheren Kolleginnen, wurde ich in der Runde leicht ironisch mit den Worten „Männerfeindin“ empfangen – ein paar von ihnen hatten die Sendung gehört und in die falsche Kehle bekommen. Selbst Frieda, Seelenverwandte und liebste Astrologin, wies mich mit Nachdruck darauf hin: „Na, ein wenig männerfeindlich bist du schon.“ Ich glaube mich verhört zu haben. Auch du, meine Freundin Frieda. ???

 

Neulich in der Linzer Straßenbahn: Ich stehe in der Nähe des Ausgangs und hänge verschiedensten Gedanken nach. Plötzlich spüre ich eine Hand an meinem Hinterteil. Ich drehe mich um und weise den vor mir stehenden Mann, der mich breit angrinst und dem das Ganze nicht einmal peinlich ist, zurecht: „Ich bin kein Selbstbedienungsladen.“ Als er weitergrinst und keine Anstalten macht, mit der Belästigung aufzuhören, kriegt er eine von mir auf die Finger. Ein älterer Herr auf dem nächsten Sitz, der das beobachtet hat, sieht mich entsetzt an. „Das kann man doch nicht machen!“ „Richtig“, erwidere ich leicht sarkastisch. „Drum hat er ja auch eine auf die Finger bekommen. Damit er sich’s merkt.“ Der „gezüchtigte“ Mann flüchtet bei der nächsten Haltestelle aus der Tramway während besagter Herr mich kopfschüttelnd und missbilligend mustert. „Da ist doch nichts dabei, Sie Mimose!“ zischt er mir beim Aussteigen zu. ???

Da muss ich dem „guten“ Herrn aber widersprechen. Wer mich wo angreift, bestimme noch immer ich – ich bin kein Allgemeingut. Das hat nichts mit Männerfeindlichkeit zu tun, im Gegenteil. Ich fühle mich grundsätzlich in Männergesellschaft ausgesprochen wohl, was wohl auch daran liegt, dass ich nicht auf den Mund gefallen bin aber auch sehr viel Humor habe und über mich selbst lachen kann. Ich habe nur etwas gegen plumpe Vertraulichkeiten von welcher Seite auch immer und niemand braucht mich z. Bsp. „drücken“ wie eine Tomate im Supermarkt, wenn ich es nicht will. Das ist für mich nicht notwendigerweise gleich sexuelle Belästigung aber einfach eine unangenehme Störung meiner „Intimsphäre“. Dorthin „vorzudringen“ ist nur wenigen vorbehalten. Ich denke, diese Einstellung ist sehr gesund und sie ist auch Folge eines Entwicklungsprozesses. Eine Reihe von Leuten hat in meinem „Rosengarten“ ausgesprochen gewütet und da darf jetzt niemand mehr hinein, den ich nicht gecheckt und für gut befunden habe.

Mir kommt ohnedies vor, dass gewisse fragwürdige Vertraulichkeiten von Männern Frauen gegenüber schon so zum Brauch geworden sind, dass jede, die sich dagegen wehrt, zur „Männerfeindin“ deklariert wird. Eine eigenartige Entwicklung, muss ich sagen. Oder sollte ich mich vielleicht doch besser auf den Namen Alexandra, die „Männerabwehrende“ umtaufen lassen? Na, ich habe da meine Zweifel. Ich vertrete vielmehr die Ansicht, dass wenn eine Frau sich auf Dauer in der Arbeit oder sonst wo regelmäßig begrapschen lässt obwohl sie es nicht will, das etwas mit Verantwortungslosigkeit gegenüber sich selbst zu tun hat. Was ich praktiziere, ist nur Menschen – Männern wie Frauen – zu zeigen, wie weit sie bei mir gehen oder eben nicht gehen können: „Bis hierher und nicht weiter!“ Jeder Mensch hat eine andere Schmerzgrenze. Meine ist zugegebenermaßen niedriger – Gebranntes Kind scheut das Feuer. Aber für mich muss es passen und deswegen bin ich noch lange nicht männerfeindlich, meint

Vivienne

 

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