KRITISCH BETRACHTET
von Vivienne – Juli 2002
Priesterinnenweihe –
war das wirklich notwendig oder wurde da ein Zeichen gesetzt?
Jesus Christus war ohne Zweifel ein Revoluzzer von Gottes Gnaden. Er trat unverblümt für seine Ideen ein, sagte, was er dachte, machte kurzen Prozess mit den Leuten die im Tempel Handel trieben. Würde er heute, in diesen Tagen leben, wäre er vielleicht gepierct, hätte Dreadlocks und wäre einem Joint dann und wann nicht abgeneigt. Jedenfalls würde er sich heute genau so Probleme einhandeln wie vor 2000 Jahren, weil es nie populär war, wenn einer seine Meinung kund tat, vor allem, wenn sie dem vorherrschenden Trend nicht unbedingt entsprach. Ich vertrete die Auffassung, dass man Christus im 21. Jht. wahrscheinlich auch gewaltsam ums Leben bringen würde. In unserer Zeit haben nicht selten Leute in der katholischen Kirche das Sagen, die man ohne mit der Wimper zu zucken als Pharisäer bezeichnen kann. Pharisäer sind jene Leute, die damals mit ihrer Geisterhaltung, mit ihrer heuchlerischen Art konträr zu jener von Christus und seinen Anhängern standen, und mit jenen Menschen in Führungsposition der Katholischen Kirche, von denen ich in diesem Zusammenhang spreche, ist es nicht anders.
Wenn man die Geschichte der Katholischen Kirche und ihrer Abspaltungen im Laufe der letzten 2000 Jahre betrachtet, so waren es immer Revoluzzer und Rebellen, die Veränderungen auslösten oder einleiteten. Heinrich VIII von England oder Martin Luther z.Bsp. scheuten sich dabei nicht, den Weg der Verfolgung oder der Exkommunizierung zu gehen um ihre neuen Ideen oder Ansichten zu leben, wenn auch im Fall der beiden aus völlig unterschiedlicher Motivation heraus. Die Glaubenskriege, die mit den Abspaltungen einhergingen, wurden mit einer Vehemenz, einer Grausamkeit und einem Hass ausgetragen, die im Grunde einem guten Christen, gleichgültig welcher Konfession, nicht sehr gut zu Gesicht stehen. Die Katholische Kirche schrumpfte dabei jedes Mal wieder ein bisschen, blieb aber Neuerungswünschen gegenüber taub.
Reformfreudigen Päpsten im letzten Jahrhundert wie Johannes XXIII oder Johannes Paul I folgten jedesmal äußerst konservative Nachfolger auf das Amt, die Trends der Zeit, den Veränderungen der Menschen wie der Gesellschaft nicht oder nur sehr bedingt Rechnung tragen woll(t)en. Die Kirche, so scheint mir oft, ist ein merkwürdiger Verein (dem ich selber übrigens auch angehöre): Vorehelicher Sex oder Sex, der nicht die Zeugung eines Kindes zum Ziel hat, sind streng genommen Sünde. Auch jede Form der Verhütung wie das Kontrazeptivum schlechthin, die Pille, oder der wirksamste Schutz gegen Aids und Hepatitis, das Kondom, verstoßen gegen die Regeln der Kirche. Jene Vereinsmitglieder, die sich noch an solche verstaubte Richtlinien gebunden fühlen, kann man an den Fingern einer Hand abzählen, trotzdem sah sich die Katholische Kirche bisher nicht gemüßigt, wesentliche Änderungen oder Neuerungen, gerade auch in der erwähnten Richtung, vorzunehmen.
Vor ein paar Wochen zog nun eine Gruppe von Frauen das öffentliche und mediale Interesse auf sich, indem sie sich in einer gut inszenierten Aktion zu Priesterinnen der katholischen Kirche weihen ließen. In den Statuten der katholischen Kirche steht aber unmissverständlich, dass nur ein männlicher Katholik das Priesteramt ausüben darf. Auch wenn der Schritt der sieben Frauen nicht unbedingt auf meine Zustimmung trifft, gibt es eine Reihe von Gründen, die eine Beschränkung des Priesteramtes auf das männliche Geschlecht mehr als nur in Frage stellen. Man möge sich einmal nur vor Augen führen, wieviele Priester zuletzt als Kinderschänder entlarvt wurden ohne deshalb ihr Priesteramt zu verlieren. Darf man daraus den etwas provokanten Schluss ziehen, dass ein Mann, der sich an Kindern oder Ministranten vergreift, noch immer einen besseren Priester abgibt als eine engagierte Frau, die sich nie was zu Schulde kommen ließ?
In meiner Gymnasialzeit kann ich mich in Religion an heftige Debatten auch zum Thema Frauen als Priesterinnen erinnern. Dabei ging es oft hoch her, ich erinnere mich an eine Diskussion, in der eine Schulkollegin das fragwürdigste Argument gegen das weibliche Priestertum einbrachte, das ich je zu Ohren bekam. Sie, die aus sehr erzkonservativem Elternhaus stammte, brachte ihre Einstellung so zum Ausdruck: Eine Frau kann deshalb nicht Priester werden, weil sie ja vergewaltigt werden kann. Ganz abgesehen davon, dass ihr bei ihrer seltsamen Schlussfolgerung entgangen war, dass dieses Unrecht sehr wohl auch einem Mann, einem Priester, widerfahren kann: finden Sie es nicht arg, dass körperliche Schwäche und Unterlegenheit ein Hinderungsgrund zum Priesteramt darstellen sollen? In weiterer Hinsicht suggeriert diese Geisteshaltung wieder einmal, dass vergewaltigt zu werden Makel und Schande für das Opfer darstellen wie unglaublich frauenverachtend!
Die wenigsten Priester fühlen sich dem Zölibat noch verpflichtet. Viele nennen auch schon eine kleine Familie ihr eigen, der sinniger Weise nur der Segen der Kirche fehlt. So mancher Gottesmann hat auch Kinder von ein paar Frauen, für die er Alimente zahlen muss. Der eine oder andere Pfarrer bekennt sich schon offen zu seiner Homosexualität und lebt diese auch aus. Dass sie mich nicht falsch verstehen: ich stoße mich nicht daran. Es liegt nur den allerwenigsten Menschen, völlig asexuell zu leben, und so lange keine Kinder unfreiwillig davon betroffen sind, spricht nichts gegen einen sexuell aktiven Priester. Für mich belegen diese Fakten nur zusätzlich, dass in der Römisch-Katholischen Kirche schon lange nicht mehr das gelebt wird, was gepredigt wird. Und trotzdem wird mit aller Akribie nach außen hin daran festgehalten. Wir ändern uns nicht! betont der beleibte Kirchenmann aus St. Pölten.
Wenn wir wollen, dass alles so bleibt wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert, sagt Thomas von Lampeduso. Im Falle der katholischen Kirche hat er mehr als nur recht. Die Menschen ändern sich, die Gesellschaft ändert sich, die Welt ändert sich dem müssen auch die Kirche und ihre Würdenträger Rechnung tragen, weil es ihnen sonst irgendwann einmal passiert, dass sie allein in ihren Kirchen sitzen. Dazu gehört auch, dass man einsieht, wie rückschrittlich es ist, wenn man Frauen aufgrund ihres Geschlechtes das Priesteramt verwehrt. Das Gros der Gläubigen sind Frauen, und gerade jene Frauen, die jeden Buchstaben der Bibel als unumstößlich und wahrhaftig ansehen und noch an das Höllenfeuer glauben, wird auch immer weniger. Die Menschen lassen sich nicht mehr so leicht ein X für ein U vormachen, sie hinterfragen öfter und das ist gut so.
Den Versuch der Priesterinnen durch ihre Weihe in der Kirche ein Umdenken zu erreichen, halte ich persönlich nicht unbedingt für gelungen: zu radikal, zu früh, zu unüberlegt. Unter diesem Papst wird sich nichts mehr ändern und die Weichen für dessen Nachfolger dürften auch schon gestellt sein. Für absehbare Zeit müssen wir also akzeptieren, dass die Katholische Kirche an den realen Gegebenheiten vorbeipredigt. Was wir aber nicht tun müssen, speziell wir Frauen, ist, uns am Ratschlag der Zeitschrift Welt der Frau zu orientieren, die uns zur Passivität rät, dazu, die Hände in den Schoß zu legen, mit Freude unsere Laienämter auszuüben und fleißig zu beten, dass sich was ändert… Ein kleines Signal haben jene Frauen doch gesetzt, das gebe ich zu, dass wir Christen nämlich nicht ganz einschlafen und ab und zu ein wenig darüber nachdenken, dass Gott Mann und Frau nach seinem Ebenbild schuf, meint
Vivienne
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