KRITISCH BETRACHTET
von Vivienne – Juli 2003
Lehrer werden ist nicht schwer…
Neun Wochen Ferien heißt es nun nicht nur für die Schüler
, sondern auch für die Lehrer, die sich wie die ihnen anvertrauten Kinder und Beinah-Erwachsenen vom ganzen Ärger und Stress, der in einem Schuljahr oft so anfällt, erholen können. Ein schönes Leben, ist man als Außenstehende/r versucht zu sagen. Wer hat schon zwei Monate Urlaub im Sommer, dazu die Ferien zu Weihnachten, zu Ostern oder im Februar? Gar nicht zu reden von den freien Wochenenden der Pflichtschullehrer, und der Tatsache, dass zumindest zu meiner Zeit die Pädagogen in höheren Schulen Anrecht auf eine Fünf-Tage-Woche hatten! Lehrer werden ist nicht schwer, Lehrer sein dagegen sehr! könnte man da in leichter Abänderung eines bekannten Spruchs hier anmerken. Hat ein Lehrer nun das schöne Leben, das ihm von allen Seiten attestiert wird oder ist der Lehrerberuf etwa eine Profession, die schön langsam in die Frühpension führt?
Wenn Sie mir an dieser Stelle in meiner Ausführungen folgen, möchte ich gleich eines vorweg festhalten: Die Wahrheit liegt logischerweise irgendwo in der Mitte, es gibt nun mal keine absoluten Wahrheiten. Punkt ist, dass manche Lehrer ihren Beruf als eine Berufung ansehen und ihn sehr ernst nehmen. Und vor allen Dingen auch die Schüler, die zu ihnen in den Unterricht kommen, was meiner Meinung nach eine Grundvoraussetzung ist, um in diesem Beruf wirklich gut zu sein, in diesem Beruf zu bestehen. Andere wiederum haben den Job anscheinend hauptsächlich deshalb gewählt, weil die Freizeitmöglichkeiten teilweise schon enorm sind, auch wenn nicht zwangsläufig jede freie Woche wirklich frei von Arbeit ist: Prüfungen müssen vorbereitet werden, Organisatorisches muss geklärt werden.
Aber schon da muss man einhaken: Zu meiner Schulzeit im Gymnasium, vor über 15 Jahren, war auch für mich schon erkennbar, dass etwa Aufsatzthemen für Schularbeiten immer ein wenig getauscht wurden. Am deutlichsten wurde mir das vor Augen geführt, als ich einmal ein Jahr wiederholen musste. Ein markantes Erlebnis, als mir, einer naiven Landpomeranze mit dickem, langem Zopf, wie Schuppen von den Augen fiel, dass sich die Mittelschulprofessoren nicht immer wieder neue Themen ausdenken. Unvergessen auch jene Mathematikschularbeit, als unsere Klasse danach nicht den Raum verlassen durfte, weil eine Paralell-Klasse nach der Pause haargenau dieselben Aufgaben bekam. Und wir sollten uns ja nicht absprechen können.
Natürlich muss man der Lehrerschaft zugestehen, dass es nicht immer und überall notwendig ist, sich völlig neue Aufgaben für Tests, Schularbeiten, etc zu überlegen. Ich will auch nicht grundsätzlich behaupten, dass Lehrer ohnedies nichts anders zu tun hätten. Aber die Entrümpelung von so manchem Themenbereich angesichts der Tatsache, dass dem gesamten Lehrstoff selber eine gründliche Entschlackungskur verordnet werden müsste würde das Interesse vieler Schüler steigern. Projektarbeiten, die immer wieder an verschiedenen Schulen zustande kommen, kennzeichnen den Weg in die richtige Richtung. Aber es hängt immer noch viel zu sehr vom Willen der Lehrer ab, ob die Schule im Kreis läuft oder sich bereit und fit fühlt, den gängigen Schemata zu entfliehen. Nach dem Motto: wer den bekannten Wegen folgt, wird auch immer wieder nur Altbekanntes lernen. Wer sich in neue Richtungen wagt, der kann viel Neues entdecken aber es ist halt auch beschwerlicher.
Ein altes Leiden der Lehrer, das wohl nie auszurotten sein wird, ist ihre unverhohlene Subjektivität bei der Notengebung. Und davon gibt es viele Spielarten. Zuerst einmal jenen Typ Mittelschulprofessor, der gern auch offen zugibt: Sehr Gut von euch ist niemand. Sehr Gut bin nur ich, drum kriegt auch keiner von euch eine Eins. Und damit von vornherein jede Lernfreude und jedes Engagement bei den Schülern im Keim erstickt. Noch übler ist die Spezies, die ihre Abneigungen und Vorlieben bei der Notengebung voll auslebt. Sprich: wen ich mag, kriegt immer die bessere Note, wen ich nicht mag, der kann strampeln, was er will, den lass ich nicht hoch kommen. Gar nicht zu reden von jenen, die sich durch kleine Geschenke der Eltern zu einer besseren Note für den Sprössling überreden lassen. Dabei ist so ein Verhalten völlig letztklassig, meiner Meinung sollte größtmögliche Objektivität oberstes Kriterium für alle Lehramtsaspiranten sein, denn wer ist hilfloser in der Klasse als ein Schüler, ein Kind, für den/das ein Zeugnis noch immer ein wichtiges Kriterium für das spätere Berufsleben darstellt?
Wobei ja der Lehrerstand ohnedies mit dem Problem kämpft, in der Hierarchie und in der Hochachtung der Allgemeinheit gegenüber früher gesunken zu sein. Lange genug durften Lehrer Züchtigungen an die Schutzbefohlenen austeilen, der Rohrstock ist noch jedem ein Begriff, auch wenn ihn nicht mehr alle zu spüren bekamen. Mittlerweile wird die Willkür von so manchem selbsternannten Lehrgott nicht mehr so ohne weiteres hingenommen. Der Gesetzgeber machts möglich: Einsprüche gegen Noten sind keine Seltenheit mehr und meiner Meinung nach auch richtig und angebracht. So viele Pädagogen von eigenen Gnaden haben die Bedeutung ihres Berufes noch immer nicht begriffen. Nämlich dass sie ihre Schüler fördern und nicht unterdrücken sollen und dass sie in ihrem Berufsstand die immens wichtige Aufgabe übernommen haben, unsere Zukunft, nämlich die Kinder, ins Erwachsenleben zu geleiten. Und dass dabei auf keinen Fall dazugehört, jemandem aus mangelnder Sympathie schon im Kindesalter viele Möglichkeiten zu verbauen.
Gern wird an solcher Stelle auch auf die Situation jener Lehrer hingewiesen, die mit den ach so bösen Schülern nicht mehr fertig werden und deshalb psychisch krank in die Frühpension flüchten. Warum mangelt es mir da bloß immer am Mitleid mit den Betroffenen? Warum kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Leute einfach ihren Beruf verfehlt haben und deshalb scheitern? Als ich in die Volksschule ging, und das ist schon eine Weile her, wurde der Lehrberuf heftig propagiert, weil in Österreich in den 70er Jahren akuter Lehrermangel herrschte. Der Run auf das Lehramtsstudium war in der Folge beachtlich; und viele Maturanten ließen sich wegen der eingangs genannten Vorteile auf den Lehrerberuf ein, ohne über die notwendigen charakterlichen Voraussetzungen zu verfügen.
Matura allein genügt noch lange nicht, um einmal ein guter, wertvoller Pädagoge zu werden. Und jetzt müssen sich seit drei Generationen Kinder an allen Schulen immer wieder auch mit Lehrern auseinandersetzten, die eigentlich besser z. Bsp. Bankbeamte, Sekretärin oder Bibliothekar geworden wären. Solche Leute haben nicht notwendigerweise die Fähigkeit oder die Persönlichkeit, sich unter den Schülern Respekt zu verschaffen. Und leider fehlen ihnen noch viel öfter das Gespür und die Sensibilität, um Talente und Möglichkeiten eines Kindes früh zu erkennen und zu fördern, wie es im Besonderen ihre Aufgabe wäre. Wer als Lehrer seinen Job nämlich noch ernst nimmt, läuft häufig gegen Windmühlen. Es ist schwierig, nicht nur in Österreich, in diesem Beruf innovativ und kreativ zu sein und sich dabei was zu trauen. Es ist nämlich nicht erwünscht, meint
Vivienne
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