Neue Bohnen Zeitung


KRITISCH BETRACHTET
von Vivienne  –  Oktober 2003



Ein schmutziges Geschäft

Heute ist der große Tag für Arnold, heute Abend wird im Bundesstaat Kalifornien gewählt und unser aller „Terminator“ greift nach den Sternen: als überzeugter Republikaner möchte er den amtierenden Gouverneur, den die Demokraten stellen, vom Thron stoßen. Dieser Dienstag – ich schreibe meinen Beitrag ganz bewusst noch vor Ausgang der Wahlen – steht im Zeichen einer grandiosen Schlammschlacht, wie man sie selbst in Amerika kaum noch gekannt hat. Schwarzenegger, der in den Umfragen (noch) deutlich führt, soll in den 70er Jahren, zu Beginn seiner Karriere, Drogenexzesse gefeiert haben, soll angeblich Adolf Hitler verehren und wird von einigen Frauen außerdem der sexuellen Belästigung beschuldigt. Arnolds Einstieg in die Politik – sofern er ihn diesmal schafft – wird jedenfalls kein leichter.

Schwarzenegger – wer ist das überhaupt? Ein erfolgreicher Bodybuilder aus Österreich, der den Durchbruch zum Top Action Star geschafft hat. Das weiß ich aus den Medien, aber um ehrlich zu sein: ich habe bisher keinen einzigen Film des Steirers gesehen, nicht einmal seine Komödien wie „Twins“ oder „Kindergarten-Cop“ konnten mich ins Kino oder vor das TV-Gerät locken. Ich schaue mir normalerweise eben Filme eines anderen Niveaus an. Darum kenne ich ihn also nur aus Filmausschnitten, TV-Auftritten und aus der einen oder anderen Sendung im ORF, wo man aus aktuellem Anlass mit Berichten über den Menschen Schwarzenegger (dass er etwa für seine Familie malt oder als junger Bursch einmal ins Fitness-Center eingebrochen ist) auf die heutigen Wahlen Bezug genommen hat. Österreich steht fast geschlossen hinter seinem „Steirer-Buam“ der längst einen deutlichen amerikanischen Akzent hat und dem dieselben hohlen Floskeln wie anderen typischen Politikern in den USA wie Öl über die Lippen kommen.

Schwarzenegger hat gewusst, worauf er sich einlässt, als er nach „Terminator III“ endgültig beschloss, seinen Wunschtraum von der Karriere in der Politik zu verwirklichen. Es war abzusehen, dass seine politischen Gegner jeden Strohhalm ergreifen würden, um den ungemein populären Schauspieler auf dem Weg an die Spitze Kaliforniens zu stoppen. Angesichts dieses wüsten Wahlkampfs erinnerte ich mich leicht amüsiert an den Wahlkampf zur Präsidentschaft 1979, als Schauspielkollege Ronald Reagan gegen den amtierenden Präsidenten Jimmy Carter antrat und ebenfalls die Massen polarisierte. Reagan hatte schnell alle demokratischen Kollegen aus der Branche gegen sich, wusste sich aber trotzdem beeindruckend gegen seinen etwas glücklosen Vorgänger durchzusetzen.

Das soll nun aber keine Prognose zum Ausgang der heutigen Wahl sein. Im Grunde interessiert mich der nur am Rande, wenn ich ehrlich bin, es ist vielmehr die „Wahlschlacht“  selber, die mich fasziniert und ich frage mich nur, warum noch keine Fotos aus Schwarzeneggers Filmen im Wahlkampf aufgetaucht sind, in denen dieser mehr oder weniger leicht bekleidet agiert. Wobei ich hier aber den Möchte-gern-Politiker nicht verteidigen oder in Schutz nehmen möchte: der Action-Star hat die rüde Sprache in diesem Wahlkampf aktiv mitgestaltet und ist an der Eskalation der gegenseitigen Verbal-Attacken genau so mitschuldig. Bei den TV-Diskussionen etwa ließ Arnold seine Gegner kaum ausreden oder zu Wort kommen. Sie dürfen mir durchaus glauben, liebe Leser, mir tut keiner leid, der heute Nacht scheitert, und ich juble nicht mit dem, der nach der Zählung die Nase vorn hat.

Politik ist nun mal ein schmutziges Geschäft, das mag vielleicht sehr simpel und verallgemeinernd in Ihren Ohren klingen, aber der Satz sagt für mich sehr präzise aus, dass es im Grunde keinen wirklich anständigen und ehrlichen Menschen in die Politik verschlägt. Zumindest in den USA, wobei ich an dieser Stelle Österreichs Politszene nicht irgendwie in den Himmel loben möchte. Es herrscht auch hier ein Umgangston, eine Menschenverachtung und eine Verlogenheit vor, nämlich in jeder Fraktion, dass ich im Grunde für keine die Hand ins Feuer legen möchte, nicht einmal für die Sozialdemokraten, denen ich mich trotz allem irgendwie zugehörig fühle.

Politik, auch hierzulande, führt in einen fauligen Sumpf, und wenn ich von etwas zutiefst überzeugt bin, dann davon, dass es den Politikern gleich welcher Couleur und aus welchem (demokratischen) Land auch immer, nicht um ihre Wähler geht, nicht um die Bürger, deren Interessen sie repräsentieren sondern einzig um die Macht, die sie ausüben wollen. Musterbeispiel Schüssel, aber wenn ich über die Grenzen nach Deutschland blicke, erbebe ich auch nicht vor Achtung – angesichts von Kalibern wie Gerd Schröder und Joschka Fischer. Diese Macht allein ist es, nach der die Politiker süchtig sind, das Wohlergehen des Landes spielt dabei eine sehr untergeordnete Rolle.

Aber begeben wir uns zurück in die Vereinigten Staaten: Dort wird natürlich so ein Wahlkampf noch um einiges härter und unfairer geführt. Dort geht es um noch mehr Prestige, denn Amerika ist ja nicht irgendein unbedeutendes kleines Land wie Österreich sondern eine Weltmacht. Deshalb wird dort auch schon mal unter die Gürtellinie gegriffen, und ich bin davon überzeugt: hätte Schwarzenegger Hinweise gehabt, seinem Hauptgegner bei der heutigen Wahl eine Sexaffaire vorzuwerfen, er hätte keine Sekunde gezögert, es zu tun. That’s America: man wischt sich das faule Ei vom Anzug und schießt selber mit Tomaten… Wie gesagt, um die Bürger geht’s bei uns wie drüben nicht, wir sind nur das Mittel zum Zweck, das Zünglein an der Waage, das Pendel, und für wen wir ausschlagen, der wird uns in den Himmel loben…

Eigentlich, das ist mein Fazit knappe zehn Tage nach dem Urnengang in Oberösterreich, bei dem „Daddy Cool“ Pühringer zu hoch gepokert hat und „Löwe“ Erich Haider vor allen Dingen vom Voest-Verkauf profitierte, eigentlich sollten wir gar nicht mehr zur Wahlurne schreiten. Frei nach Bert Brecht: „Stell dir vor es ist Wahl und keiner geht hin…“ Wir Staatsbürger werden nach Strich und Faden manipuliert, in der Wahlwerbung wird uns das Blaue vom Himmel vorgelogen und im Grunde ändert sich nichts. Nur die Gesichter der Politiker und ihre politischen „Farben“ ändern sich vielleicht dann und wann, sonst nichts. Genauso wird es auch hinkünftig in Kalifornien sein, ob jetzt Schwarzenegger oder der amtierende Gouverneur das Rennen macht. Deshalb tangiert mich der Wahlausgang wirklich nur periphär – ich habe andere Sorgen!

 Vivienne

 

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