von Vivienne – August 2004
Auslaufmodell Frau?
Im Anfang war das Matriarchat. Weise Frauen führten die Stämme, weise Frauen, die früh die Zusammenhänge erkannten zwischen dem Zyklus und dem Wandel des Mondes und die aktiv bestimmten, wer die Väter ihrer Kinder sein sollten. Eine friedvolle Ära kraft weiblicher Sensibilität und weiblichem Einfühlungsvermögen. Die aber zu Ende gehen musste, weil die gewalttätigeren Männer irgendwann das Ruder an sich rissen. Und über viele Jahrhunderte die verschiedenen Religionen trugen teilweise hohen Anteil dabei ein Frauenbild für sich formten, das uns Frauen immer wieder auf den Kopf fällt. Auch wenn heute zwei Gegenströmungen (oder auch mehr) existieren und viele Frauen nicht mehr die Rolle des Heimchens am Herd, der Mutter, Hure und Geliebten in einer Person in der bekannten Form leben wollen. Viele Frauen in einem gewissen Alter müssen nach oft langjährigen Lebensgemeinschaften zur Kenntnis nehmen, dass sie rücksichtslos gegen eine jüngere Rivalin ausgetauscht werden.
Ein Mann mit Falten und grauen Schläfen wirkt auch auf jüngere Frauen höchst interessant (Man denke etwa an Sky Dumont aus den Bully-Filmen!), selbst großes Übergewicht macht einem Mann Sexappeal (Ottfried Fischer ist der lebende Beweis!) und im Grunde hat man immer wieder das Gefühl, dass frau tun muss, was nur möglich ist um mann zu gefallen, so unmöglich er selber vielleicht auch ausschauen oder wirken mag. Frau ist ohne Mann eben doch nichts oder nur die Hälfte wert. Der Topf kann auch ohne Deckel sehr gut existieren, währende andererseits der Deckel so allein keine wirklich gute Figur macht. Es geht nicht einmal so sehr darum, dass der Mensch nicht alleine für sich leben mag. Als Single-Frau bietest du immer wieder den schäbigsten Anblick, den man sich vorstellen kann. Frei nach dem Motto:Hat di kaner wollen?
Und wenn man sich als Frau noch so oft einredet, dass es sich allein besser als in einer üblen Beziehung lebt: die Einsamkeit zehrt zusehends an den Nerven und liebevolle Äußerungen der Mitmenschen à la Also ich versteh wirklich nicht, dass du alleine bist! machen es zusätzlich nicht leichter, die momentanen Gegebenheiten zu akzeptieren. In einer Zeit, in der junge Mädchen noch vor ihrer Volljährigkeit kosmetische Operationen im Gesicht durchführen oder sich gleich die Brüste vergrößern lassen, kann eine Durchschnittsfrau dem Trend absolut nichts entgegensetzen. Vor allem dann nicht, wenn ihr das nötige Kleingeld für Eingriffe wie Fettabsaugung oder Nasenverschmälerung fehlt. Frau muss eben mann gefallen und nicht umgekehrt, denn ER ist das begehrte Objekt und kann aus dem Vollen schöpfen. Frau muss froh sein, gewählt zu werden und dafür muss sie schon einiges an Äußerlichkeiten bieten.
Neben Top-Figur gehören dazu auch eine gewisse Unterwürfigkeit und Demut. Mann schätzt das, als der Jäger, der er nun mal ist, gibt er als Rudelsführer gern den Ton an, auch wenn das Rudel in den meisten Fällen nur aus zwei Personen besteht. Was eine richtige Frau auch sofort opfern muss sind ihr Stolz und ihr Selbstwertgefühl, denn das sie ohne Mann nur wie ein halbfertiges Teil durch das Leben geht, ist eine der wichtigsten Lektionen, die sie das Leben lehren wird. Und wenn es das Leben nicht tut, dann wird die Gesellschaft unerbittlich dafür sorgen, dass sie diese Lehre nicht vergisst. Das alles ist man zumindest geneigt zu meinen, wenn man so manchen Typ Marke Weibchen beobachtet und dessen Verhalten hinterfragt. Kurios aber auch herzlich erfrischend wirken im Gegenzug Vergleiche mit Kulturen, in denen sich das Matriarchat bis ins 21. Jahrhundert gehalten hat, wie etwa in Teilen Afrikas.
Dort spielt sich nämlich genau dasselbe ab, nur mit verkehrten Vorzeichen. Gereifte Frauen mit Runzeln, Falten und Ehrenzeichen des Stammes versehen umwerben junge, gut gebaute und aussehende Männer, die sich von dieser Gunst geschmeichelt fühlen und deren kokettes Verhalten 1:1 mit dem jener Weibchen hierzulande vergleichbar ist, die sich als Frau dem Mann zugehörig und natürlich untertan fühlen. Und die für ihre Schönheit alles bereit sind zu tun Aber auch den hübschen Burschen in den Matriarchaten bleibt letztlich das Schicksal nicht erspart, nach einiger Zeit einem jüngeren wie schöneren Konkurrenten weichen zu müssen. Denn die Frauen dort sind genau so unerbittlich wie mancher selbstherrliche Mann bei uns, und der eigene Status wird weidlich ausgenutzt. Ehrlich gesagt: Warum auch nicht? Zu der einen wie der anderen Gesellschaftsform gehören jeweils zwei Geschlechter und beide Seiten müssen diese Normen unterstützen damit deren Zusammenspiel auf diese Weise funktioniert.
Oder anders formuliert: sobald einmal jemand ausbrechen würde, käme dieses Weltbild nach und nach ins Wanken, und das tut es teilweise auch schon. Aber wie eingangs erwähnt: neben dem starken Trend, sich als Frau auf die eigenen Füße zu stellen, versuchen Werbung und Schönheitsideale uns Frauen wieder in den alten Kurs zu dirigieren. Dabei ist Schönheit allein leer und Liebe und Beziehung gehen ohne gegenseitigen Respekt und Achtung auch den Bach hinunter. Liebe ist ein Ziehen an einem Strang, bei dem keine der beiden Parteien die Überhand gewinnen sollte. Schließlich ist eine Partnerschaft keine Einbahnstraße sondern der gemeinsame Weg sollte für beide Richtungen offen sein. Und diese Grundbedingung ist noch immer selten genug erfüllt
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