von Vivienne – September 2004
Bischof Krenn – ein Gottesmann
Kurt Krenn, seines Zeichens nie unumstrittener Bischof von St. Pölten, steht vor der Ablöse. Auch wenn sich heute, wie zunächst voreilig angenommen, der Vatikan in Bezug darauf noch zurückhielt und den Rücktritt Krenns noch nicht offiziell machte die Wolken brauen sich schon zusammen und seine Tage in der niederösterreichischen Hauptstadt dürften gezählt sein. Besonders im Hinblick auf die bevorstehende Seeligsprechung des letzten österreichischen Kaisers Karl, bei der Krenn anwesend sein sollte: nach dem Pornoskandal im Priesterseminar von St. Pölten möchte man wegen des Bischofs kein unnötiges Aufsehen bei dem heiligen Akt auf sich ziehen.
Krenn, 1936 im Mühlviertel in Oberösterreich geboren, polarisierte von Anfang an die Menschen mit denen er zu tun hatte. Die einen liebten ihren Priester, der Leute auch mal auf ein Bier einlud, damit sie dafür am Sonntag in die Kirche kamen, für die anderen war er ein mehr oder weniger reaktionäres Schreckgespenst. Krenn agierte stets als erzkonservativer Gottesmann, pragmatisch und papstkonform repräsentierte er jene Gläubigen, die streng an der Bibel und konservativen Kirchengesetzen festhielten. Dabei fühlte sich seine eigene Familie nicht immer so ehern mit Gott verbunden. Von einem Mann aus der Geburtsgemeinde Krenns erfuhr ich vor Jahren zufällig, dass dessen Eltern während des unseligen dritten Reiches als überzeugte Nazis Hitler treu ergeben und aus der Kirche ausgetreten waren.
Erst nach der Wiederkehr der Demokratie in Österreich fanden sie wieder in den Schoß der Kirche zurück. Umso unerbittlicher vertrat aber Krenn selber die ehernen Doktrinen der Kirche. Nicht unumstritten wurde er vor 13 Jahren Bischof von St. Pölten (vorher war er Weihbischof von Wien gewesen) und sorgte seither ständig indirekt oder direkt für Rauschen im Blätterwald und viel Aufregung. Nach dem Motto Viel Feind, viel Ehr scharte er jede Menge Gegner und Kritiker um sich, wobei er bei der Wahl der Mittel zur Bekämpfung so gar nicht zimperlich war. Krenn ließ dem Vernehmen nach gerne in der Vergangenheit seiner erbittertsten Angreifer forschen, um diese dann mit wunden Punkten mundtot zu machen. Jeder wie er am besten kann
Die letzen Jahre verliefen nicht immer leicht für den gottesfürchtigen wie beleibten Kirchenfürsten, um den sich auch wegen dessen Figur sehr viele Witze rankten. Gesundheitlich angeschlagen gingen die Gerüchte von Parkinson bis Alkoholismus. Was auch immer nun den gebürtigen Mühlviertler plagt, man sieht ihm an, dass es ihm nicht gut geht. Die Affäre im St. Pöltner Priesterseminar dürfte dem streitbaren Gottesmann nun das Genick gebrochen haben. Oder besser gesagt, die zwiespältige Rolle, die er dabei anscheinend gespielt hat. Vorwürfe, die Vorfälle wären schon sehr lange vor deren endgültigen Aufdeckung bekannt gewesen aber nicht weiterverfolgt worden, wurden von der Kirche nie wirklich entkräftet.
Krenn musste sich in der Folge einen Aufpasser gefallen lassen. Visitator Küng aus Vorarlberg übernahm das Kommando und verpasste dem niemals redefaulen Bischof auch einen Maulkorb, dem sich der nur ungern beugte, obwohl er sich gerade in dieser Angelegenheit mit seinen Aussagen mehr schadete als nutzte. Zu Papst Johannes Paul II hatte der umstrittene Bischof stets einen guten Draht und aus diesem Grund hoffte er wohl geraume Zeit, einer Amtsenthebung bzw. einem erzwungenen Rücktritt zu entgehen. Aber auch wenn die Öffentlichkeit niemals wirklich die wahren Umstände im Porno- und Homo-Skandal im St. Pöltner Priesterseminar erfahren wird, weil die Kirche sicher zu verhindern weiß, dass noch mehr unliebsame Details durchsickern werden intern hat Krenn dadurch enorm viel Prestige eingebüßt, weil er die Zügel schleifen ließ oder auch nicht eingriff, als sich mehr Schaden noch verhindern hätte lassen.
Eine weitere Episode in der jüngsten Vergangenheit, die ein schiefes Licht auf die arg gebeutelte Katholische Kirche wirft. Krenns Rücktritt wird früher oder später ja doch erfolgen, auch wenn seine Freunde und Anhänger jetzt schon deswegen rotieren. Ohne es vermutlich zu wollen hat Krenn in gewisser Weise eine weitere Tür aufgestoßen, die in der Katholischen Kirche radikale Änderungen unausweichlich machen. Änderungen, die wohl durchaus in eine Richtung gehen werden, die so gar nicht nach dem Geschmack des beleibten Bischofs sein dürften. Aber auch wenn der Fluss der Kurskorrektur erst nach dem Tod des jetzigen Papstes so richtig in Schuss geraten wird die Weichen werden schon jetzt gestellt
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