von Vivienne – November 2004
Das Fest des schnöden Mammons
Weihnachten, das vermeintliche Fest der Liebe, wirft erneut seine Schatten voraus. Und auch wenn wir daheim jedes Jahr wieder diskutieren, ob wir nicht besser gar nichts mehr schenken, man kommt am Fest des Zwangskaufs nicht vorbei. Und sei es nur in der Arbeit durch diverse Weihnachtsfeiern. Dem Zwangsgedudel in den Supermärkten und anderen Geschäften ist man ohnedies mit aller Macht unterworfen, wobei der Durchschnittskunde bei der weihnachtlichen Berieselung ohnedies lieber davon laufen würde als zu kaufen. Aber die meisten halten sich tapfer, Hauptsache gekauft, und wen kümmert es noch, ob das Geschenk auch Freude macht? Bei dem verlängerten Umtauschrecht in vielen Shops und Einkaufszentren kommt auf Umwegen jeder noch zu einem halbwegs passablen Präsent.
Schenken als Pflichtübung. Schenken um des Schenkens willen. Je teurer – je besser – je lieber. Kein Wunder, dass Weihnachten mehr und mehr verkommt. Brauchtum gerät unter die Räder oder wird ebenfalls kommerzialisiert. Und dass in vielen Geschäften nur mehr der Weihnachtsmann kommt und das Christkind mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wird, gefällt mir so gar nicht. Santa begeht da eindeutig eine Revierverletzung, aber wem fällt das auf? Da die christliche Bedeutung längst nicht mehr im Vordergrund steht und nur möglichst viel gekauft werden soll, spielt es keine Rolle, wer die Geschenke bringt. Hauptsache, der Rubel rollt.
Aber das tut er nicht mehr unbedingt im erhofften Ausmaß. Alle Jahre wieder zahlen ein paar Branchen drauf. Und der Wettbewerb ist so stark, dass die Gewinnspannen immer kleiner werden. Dafür müssen die Gehälter des Verkaufspersonals herhalten, die (unbezahlten) Überstunden steigen. Die Freizeit und die Lebensqualität bleiben dafür auf der Strecke. Obwohl jedem logisch denkenden Menschen einleuchtet, dass man (zumindest) auf Dauer einfach nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt, träumt so mancher Geschäftsführer noch immer davon, dass er mit längeren Öffnungszeiten zumindest den Umsatz steigern kann. Vielleicht gelingt ihm das sogar einige Zeit wirklich, aber nicht auf Dauer.
Nicht bei Rezession, nicht bei immer mehr Arbeitslosen, immer weniger Einkommen und immer höheren Preisen für alle möglichen Artikel. Und uns in Österreich geht es vergleichsweise noch sehr gut. Bei den Lieblingsnachbarn in Deutschland herrscht in so manchem Haushalt Ebbe, sogar auf fast selbstverständliche Dinge wie Kabel- oder Satellitenfernsehen oder Internet muss teilweise verzichtet werden. Und auch wenn Kaufwut wie zu Weihnachten fast angeordnet ist per Gesetz: der eine oder andere kriegt nicht einmal dafür mehr Kredit. Ganz abgesehen davon: auch ein Kredit muss einmal zurückbezahlt werden. Das dicke Ende käme so oder so
Kauf jetzt, bezahl im Jänner! bewirbt so manches Versandhaus seine Dienste. Würden Sie sich darauf einlassen? Ich ehrlich gesagt nicht. Mir wäre das suspekt und ich hätte kein gutes Gefühl dabei. Bezahlt ist bezahlt. Aber nicht wenige gehen auf diesen Deal ein und vergessen dabei, dass das Konto auch im neuen Jahr nicht vor Guthaben überquillt. Ja, die Fixausgaben fressen auch dann noch die Butter vom Brot. Aber was tut man nicht: für die Kinder, für den (vermeintlich?) liebsten Menschen, für die liebe Verwandtschaft. Aber ganz abgesehen davon, dass einem diese Geschenksverpflichtungen auferlegt sind man wird ja selber auch genauso Opfer der Schenkmanie anderer. Mit allen negativen Konsequenzen: von der geschmacklosen Vase bis hin zur fünfzigsten Krawatte, die wieder nirgends dazu passt.
Geht es Ihnen auch öfter so? Zumindest manchmal Ich könnte Bände schreiben über Geschenke, die ich nie wollte und die am Dachboden verschwunden sind und nie mehr wieder das Licht der Erde erblickt haben. Am liebsten nehme ich ehrlich gesagt Gutscheine, vorzugsweise Marke Douglas, Amadeus oder Bipa. Da kann nichts mehr schief gehen, weil ich mir dann selbst das auswähle, was ich mir wünsche. Aber zugegeben, so wichtig wäre mir ein Geschenk zu Weihnachten gar nicht. Überhaupt nicht. Am meisten würde es mir Freude machen, einfach mit der Familie Weihnachten beisammen sitzen und ein paar gemütliche Stunden zu verbringen. Mit gutem Essen, Weihnachtsknabbereien, Kaffee und etwas Schnee.
Ja, ehrlich. Ich bin romantisch, ich träume schon ein wenig von der weißen Weihnacht. Nicht von der Schneelawine aber von angezuckerten Bäumen und einem gemütlichen Spaziergang bei winterlichen Temperaturen und einem warmen Gefühl in mir drinnen. So wie im Vorjahr Dafür würde ich offen gesagt alle Geschenke der Welt tauschen. Sind wir doch ehrlich: Fast jeder von uns kann sich heute fast alles leisten, was er möchte. Diese Geschenkeverteilerei ist im Grunde nichts anderes als Geld umschichten. Sollten wir uns nicht viel lieber Dinge schenken, die nicht so geldig und prestigeträchtig sind? Zeit. Oder Liebe. Oder einfach Aufrichtigkeit. Klingt zwar alles sehr banal, wäre aber einmal eine Überlegung Wert
Link: Alle Beiträge von Vivienne