Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  Juni 2004



Der Ruhm eines Stars

Das 20. Jahrhundert hat sie mit der Erfindung bzw. der Weiterentwicklung von Film- und Tonträgern und neuen Medien erst möglich gemacht: Stars hielten Einzug in unser Leben – aus unzähligen Branchen: Film, Musik (E wie U), Sport, Literatur, Alter Adel, Königshäuser,… Dieses Startum entwickelte eine derartige Eigendynamik, die kaum jemand vorhergesehen hätte. Fanclubs entstanden, die Regenbogenpresse begann sich (in späterer Folge mit ihren lästigen Paparazzies) in allen Einzelheiten mit dieser Spezies auseinander zu setzen. Ein Star zu sein erschien so verlockend und begehrenswert, dass viele – wenn sie schon selber nicht Karriere machten – so wenigstens Teil haben wollten am Leben ihrer Lieblinge.

Ein Star wird umjubelt, ein Star ist reich, glücklich und so erfolgreich! Ja, vielleicht, irgendwann einmal in seiner Karriere, aber längst nicht immer. Ganz im Gegenteil. Schon früh wurde den Angehimmelten bewusst, wie schwer es ist, mit dem Erfolg fertig zu werden, vor allem mit den Fans, mit dem öffentlichen Privatleben und dem Druck, weiter erfolgreich sein zu müssen. Der Erfolg von Filmen, CD’s oder Songs bzw. Romanen lässt sich nicht vorausplanen. Und der Ruhm hat es trotz seines unangenehmen Beigeschmacks an sich, das er süchtig macht, süchtig nach mehr – nicht anders als Kokain.

Das Dilemma eines Stars. Den exzessiven Lebensstil weiter zu finanzieren, geschiedene Lebenspartner finanziell abzugelten, und weiter dem enormen Druck durch Anhänger, Produzenten, Regisseure oder Songwriter, etc… standzuhalten. Nicht wenige scheitern mit ihrem Leben, wenn der Erfolg ausbleibt. Trotz aller seiner Nebenwirkungen. Sind ja teilweise wirklich harte Bandagen, wenn man von berufsmäßigen Mistkübelklaubern, bestochenem Personal oder einfallsreichen Fotographen  bloßgestellt wird. Jeder kleine Krach in der Beziehung zur Tragödie hochstilisiert wird, ebenso wie ein ganz harmloses Abendessen mit einem den Medien unbekannten Mann (oder einer unbekannten Frau) an der Seite.

Teilweise kann ich durchaus nachvollziehen, dass ein Ernst August von Hannover Parasiten wie den oben aufgezählten nicht nur verbal sondern auch handgreiflich klar machen möchte, dass sich jene Herrschaften an ihre Grenzen halten sollten. Allein, die Wahl seiner Mittel ist falsch, im 18: Jahrhundert  hätte man ihm applaudiert, aber die moderne Gesetzgebung schützt nicht die Privatsphäre einer „öffentlichen Person“ sondern ahndet viel mehr Übergriffe auf Mitarbeiter von stargeilen Medien – auch wenn sie so penetrant wie ein Gelsenschwarm über einen herfallen. Also blüht diese Sparte, auch wenn man von seriöser Berichterstattung in den Redaktionen wohl kaum reden kann.

Was an derartig Unsäglichem gedruckt wird, wird auch gelesen, und sei es noch so an den Haaren herbeigezogen. Beispiele gefällig? Prinz Charles müsste schon längst an Knochenkrebs verstorben sein, wenn man einem bestimmten Blatt Glauben schenken dürfte. Queen Elizabeth wurde insgesamt 64 (!) Mal schwanger gemeldet – von einer einzigen britischen Gazette. Vor mehr als einem Jahr titelte eine „gut informierte Zeitschrift“, dass Andre Agassi seine Gattin Steffi Graf ständig in der Öffentlichkeit demütige – kaum zu glauben, dass diese selbstbewusste Frau von diesem „unmöglichen“ Mann vor einem halben Jahr schon wieder ein Kind bekam. Es lebe der Einfallsreichtum – und das schlechte Gedächtnis der Leser!

Denn neugierig sind sie alle (Frauen vor allem bei Stars und Adel, Männer was Sportpersönlichkeiten betrifft), und dem wird Rechnung getragen. Und die Omniopräsenz in den Medien, die die Berühmtheiten quasi ins Wohnzimmer liefert, erhöht auch die Zahl der krankhaften Auswüchse von Starruhm. Fans, die sich in ihre Idole verlieben, diese belästigen, bedrohen oder beschatten bis hin zum Psychoterror um an das Objekt der Begierde heranzukommen. Kein so genannter Star möchte das am eigenen Leib erleben, aber berühmt sein wollen sie alle, die kleinen, unbekannten Schauspieler, die namenslosen Bands oder die zahllosen Schreiberlinge, wie Ihre Vivienne, die von ihrem Durchbruch träumen.

Erfolg ist ein zweischneidiges Messer. Für einen Film Weltruhm zu erlangen oder vielleicht sogar einen Filmpreis zu gewinnen, macht viel von dem Schweiß und den Tränen wett, die bis dahin auf dem steinigen Weg zum Olymp des Ruhms vergossen wurden. Ähnlich liegt der Fall bei einem Künstler oder einem Rockmusiker. Trotzdem frage ich mich immer wieder, ob es nicht auf lange Sicht der bessere Weg ist, unbekannt und mäßig erfolgreich zu bleiben. Sich zwar in seiner geliebten Materie zu engagieren ohne aber ehrgeizige Pläne, zu den Größten der Großen zu gehören, zu entwickeln.

Die Entscheidung muss natürlich jeder selber treffen, so weit Ruhm, soweit Startum planbar ist. Sehr viele kämpfen um den Platz an der Sonne, ohne jede reelle Chance, weil halt im richtigen Moment jemand anderer die wichtige Rolle (oder den Plattenvertrag) bekam und einem damit den ersehnten Erfolg wegschnappte. Wie auch immer – jeder, der in ein derartiges Fach drängt tut es nicht ohne den Hintergedanken, vielleicht irgendwann ganz oben zu stehen, auch wenn ihm klar ist, dass er mit den großen Plänen auch scheitern kann. In den USA gibt es so viele Nachwuchsschauspieler, die bei Imbissen jobben, um sich über Wasser zu halten…

Manch eine/r von ihnen wird auch nur immer wieder in Pornofilmen verbraten ohne je den ersehnten Oscar in Empfang nehmen zu können, obwohl man möglicherweise genau weiß, dass man das Zeug dazu hätte. That’s Life, nicht nur der Ruhm, auch der Hunger danach machen süchtig. Ich halte wenig vom Griff nach den Sternen, auch wenn ich sie immer wieder gerne betrachte. Lieber stehe ich mit beiden Beinen fest auf dem Boden und halte mich an Dinge, die greifbar sind, logisch, machbar. Und wenn ich träume, dann höchstens von der Liebe…

Vivienne

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