Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  Juni 2004



Die Faszination des Mediums Radio

Radio war immer mein Medium, und das trifft auch heute noch bis zu einem gewissen Grad zu, wo ihm Fernsehen, Kino oder Internet längst den Rang abgelaufen haben. Woran liegt das? Genau kann ich es selbst nicht begründen. Wahrscheinlich hat es viel damit zu tun, dass Radio die Fantasie beschäftigt. Man hat keine Ahnung, wem die Stimme gehört, die  gerade aus den Lautsprecherboxen ertönt, und man hat die Möglichkeit, sich ein Gesicht  zur Stimme auszudenken, einen Menschen, den es vielleicht nicht wirklich gibt, der vielleicht nur in der eigenen Fantasie existiert – aber unglaublich faszinierend.

Und genau das ist das Schöne. Fantasie – davon lebt meine Kreativität, und es ist sicher keine Übertreibung, dass ich im Laufe meines Lebens viel davon profitiert habe, dass meine Fantasie, meine Gedanken durch das Radio beflügelt wurden und werden. Das heißt, ich gehe selber davon aus, dass ich auch beim Schreiben durch meine Leidenschaft für das Radio stark beeinflusst wurde. Dabei fing ich recht bieder an mit Radio Oberösterreich, Haymo Pockberger und „Alles klar, Herr Kommissar!“. Pockberger ist längst Radio-Geschichte und in der verdienten Pension, ich selber fand meine große Radio-Liebe in Bayern 3, einem erstklassigen Sender, spannend gemacht mit tollen Hintergrundinfos über Stars und Oldis und tollen Sendeformaten.

Mein Wissen in dem Bereich Popmusik war einmal so enorm, dass ich selber von einer Karriere beim Radio träumte – allerdings vorerst und lange Zeit vergeblich. Weit und breit keine Chance in einem öffentlich rechtlich orientierten Österreich. Ö3, das sei nur am Rande erwähnt, hatte bei mir nie ein Leiberl. Moderatoren wie Dominik Heinzl, Udo Huber oder die unsägliche Martina Rupp, die mittlerweile beim Fernsehen fuhrwerken darf, vergällten mir das Hitradio schon früh. Außerdem bin ich der Ansicht, dass sich auch bei den Obersten dieses Staatsfunks einmal herumsprechen sollte, dass das Leben „kein HIT“ sondern eine Aufgabe ist…

Keiner war glücklicher als ich, als in Österreich am 1. April 1998 Privatradio Einzug hielt – nichts ahnend, dass ich selber schon ein gutes Jahr später meine erste Chance erhalten würde, „on air“ zu gehen. Im Zuge eines Frauenprojektes ergab sich die Möglichkeit beim Linzer Sender „Radio FRO“ monatlich eine Sendung zu gestalten. Bei allem Chaos und aller Nervosität im Zuge der Vorbereitungen wurde mir an jenem Dienstag im Juni 1999 bewusst, wie sehr mir das Radio wirklich liegt! Und ich glaube, ein wenig liebt es mich auch!

Einige Sendungen gestaltete ich im Laufe der folgenden Monate, die meisten davon dann allein – Unstimmigkeiten im Projekt selber sowie eine Meinungsverschiedenheit mit dem Sender im organisatorischen Bereich bedeuteten so wohl das Ende des Projektes als auch der Sendung. Ich nahm Abschied vom Medium Radio, nicht ohne Entzugserscheinungen, aber mit dem Wissen, dass der Status Quo nicht zu ändern war. Ich lernte mit der Situation umzugehen und schob diesen großen Wunsch beiseite. Letztlich sucht man heutzutage im Radio vor allem auch unverbrauchte, flexible Leute, wenn es geht, unter 25, und bei allem Ideenreichtum und einer guten Stimme gehöre ich nicht zu jener Zielgruppe, die im Sinne der Programmchefs ein junges Publikum begeistern soll.

Ob diese Altersgrenze sinnvoll ist, will ich hier gar nicht diskutieren – sie wird gelebt, und diese Gegebenheiten muss ich akzeptieren. Auch eine einmalige Rückkehr in ein Radiostudio im Februar 2002, als ich bei Peter Michael Leitner auf Life Radio die Werbetrommel für die Bohne schlug, änderte nichts daran, obwohl ich weiß, dass ich gut rüber kam und mit Sicherheit auf ein Talent für das Radio machen verweisen kann. Radio ist heutzutage schrill, hipp, peppig, voller Jingles, alles ist super und klass und trendy oder eben ein Hit. Staatsfunk oder „Privat“ – vieles ist an den Sendern austauschbar: Sprecher, Werbung, Sendungen.

Viel zu wenige Persönlichkeiten oder „echte Stimmen“ – wie zum Beispiel Constanze auf Life Radio – machen dieses Medium mehr und mehr fad. Reduziert teilweise auf Hits aus den letzen 20 – 25 Jahren, verliert es viel an (musikalischer) Farbe und Bandbreite. Es laufen fast nur mehr Singlehits (und da immer dieselben), CD- oder Album-Tracks haben keine Bedeutung, fallen durch den Rost. Der Hörer wird manipuliert und merkt es nicht einmal, lässt sich den Einheitsbrei als Traumformat verkaufen. Hits werden gemacht wie die vermeintlichen Stars, Charts manipuliert und Sternchen wieder fallen gelassen.

So sieht das moderne, gängige Radio heute vielerorts aus. Gleichgeschaltet, man könnte nach fünf Minuten hören oft nicht einmal sagen, welcher Sender gerade eingestellt ist. Meine Faszination hat etwas nachgelassen, aber daheim, wenn ich am PC werke und einen neuen Beitrag schreibe oder einfach surfe, läuft oft das Radio, und dann meistens Life Radio, so wie jetzt. Ich mag einfach die Musik und die Zusammenstellung der Songs spricht mich noch am meisten an. Die Moderatoren haben für mich bereits Erkennungswert, ja, ich hab auch schon zu jedem ein Gesicht im Kopf, obwohl ich nur Peter Michael Leitner und Constanze schon persönlich kennen gelernt habe. Meine Fantasie hab ich noch nicht verloren….

Vivienne

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