von Vivienne – Mai 2004
Führerscheinentzug auf ewig?
Dieser Tage vermochte einem jene Schlagzeile in Österreichs bekanntestem Kleinformat schon einen kleinen Schreck zu versetzen. Die Lizenz zum Fahren – abgenommen für den Rest des Lebens? Das klingt, als wolle die Regierung, denn der ÖVP ist dieser Gedankenblitz entsprungen, ernst machen. Fahrer, haltet euch fest, die Zeiten werden schlechter, es weht ein anderer Wind und die Ordnungshüter können euch das Schlimmste von allem antun, nämlich eurer Herrschaft über das Auto ein Ende bereiten
Tatsächlich, die ÖVP möchte im Zuge des geplanten Punkteführerscheins rigoroser gegen Rowdys, Alkolenker und Ähnliches vorgehen. Der Vorstoß klingt ja grundsätzlich auf dem ersten Blick nicht schlecht. Wer selber schon auf der Autobahn ein paar bange Momente erlebte, weil er von einem King of the Road, meistens in exklusiver Schüssel, abgedrängt oder sonst in eine prekäre Situation gebracht worden ist, wird zustimmend mit dem Kopf nicken. Nach der Führerscheinprüfung nehmen einige die Straßenverkehrsordnung einfach nicht mehr ernst, und das müssen dann sehr viele andere Autolenker ausbaden.
Unter diesem Aspekt scheint der Gedanke der ÖVP also wirklich nicht übel zu sein, auch wenn man die Zahl der Verkehrsdelikte betrachtet, die Statistiken über die Alkolenker studiert und jene über die der Autounfälle mit Todesfolge. Ich selber konnte jedoch nur den Kopf schütteln, als ich diesen Artikel las. Führerscheinentzug auf ewig? Und wie viele Autofahrer sind jetzt schon ohne den rosa Schein unterwegs? Einfach so? Ungestraft? Wer hat nicht schon in der einen oder anderen Tageszeitung nachlesen können, dass einem alkoholisierten Autofahrer der Führerschein abgenommen wurde und er danach gleich wieder einer Kontrolle ins Netzt ging?
Weil der gute Mann (oder die gute Frau, im Sinne des Gleichstellungsparagraphen wenden wir uns an Männer wie Frauen ) nicht einmal im Traum daran dachte, ohne Führerschein sein Fahrzeug abzustellen und mit dem Taxi heimzufahren. Und so mancher kommt auch noch durch mit dieser Frechheit, weil man nicht an jeder Straße eine Kontrolle durchführen kann. Auto haben, Auto fahren das ist eine Prestigesache in der heutigen Gesellschaft. Du kannst einem Mann seinen Führerschein nehmen, vielleicht auch sein Auto, aber niemals den eisernen Willen, ein Auto zu lenken
Halten Sie meine Überlegungen für überzogen? Ich denke nicht, dass sie unrealistisch sind, ganz im Gegenteil. Ich kenne genügend Geschichten von Leuten, die lange Zeit ohne Führerschein unterwegs sind, ja nie im Leben einen gemacht haben, weil sie der Ansicht sind, dass sie ohnedies gut fahren und eine Schulung nicht nötig haben. Teilweise sind diese Naturtalente Jahrzehnte ohne Führerschein und ohne Verstoß gegen die Verkehrsregeln unterwegs, ehe sie bei einer Routinekontrolle zufällig auffliegen.
Kurios ist, dass diese jahrelange, unfallfreie Praxis keine Gewähr darstellen muss, die Führerscheinprüfung auf Anhieb zu bestehen. Ich weiß von einer derartigen Lenkkünstlerin, die drei Mal antreten musste, bis sie trotz ihrer Routine das begehrte rosa Papierl endlich errang, weil sie das Procedere einer Prüfung und das mangelnde Wissen darum, worauf ein Fahrprüfer wert legt, vernachlässigte. Dazu kamen noch Kleinigkeiten, wie, dass sie zwar wusste, welche Auswirkungen ein Verkehrsschild für sie hat, sie es aber nicht beim korrekten Namen nennen konnte. Natürlich könnte man an dieser Stelle die Form der heutzutage praktizierten Führerscheinprüfung an sich schon in Frage stellen, aber das möchte ich jetzt gar nicht.
Ich würde viel lieber wissen, wie die ÖVP in Hinkunft kontrollieren möchte, dass Alkolenker und Verkehrsrowdys, denen man den Führerschein auf ewig entzogen hat, nicht trotzdem nach wie vor fahren, frisch drauf los, und sich weiter keinen Deut darum scheren, was die Behörde angeordnet hat? Es klingt grausam, wenn ich es hier so niederschreibe, aber einen unverbesserlichen Lenkartisten, der sich für Gott persönlich hält, ob er nun alkoholisiert am Steuer sitzt oder die anderen Fahrer mit nur seiner Fahrweise in Lebensgefahr bringt, wird nichts und niemand belehren oder überzeugen. Bestenfalls ein tödlicher Verkehrsunfall, bei dem er selber auf der Strecke bleibt.
Fahren ist auch eine Sache des Charakters. Wenn der Charakter nicht stimmt, nutzt auch die höchste Strafe nichts, ganz im Gegenteil. Populistisch gedacht von der ÖVP, derart Anhänger und Sympathisanten zu mobilisieren, aber nicht sehr klug. Der Alttag auf der Straße straft diese Ideen Lügen
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