von Vivienne – Februar 2004
„Graue Panther“ als Zünglein an der Waage
Mein Vater, Jahrgang 1929 und seit 1989 aus gesundheitlichen Gründen nach Jahrzehnten des Schichtelns im verdienten Ruhestand, traute seinen Augen kaum, als er neulich seine Pension bekam. Statt eines Plus von ohnehin völlig lächerlichen 10 Euro musste er feststellen, dass ihm unterm Strich sogar weniger blieb als noch im alten Jahr. So wie ihm ging es in Österreich vielen Pensionisten (mehr als einer Million): durch Streichung diverser Absetzposten und Ähnlichem mussten sie de facto alle eine Pensionskürzung hinnehmen.
Verständlicherweise ist nicht nur mein Vater sauer deswegen. Der Eintritt in die Pension ist ohnedies für jede/n mit Abstrichen beim Lebensstandard, bei Luxusgütern oder Urlaubsreisen verbunden. Die Blau-Schwarze Regierung hat es in ihren Belastungspaketen außerdem geschafft, gerade auch die Rentner schweren finanziellen Belastungen zu unterwerfen. Stichwort Ambulanzgebühr, aber auch durch den Versuch, speziell Pensionisten mit Billigmedikamenten abzuspeisen, mit Generika, die zwar denselben Wirkstoff enthalten wie teurere Medikamente, die aber nicht jedem im gleichen Maß helfen müssen wie das Original. Weil sich die Medikamente eben doch unterscheiden
Nun, Kanzler Schüssel wird in völliger Selbstüberschätzung sicher im Moment noch nicht wirklich berühren, dass er sich da mit einer Gruppe der Bevölkerung angelegt hat, die langsam aber sicher die Nase voll hat von seinen Durchmärschen in Sachen Belastungspaket oder eben Pensionskürzung. Die nächsten Bundeswahlen sind im Moment noch weit weg und Kanzler Schröder hat in Deutschland hinlänglich vorgeführt, dass man Wahlen auch gewinnen kann, wenn man länger als drei Jahre mehr Recht als schlecht dahinpfuscht um dann im richtigen Moment zu glänzen (Hochwasser). Mit seinem Glück spekuliert unser Kanzler auf jeden Fall noch, doch ob ihm das Glück der letzten Jahre nicht bald auf den Kopf fallen könnte, wird das heurige Jahr beweisen.
Fünf Wahlen stehen heuer in den Bundesländern an, und dass sich die Österreicher nicht mehr alle Entscheidungen der Regierung ohne Weiteres hinnehmen, konnte man schon in Oberösterreich im Herbst des letzten Jahres erkennen: die Sozialdemokraten unter einem anderen Haider gingen als Wahlsieger hervor und ohne eine gewagte Rochade von Landesvater Josef Pühringer mit Hilfe der Grünen unter Rudi Anschober würden jetzt vielleicht im Linzer Landhaus schon andere Zeiten herrschen. In dem Zusammenhang stellen sich zwei Fragen: Wird sich Schüssel (zum Beispiel mit Hilfe der Grünen) nicht immer auf diese Weise aus der Affaire ziehen, wenn es ein schlechteres Wahlergebnis verlangt?
Und weiters: Muss Schüssel überhaupt eine Gruppe wie die Pensionisten, die Grauen Panther fürchten? Immerhin konnte er schon bei der letzten Bundeswahl den Wählern erfolgreich ein X für ein U verkaufen. Wie heißt es so schön: Der Krug geht solange zum Brunnen bis er bricht Es ist klar, dass ein Regierungsangebot auf Landes- oder Bundesebene für die Grünen immer schmeichelhaft und mehr als nur interessant sein wird. Ob sich die Grünen allerdings dauerhaft zum willigen Entscheidungsträger der ÖVP degradieren lassen, steht auf einem anderen Blatt Papier. In Oberösterreich funktioniert das Experiment bisher sehr gut, was aber auch daran liegt, dass Pühringer ohnedies immer ein gemäßigter und kompromissbereiter Schwarzer war, der bundesweit stets für Schwarz-Rot eingetreten ist.
Ein Experiment von einem Bundesland eins zu eins in die Bundesregierung zu übertragen, ist also eine ganz andere Sache. Ich bin davon überzeugt: so leicht werden es die Grünen Schüssel und seinen Weggefährten nach einer neuen Wahl nicht machen. Dazu kommt dass unser aller Bundesschussel einen Faktor in seiner Rechnung nicht vergessen sollte: von den etwa 6 Millionen Wahlberechtigten sind rund 2 Millionen schon Pensionisten, sie stellen also de facto ein Drittel der Wählerschaft. Das ist ein unerhörtes Potential, eine Macht, mit der man Wahlausgänge durchaus steuern kann. Noch sind sich die Leute sicher uneins, und nur etwa die Hälfte von ihnen war zu Beginn des Jahres von der Pensionskürzung betroffen. Aber das Jahr 2005 kommt mit der Gewissheit des nächsten Jahreswechsels, und wer weiß, was diese unsoziale Regierung noch an Sparpaketen plant: auf Kosten von uns Erwerbstätigen, aber auch auf Kosten derer, die schon im Ruhestand sind.
Bereits am 7.März stehen in Kärnten (Landeshauptmann Haider, FPÖ) und in Salzburg (Landeshauptmann Schausberger, ÖVP) Landtagswahlen an. Die Arbeiterkammer hat bestätigt, dass jeder zweite der wahlberechtigten Pensionisten in diesen Bundesländern wie im Bundesschnitt durch die Pensionsreform Einbußen hinnehmen musste. Verständlich, dass beide Landeshauptleute, deren Parteien ja in der Regierung vertreten sind, diesen Wahlen mit gemischten Gefühlen entgegen sehen. Beider Sesseln zittern gewaltig, auch wenn man versucht, mittels Sonderaktionen speziell den Kleinstpensionisten ihre Verluste zu ersetzen. Ob diese Versuche noch etwas nutzen oder am Wahlausgang ändern werden, ist mehr als ungewiss.
Die Frage ist nämlich, wie lange die Pensionisten noch tatenlos zusehen, was diese Regierung auf ihre Kosten und auf Kosten aller Staatsbürger durchzieht. Wenn sie erst gemeinschaftlich realisieren, dass sie miteinander die Power haben, diesen Kanzler aus seinem Thron zu heben, könnte wieder eine neue und sozialere Ära in Österreich anbrechen. Schüssel selber wird sich sicher noch nicht den Kopf zerbrechen, weil er die Grauen Panther als Ganzes nicht als Gefahr sieht sondern eher als leicht beeinflussbare Senioren, denen er weiter eine Menge erzählen kann, wenn er sie braucht. Ob er sich da auf Dauer aber nicht irrt, der gute Wolferl
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