von Vivienne – Juli 2004
Was einen Gottesmann ausmacht…
An Skandalen und fragwürdigen Entscheidungen war sie zu keiner Zeit arm, die Katholische Kirche, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart. Ohne darauf jetzt im Detail eingehen zu wollen, hat sich in mir doch im Laufe der Zeit das Gefühl entwickelt, dass es unserer Amtskirche schon lange nicht mehr um die Menschen darin geht. Vielmehr wird eine bestimmte Politik verfolgt, die auch auf unsere Gesellschaft abfärben soll und die wenig von dem revolutionären wie lebensnahen Gedankengut enthält, das Christus einmal in die Welt gebracht hat und wofür er dann auch gekreuzigt wurde. Christus starb für uns, das ist eine Kernaussage der Katholischen Kirche, gestorben ist er aber im Besonderen auch deshalb, weil er in den Augen der Römischen Besatzungsmacht die Leute aufwiegelte, wodurch sich diese bedroht sahen.
Man meint fast, dass in der Amtskirche heute speziell jener Menschentyp das Sagen hat, den Christus vor gut 2000 Jahren am schärfsten kritisierte: Pharisäer, Heuchler und unter anderen auch Leute, die mit der Angst arbeiten, um die Gläubigen zu kontrollieren. Reiner Horror jene Erinnerungen meiner Mutter an den Religionsunterricht durch den Herrn Dechant, der nur vom Höllenfeuer schwafelte, von Gottes Schwert und von der ewigen Verdammnis. Der Weltuntergang bzw. ein alles vernichtender 3. Weltkrieg schienen allgegenwärtig. Dass man kleinen Kinder damit ein völlig irreales Weltbild vermittelt und sie damit auch teilweise völlig verstört und eingeschüchtert hat, war dabei durchaus nicht unbeabsichtigt, meine ich heute. Auch auf die wortgetreue Auslegung der Bibel wurde viel zu lange großen Wert gelegt, bis man den Entdeckungen der Wissenschafter nichts mehr entgegen zu setzen hatte.
Die Kirche hatte immerhin nicht mehr die Macht vieler Jahrhunderte, jeden Entdecker mundtot oder hinrichten zu lassen. Seither schwimmen den obersten Katholiken irgendwie die Felle weg. Und jene Endzeitschilderungen, mit denen man früher die Menschen kontrollierte, veranlassen heute viele eher zum Lachen. Die Kirche hängt irgendwie in der Luft. Noch immer stark jene Mächte, die stur und unverbesserlich an Regelungen festhalten, die ihre frühere Bedeutung und Sinnhaftigkeit längst verloren haben. Die Unauflösbarkeit der Ehe sollte einmal dem Schutz der Familie, der Frau und den Kindern dienen Funktionen, die heutzutage im Notfall nicht nur teilweise der Staat bereits wahrnimmt. Auch die Frauen selbst nehmen ihr Leben längst selber in die Hand sie müssen nicht mehr ernährt werden, auch wenn sie Kinder haben.
Ähnliches gilt für das Edikt der Keuschheit. In einer Zeit, in der viele verschiedene und sichere Verhütungsmittel zur Verfügung stehen und bei einiger Vorsicht niemand mehr ungewollt schwanger werden muss, wirkt es realitätsfern und deplaziert, weiterhin auf keinen Sex vor der Ehe oder ohne christliche Ehe zu pochen denn Sex an sich ist Gott gewollt und mit Sicherheit nichts Schlechtes. In welcher Form auch immer von den Partnern gleichberechtigt praktiziert. Auch über die überholte Stellung der Frau in der katholischen Kirche könnte man wohl stundenlang diskutieren, so ewig gestrig und unverständlich wirkt sie auf jene, die mit gesundem Denken und Empfinden in der Welt stehen. Ebenso wie das Zölibat wie sollte zum Beispiel ein unzweifelhaft etwas verklemmter Mann jemandes – angenommen mal, es wäre so – Beziehungsprobleme verstehen, wenn er nie in seinem Leben eine Beziehung gelebt hat und gar nicht nachvollziehen kann, was einem bei verschiedenen Zwistigkeiten durch den Kopf geht?
Man kann halt nur Rat erteilen bzw. über Dinge reden, von denen man auch eine Ahnung hat alte Verse und Verhaltensregeln aus den Zeit vor Christie Geburt helfen einem nun mal nicht, wenn man um einen Partner kämpft, mit dem man in einer modernen Welt lebt. Zudem hat die Kirche ihre eigenen Regeln und Gesetze nie wirklich bis in die Spitzen gelebt, ganz im Gegenteil fanden sich dort sehr weltlich veranlagte Sünder, doch auch die so genannte Basis wurde mehr und mehr unterwandert – von Leuten wiederum, die es wagten, zu zweifeln, sich ihre eigenen Gedanken zu machen und viele Order mehr und mehr in Frage zu stellen. Jetzt, am Beginn des 21. Jahrhunderts werden wir konfrontiert mit bedrückenden Meldungen aus den USA, in denen sich viele Katholische Pfarrer kaum mehr der Anschuldigungen wegen wiederholten Kindesmissbrauchs erwehren können. Eine Pfarre nach der anderen wird deswegen verklagt. Der Skandal in St. Pölten (siehe auch unsere aktuelle Umfrage!) hat die Kluft zu den Gläubigen dann bei uns noch vertieft.
Bischof Kurt Krenn scheint über den Dingen zu stehen und versucht (noch?) die Angelegenheit zu bagatellisieren. Ist das glaubwürdig? Der beleibte Kirchenmann hat ohnedies von Anfang an die Massen polarisiert. Wenige wissen übrigens, dass seine Eltern während des unseligen 3. Reiches überzeugte Nazis waren, die zeitweilig sogar aus der Kirche ausgetreten waren doch vom Schoß der Kirche nach dem Zusammenbruch demütig wieder aufgenommen wurden. Man kann eben irren Ist es also in dem Zusammenhang zielführend, angehenden Priestern Vorwürfe zu machen, dass sie ihre homosexuellen Neigungen ausleben? (Ganz angesehen jetzt von den Kinderpornos, die dort sichergestellt wurden derartiges ist unverzeihlich und abartig!!!) Ich meine, dass die Zeit reif wäre für eine Priesterschaft, in der sich ein Priester offen zu seiner Lebensgemeinschaft bekennen kann. Eine Beziehung, das sei ganz klar gesagt, ist etwas völlig Natürliches und Gesundes und besser als verklemmter Sex im Hinterzimmer und die Freundin oder den Freund ständig verstecken zu müssen.
Ein Priester wird schließlich nicht definiert durch seine Ehelosigkeit (oder besser gesagt, seine Asexualität). Einen Priester machen ganz andere Eigenschaften aus. Wenn ich mich so zurückerinnere, fällt mir immer der Pfarrer meiner Kindheits- und Jugendtage ein. Engelbert hieß er, der mit seiner warmen, herzlichen Art mein (Kinder-)Herz im Sturm eroberte. Ich lernte ihn kennen, als er in der 2. Klasse Volksschule die Vorbereitung auf die Kommunion bei uns machte. Groß, stark und schwer zuckerkrank, nahm er auch auf sich selber wenig Rücksicht, wenn es um die Menschen in seiner Pfarre ging, die immens groß ist. Auch wenn es für guten Zweck um körperlichen Einsatz oder auch nur um die Gaudi ging, zögerte er nie. Manches denkwürdige Fußballmatch hat er in der Lehrermannschaft gespielt und hatte einfach eine unwiderstehliche Art, auf Menschen zuzugehen. Auch in seinem Leben gab es eine Frau, was ein offenes Geheimnis in der Pfarre war. Gelebte Christlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes zeichnete ihn gerade deswegen aus oder wie steht doch in der Bibel selber …an ihren Taten sollt ihr sie messen
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