von Vivienne – März 2005
Die Bedeutung des Feedback
Wer – wie wir alle hier bei der Bohne – der schreibenden Zunft anzurechnen ist, freut sich normalerweise über fast alle Reaktionen, die er oder sie auf seine Beiträge erhält. Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass sich aus solchen Feedbacks immer wieder ganz interessante Emailwechsel entwickelt haben. Etwa mit einem Deutschen, relativ am Anfang meiner Bohnezeit, der meine Sichtweise über Spanner nicht teilte und durchaus auch versucht hat, mich in den zahlreichen Mails, die er mir eine Zeitlang schickte, aus der Fassung oder aus dem Konzept zu bringen. Als er das nicht schaffte, verabschiedete er sich wieder aus meinem Posteingang, nicht ohne den Seitenhieb, ich wäre wohl bei der Bild-Zeitung besser aufgehoben
Weniger amüsant der Grund einer jungen Deutschen mir zu schreiben. Ein Beitrag von mir über besitzergreifende Männer, die nicht loslassen können, veranlasste sie, mir ihr Herz auszuschütten über einen ehemaligen Lebensgefährten, der sie weiter terrorisierte ohne dass die Polizei wirklich die Möglichkeit hatte einzugreifen. In Sachen Tipps und Rechtsfragen konnte ich ihr leider nicht weiterhelfen, auch die Bohne Community reagierte auf meinen diesbezüglichen Aufruf unglücklicherweise etwas halbherzig. Das war persönlich sehr unbefriedigend für mich, aber bisweilen kann man an den Fakten zwar rütteln, aber nichts ändern
Feedback macht also nicht immer nur reine Freude, aber schon das Gefühl gelesen zu werden, stärkt das Selbstbewusstsein. Ein Gefühl, dass ich bei meiner Radio-Arbeit vor vielen Jahren in einem kleinen Linzer Privatsender in Urfahr völlig vermisste. Zwar hatte ich das Glück, zumindest zu einer akzeptablen Zeit on Air gehen zu dürfen und nicht mitten in der Nacht, wenn die Leute üblicherweise schlafen, aber das Feedback hielt sich nicht nur in Grenzen, meine zahllosen Aufrufe, mir die Meinung über die Sendung oder Anregungen via Email zu bekunden, wurde nicht ein einziges mal genutzt. Lediglich einmal erhielt ich während der Sendung einen Anruf von einer aufgebrachten Hörerin, die von ihren erdrückenden Erfahrungen als Altenpflegerin erzählte und offensichtlich nicht nur völlig zufällig in meine Sendung geraten war sondern sich auch wenig darum kümmerte, worum sich mein Thema drehte.
Aufforderungen ihrerseits, die einen psychisch sehr labilen Eindruck machte, mich durch laute Schreie auf Sendung mit ihrem Anliegen zu identifizieren und ein Zeichen zu setzen kam ich selbstverständlich nicht nach. Das war und ist nicht meine Art Sendung zu machen, war aber offensichtlich in den Sendungen anderer Interessensgruppen hier nicht unüblich. Der Anruf hinterließ einen ziemlich schalen Eindruck bei mir und verstärkte die Zweifel über meine Arbeit, und was ich damals noch nicht ahnte, nämlich, dass dies meine vorletzte Sendung sein würde, erscheint mir unter diesem Aspekt nur als eine logische Konsequenz.
Hin und wieder befindet sich unter meinen Leserbriefen, die manchmal häufiger und dann wieder eher selten eintrudeln, auch ein Fake. In meinem Fall trug sich das im letzten Jahr zu, als sich jemand besonders witzig sein wollend zu meinem Beitrag über die Wüstenrose äußerte. Die Wüstenrose, ein besonders schöner Edelstein, wurde von mir auf der Horoskopseite beschrieben, es gibt aber auch eine Pflanze dieses Namens, die sehr gern zu Weihnachten verschenkt wird. Und darauf bezog sich dieser weibliche Spaßvogel, obwohl der Beitrag genau genommen keinen Zweifel aufkommen ließ. Ich konnte mir denken, aus welcher Richtung der Wind kam, und ignorierte daher die Mail völlig.
Bisweilen schreiben mir auch Kinder. Einmal konnte ich einem Salzburger Hauptschüler bei einem Referat über Alkoholismus unter die Arme greifen, erst jüngst nahm ein junger Hermann-Maier-Fan zu meinen Artikeln über den Salzburger Schistar Stellung. Höhepunkt meiner bisherigen Karriere in der Bohne war neben einem sehr positiven Feedback von Klaus Ender und seiner Frau eine Mail eines Redakteurs der Wirtschaftswoche (!) zu meinem letztjährigen Interview mit Jürgen Höller. Auch wenn der großer Durchbruch wohl noch auf mich warten dürfte: kein schlechtes Gefühl, dass auch ein Mitarbeiter dieses renommierten Mediums über einen Beitrag in der Bohne auf mich stößt.
Finanzieller Erfolg, möchte ich abschließend sagen, ist für die schreibende Zunft selbstverständlich eine schöne Sache, aber erst durch das (ernsthafte) Feedback fühlt man sich im Normalfall auch wirklich anerkannt. Dadurch wird das Schreiben interaktiv, man kann sich austauschen mit dem Leser und erfährt im günstigsten Fall auch, wie anders dieser zu den eigenen Kindern steht. Wirklicher als jedes übertriebene Lob ist die ehrliche, konstruktive Kritik, die einem bei der Arbeit mehr weiterhilft als halbherzige oder berechnende Schönfärberei:
Ein Mensch, der dich nur lobt, nie kritisiert, das ist ein Mensch, der dich negiert
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