Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  Jänner 2005



Sterben für die Schönheit…

Ein aktueller wie tragischer Fall aus dem Bezirk Gmunden hat mir einmal mehr gezeigt, dass Schönheitswahn kein elitäres Virus ist, das sich nicht nur im Kreise von Schauspielstars und Popsängern (Lesen Sie, liebe Leser, dazu auch meinen Beitrag aus dem Vorjahr „Schönheit ist nicht alles…“) wie wild ausbreitet, sondern bereits auch weite Teile des „gemeinen Fußvolks“ infiziert hat. Eine junge, bildhübsche Frau, verheiratet und Mutter eines kleinen Kindes, fuhr, ohne etwas von ihren Plänen zu verraten, nach Ungarn, um sich die Oberschenkel absaugen zu lassen. Angeblich waren sie zu fett – wer allerdings einen Blick auf ein Ganzkörperfoto der Frau werfen konnte (etwa in einer Zeitung), wird sich auf den Kopf greifen.

Diese Frau war beneidenswert hübsch, und angesichts des schwerkranken Gatten daheim, stellt sich natürlich auch die Frage: findet sich in einem Haushalt, wo ohnedies Schmalhans Küchenmeister ist, überhaupt das Geld für einen derartigen Eingriff? Man sollte nicht unbedingt davon ausgehen, da der Gatte der jungen Frau durch eine schwere Krankheit arbeitsunfähig ist und sie selber als Kellnerin gearbeitet hat – kein Beruf zum reich werden. Aber in Ungarn, dem Billigland für Zähne, sind auch kosmetische Eingriffe dieser Art kostengünstiger – mit dem erhöhten obligaten Restrisiko. Während in Österreich im Normalfall dieses bei solchen Eingriffen durch vorhergehende medizinische Untersuchungen wirklich minimal ist.

Aber eben auch teurer. Wäre diese Operation ohne Komplikationen verlaufen, hätte die junge Frau ihren Mann und die Freunde mit perfekten Oberschenkeln überraschen können. So starb sie am „Tag danach“ an einer Lungenembolie… Es ist mir fern, jetzt vor allem Ungarn als Billigland für „Operationen in den Tod“ anzuprangern. Auch bei uns, im westlichen Österreich“, sind schon junge und gesunde Leute bei derartigen „harmlosen“ Eingriffen verstorben. Auch „Mörtel“ Lugners dritte Frau, die Vorgängerin vom bekannten „Mausi“, eine sehr attraktive Frau im Übrigen, hat eine  Schönheitsoperation, die sie im Grunde nicht einmal selber wollte, nicht überlebt…

Mir fällt viel zu solchen Geschichten ein. Etwa, dass es uns viel zu gut geht, so gut, dass wir schon völlig sinnlose Operationen auf uns nehmen: der vermeintlichen Schönheit wegen. Aber auch, dass unsere Gesellschaft immer kränker wird. So krank, dass wir uns irreale Schönheitsideale schaffen müssen, und, um diesen zu entsprechen, alles auf uns nehmen: Lifting, Fettabsaugung, Brustvergrößerung, etc. Eine Welt der Zombies… Nicht Gott wollte uns, als er uns schuf (auf welche Weise nun auch immer) als sein Ebenbild perfekt haben – wir verlaufen uns in diesen sinnlosen Wahn. Und ich nehme mich selber dabei nicht aus. Spekuliere ich doch immer wieder heimlich damit, mir meine „Reiterhosen“ an den Oberschenkeln absaugen zu lassen.

Als ob ich keine anderen Sorgen hätte! Als ob ich dadurch eine anderer Mensch werden würde! Als ob ich mit einem „akzeptablen“(?) Körper plötzlich all meine (zwischenmenschlichen!) Probleme im Griff hätte! Und als ich nach dem Eingriff an meinem Kiefer im Herbst fast lachhafte 14 Tage mit übel entstellter Backe durch’s Leben gehen musste, entwickelte ich in der Krise hin und wieder so bizarre Gedanken, dass ich gleich aus dem Fenster springen könnte, wenn mein Aussehen so bleiben würde…! Man ist undankbar. Schönheit ist nicht alles. Der Satz sagt sich leicht, das gebe ich zu, denn gerade ich bin sicher nicht die Berufendste für’s  Predigen. Aber wenn ich an die Familie in Gmunden denke, die in Hinkunft ohne die Frau und Mutter auskommen muss: War es das wert?

Mir fällt in dem Zusammenhang auch ein Fernsehbericht über eine österreichische Schönheitskönigin ein, die sich vor ein paar Jahren bei ihrer Brustvergrößerung von einem Fernsehteam begleiten ließ. Sie wolle Karriere machen – das war der Grundtenor ihrer Aussagen, und dafür war ihr Busen vorher einfach zu klein gewesen. Karriere… Werbewirksam reckte sie die Brüste vor und nach dem Eingriff in die Kamera. Ein Trauerspiel, müsste man im Grunde sagen. Mit vierzig spätestens ist sie so wieso aus dem Beruf draußen, wenn sie sich kein zweites Standbein schafft, weil es genug junges „Kanonenfutter“ gibt, das nachdrängt. Ich möchte ein Star sein, ich möchte Model werden! Wie dumm, wie unreif, wie unsagbar naiv!

Dunkel erinnere ich mich an eine Textpassage, die ich vor vielen Jahren in „Quo Vadis“ gelesen habe, schon sehr am Ende des weltberühmten Romans. Lygia, die wunderschöne christliche Sklavin, sollte ja den Löwen vorgeworfen werden. Ihr Geliebter rettet sie im letzen Augenblick, aber durch die schwere Gefangenschaft hat das blühende Aussehen der jungen Christin doch gelitten, aber das ist ihrem Retter egal, denn: er hatte längst gelernt ihre Seele zu lieben… Sind wir doch ehrlich: lieben wir eigentlich noch jemanden um der Liebe willen, seines Charakters und seines Wesens wegen, und nicht vorrangig wegen langer Beine oder knackigem Po?

Offen gesagt sind wir meilenweit davon entfernt!

Vivienne

Link: Alle Beiträge von Vivienne

 

Schreibe einen Kommentar