von Vivienne – Dezember 2004
Das Friedenslicht
Eine Weihnachtsgeschichte
Wer in Österreich lebt, kennt die Brauchtum: jedes Jahr wieder fliegt in der Vorweihnachtszeit ein Kind ins Heilige Land nach Jerusalem, birgt aus der Geburtsgrotte Christi das Friedenslicht und am Heiligen Abend kann sich jeder, der möchte, an öffentlichen Stellen (wie etwa dem Bahnhof) mit einer Laterne ausgestattet mit diesem Licht, das den Frieden symbolisiert, eindecken. Mein Schwager Louis, der über einen sehr trockenen Humor verfügt, meint alle Jahre wieder, wenn wir bei unseren Eltern Weihnachen feiern, er möchte nicht wissen, wie oft das Licht an unserem Bahnhof ausgegangen ist und ganz profan mit dem Feuerzeug wieder entzündet wurde
Kann schon sein, dass er im Grunde Recht hat, trotzdem war es mir über Jahre ein fast lieber Brauch geworden, jeden 24. Dezember das Friedenslicht von unserem Bahnhof zu holen. Frieden und Glück waren uns trotzdem nicht immer gegönnt, aber diesen Gang ließ ich mir trotzdem nie nehmen solange ich noch daheim bei meinen Eltern lebte. Nur einmal wäre mir die Freude beinahe gründlich vergangen. Das besagte Weihnachtsfest liegt schon ein paar Jahre zurück, ein Föhnsturm tobte, fast so wie heuer, und ich hatte fast das Gefühl, als würde der Frühling Einzug halten. Der Wind hätte mich einige Male beinahe geholt, aber unerschrocken und mit Weihnachtsfreude im Herzen setzte ich mich gegen die Wetterkapriolen durch.
Ein Kind und ein Vater mit seinem Sohn waren gerade beschäftigt sich mit dem Friedenslicht zu versorgen. Der Mann, den ich vom Sehen kannte, meinte noch zu mir, dass das Friedenslicht schon fast am Ausgehen war. Also goss ich der Umgang mit Kerzen ist mir vertraut das überschüssige, flüssige Wachs aus den Lichtern, entzündete meine schmucke Laterne und machte mich auf den Heimweg. Ich kam etwa 50 m vom Bahnhof weg, als ich bemerkte, dass das Licht ausgegangen war. Im ersten Moment erstarrte ich, aber es nutzte nichts, also retour Rückwärtsgang.
Fünf Minuten später befand ich mich wieder auf dem Heimweg. Vermeintlich. Ein Zug von Linz fuhr ein und der Fahrtwind erwischte mich und meine Laterne voll. Als der Zug aus dem Bahnhof fuhr, brauchte ich nicht mehr hinzusehen: das Friedenslicht war erneut erloschen. Diesmal war ich schon ziemlich ungehalten, als ich mich Richtung Bahnhofsgebäude bewegte. Zornige, ja, unchristliche Gedanken zuckten durch meinen Kopf. Ich entzündete gerade wieder mein Friedenslicht, als mich eine bekannte Stimme grüßte. Überrascht blickte ich auf: Frau Meier aus unserer Siedlung stand vor mir, und es dauerte keine halbe Minute, hatten wir uns beide schon unser Leid geklagt. Sie und ihr Mann, obwohl mit dem Auto da, hatten auch ihr Pech mit dem Friedenslicht.
Vorhin war es ihnen im Auto umgefallen, und seither wollte es nicht mehr richtig brennen. Ich, als Kerzenfachfrau, erkannte mit einem Blick, wo das Problem war. Ich entzündete die Kerze, und bohrte mit dem Fingernagel einen Abfluss in das weiche, warme Wachs. Das überschüssige Wachs konnte nun abfließen und Familie Meier der Mann hatte draußen im Auto gewartet brachten mich mit dem Auto fast bis an die Haustür. Mission Impossible auch in diesem Jahr erfolgreich beendet. Dass mein Schwager Louis später bei meinen Eltern wieder lästerte und meinte, ich hätte mir besser eines meiner Feuerzeuge mitgenommen, statt mich um eine Mitfahrgelegenheit zu bemühen, interessierte mich dabei nicht im Geringsten.
Louis war eben Louis, zynisch, sarkastisch und bisweilen auch boshaft, fast genauso schlimm wie ich. Dafür liebte ich ihn, in allen Ehren, aber das änderte auch nichts daran, dass unsere Meinungen bisweilen auseinander gingen. Mir war das egal, Beatrice musste mit ihm leben, nicht ich, außerdem verfügt ja Bea auch über denselben trockenen Humor Es wurde trotz Fön ein recht gemütliches Weihnachtsfest und mein Friedenslicht flackerte auf einer eine großen, dicken Kerze noch viele Stunden unverwandt dahin. Wie das Jahr selber dann verlaufen ist, weiß ich aber nicht mehr
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