Teil 11 – Die Fledermaus

Der Teich am Bauernhof war fast ausgetrocknet. Seit Wochen hatte es nicht mehr geregnet; und jeder Tag schien noch heißer zu sein als der vorige. Den Hühnern war es viel zu warm. Selbst Berta, die sonst jedem den neuesten Tratsch erzählte, seufzte meist nur leise.

August war überhaupt sehr ruhig geworden. Keine abenteuerlichen Geschichten mehr, in denen er Ingolf, den Fuchs verjagt oder freche Katzen verprügelt hatte. Er sprach selten; und nur dann, wenn er gefragt wurde. Es hatte ihn sehr geschmerzt, als ihn seinen Hennen gemieden hatten.

Rolf schüttelte den Kopf, als er sich mit Irma, der Gans über den Hahn unterhielt. „Wer hätte gedacht, dass er sich einmal so ändern würde!“

„Aber die Hühner mögen ihn jetzt sehr“, gab die Gans zu. „Besonders Agnes hat ihn in ihr Herz geschlossen!“

Rolf lachte. Er wollte zu Philip und Stefan. Der Hofhund hatte etwas entdeckt, dass er ihnen unbedingt zeigen wollte. Der Kater und der Igel waren gleich Feuer und Flamme. Sofort folgten sie Rolf. Aber so sehr sie ihn auch bestürmten, er wollte nichts verraten.

Im Heuschober duftete es nach frischem Heu. Der Bauer und sein Knecht hatten es in den vergangenen Tagen eingebracht. Stefan blieb stehen und sog den Duft tief in sich ein.

„Kommt!“ rief Rolf. In einer Ecke des Heuschobers war es besonders dunkel. Etwas Gerümpel lag dort; und dort hing ein eigenartiges, bräunliches Ding von der Decke.

„Na?“ fragte Rolf.

Philip war etwas enttäuscht. Sehr interessant sah dieses Gebilde nicht aus. Und es hatte auch einen unangenehmen Geruch.

„Ist das alles?“ fragte er.

Rolf erklärte ihm: „Dies ist eine Fledermaus.“

Philip lachte ungläubig.

Stefan stimmte ihm zu. „Das ist doch keine Maus!“

Rolf widersprach ihnen. „Ihr könnt mir ruhig glauben. Allerdings ist das keine normale Maus. Sie hat Flügel, aber keine Federn. Und sie frisst Fliegen und Mücken.“

Philip wurde zornig. „Komm wir gehen!“ meinte er zu Stefan. „Rolf will sich einen Spaß mit uns machen!“

Stefan blieb unschlüssig stehen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Rolf ihnen einen Streich spielen wollte. „Warum sollte Rolf uns ein Märchen erzählen?“ warf er ein.

Philip ärgerte sich:“ Eine Maus mit Flügeln?“ Das wirst du doch nicht glauben!“

Er drehte sich um und wollte hinauslaufen.

„Vorsicht!“ rief Rolf. Von der großen Heuladung hatte sich der obere Teil gelöst und stürzte auf den roten Kater. Philip konnte nicht mehr ausweichen. Wo er eben noch gestanden hatte, lag nur noch Heu.

Stefan brachte vor Schreck kein Wort aus dem Mund. Rolf war ebenso versteinert.

Er fürchtete, der Kater könne im Heu ersticken. Und es war keine Zeit, den Bauern zu holen.

„Was können wir tun? “ war Stefan voller Angst. Er fühlte sich völlig hilflos. Rolf sprang auf den Heuhaufen und begann, das Heu beiseite zu schieben. Er wusste selber nicht genau, ob er damit Philip retten würde. Aber er konnte nicht auf einen besseren Einfall warten. Er wagte nicht daran zu denken, wenn er Philip vielleicht nicht rechtzeitig finden würde. Weiter unten begann nun Stefan ebenfalls, Heu beiseite zu räumen. Rolf und der kleine Igel arbeiteten voller Angst. Ein lautes Scheppern erschreckte die beiden heftig. An der Wand war eine Latte umgefallen. Spuckend und niesend kroch Philip dort aus dem Heu.

„Es ist so heiß…“ ächzte er heiser. Auf seinem Fell waren Halme und Staub. Philip blinzelte, da er Staub in den Augen hatte. Aber sonst fehlte ihm nichts. Rolf fiel ein Stein vom Herzen. Er hätte es sich nie verziehen, wenn dem Roten etwas passiert wäre. Durch den Lärm und die Unruhe war aber Leben in die Fledermaus gekommen. Sie entfaltete ihre Flügel und flatterte verschreckt durch den Heuschober.

„Siehst du!“ lachte Rolf. Er deutete auf das fliegende Tier. „Ich hatte doch recht!“

Schreibe einen Kommentar