Vanessa hatte versucht, Thomas zu einem weiteren gemeinsamen Essen zu überreden, um alles in Ruhe zu besprechen. Er hatte abgelehnt. Die Lage sei im Moment brisant genug, man müsse sie nicht noch zusammen im Restaurant sehen. Er hatte vorgeschlagen, dass man sich morgens zeitig in seinem Büro treffen sollte. Dann hatte er aber doch Angst bekommen, dass das Gespräch ausufern könnte und hatte widerstrebend ihrem Vorschlag zugestimmt, zu ihr nach Hause zu kommen.
Sie hatte schon eine Viertelstunde vor dem vereinbarten Zeitpunkt am Fenster gestanden, auf die Straße gestarrt und auf sein Auto gewartet. Kurz vor der vereinbarten Zeit war er zu Fuß um die Ecke gebogen. Er hatte geklingelt und war nur mit einem kurzen Nicken und einem „Hallo“ an ihr vorbei in die Wohnung gegangen.
„Wo hast du denn dein Auto geparkt?“, hatte Vanessa ihn gefragt.
„Bestimmt nicht hier in der Straße“, hatte er kühl geantwortet.
Nun lief er in ihrem Wohn-Ess-Zimmer auf und ab, während er sprach: „Um eines klarzustellen, Vanessa: Ich werde bei meiner Frau bleiben, ich habe keinerlei Interesse an dir oder an einem Kind mit dir. Meine Ehe stand und steht nicht in Frage.“
Vanessa saß in sich zusammengesunken am Tisch.
Thomas sprach mit bestimmter Stimme weiter: „Und wenn du auf Erpressung spekulierst: Glaub nicht, dass ich mir das gefallen lasse. Dann warte mal ab, wer am Ende am dümmsten dasteht. Glaub nicht, dass du mir das Wasser reichen kannst. Das kannst du in keiner Hinsicht. Sei dir bewusst, wo du stehst.“
Thomas lehnte sich jetzt mit aufgestützten Händen gegenüber von Vanessa auf den Tisch und schaute sie an.
Vanessa hatte die Hände um das zerknüllte Taschentuch in ihrem Schoß geklammert und starrte zurück. Wütend konterte sie: „Du hättest ja auch verhüten können, das liegt nicht nur bei der Frau, weißt du?“
Ihre Stimme klang brüchig, bei den letzten Worten kiekste sie nur noch. Vanessa räusperte sich.
Thomas schlug mit der rechten Hand auf den Tisch, sprach aber mit beherrschter Stimme: „Kann ich ahnen, dass du so schnell rumzukriegen bist? Du hast mich überrumpelt. Ich wollte nur ein bisschen rumflirten und dann kommst du mir so. Nur mal kurz die Wohnung zeigen und so weiter.“
„So war das doch gar nicht.“ Tränen schossen in Vanessas Augen.
„Jetzt fang nicht an zu heulen, das bringt gar nix. Ich sag dir jetzt mal, wie die Situation aussieht. Du kannst mich nicht erpressen. Ich werde meine Familie nicht verlassen. Meine Frau wird mich nicht verlassen, sie braucht mich. Wenn du so blöd bist, das Kind zu kriegen, hast du abgesehen von dem Unterhalt, den ich für das Kind zahlen müsste, nichts von mir zu erwarten. Und überleg dir gut, wie du dann in der Firma dastehst. Ich müsste auch ein paar Federn lassen, aber du wirst als Schlampe dastehen. Und glaub mir: Du bist leichter zu ersetzen als ich. Und das weißt du selbst auch ganz genau. Für deine Stelle steht schon die Nächste in der Warteschlange.“
Vanessa heulte jetzt. Thomas schwieg. Dann setzte er sich. Mit ruhigerer Stimme sagte er zu ihr: „Hör zu, ich versteh dich ja. Das ist dumm gelaufen und du musst es jetzt ausbaden. Das tut mir auch leid. Falls Kosten entstehen, ersetz ich dir die. Aber überleg dir gut, ob du mir UND dir alles ruinieren willst. Schick mir eine SMS, wie du dich entschieden hast.“
Thomas stand auf und ging. Vanessa weinte weiter.