Der Mensch, gar neidig, oft verlogen,
er überspannt dann auch den Bogen,
weil er beharrt im Recht zu sein:
Die anderen Leute, so gemein!
Einseitig trübt der Blick die Sicht,
mit dem der Mensch meint sein Geschick
wär’ ach bedauernswert, betrogen!
Und doch der Standpunkt – überzogen!
Neid treibt den Menschen da voran,
weil er halt nicht verstehen kann,
wenn ein anderer die Nase vorn.
Die Ader schwillt ihm dann im Zorn.
Gar freundlich wählt er seine Worte,
doch was er an Groll im Innern horte,
geht oft auf eine Kuhhaut nicht!
Die Falschheit, ja, die hat Gewicht!
So pflegt er kalt die glatten Reden,
die all die anderen missverstehen!
Was ahnen sie vom wahren Denken!
Man würd’ ihm kein Gehör mehr schenken!
Doch fall’n so viele darauf rein,
vertrauen nur dem äuß’ren Schein.
Wer vermag denn schon zu lesen
in des Menschen inn’rem Wesen!
So lebt die Falschheit in uns rege.
Der Mensch, er sucht gar finst’re Wege
in Missgunst, Neid und Niedertracht,
in seinem Innersten entfacht!
Sei auf der Hut und traue keinem,
der dir kommt mit süßem Schleimen,
der mit Honig zu dir spricht!
Vielleicht zur Lüge er erpicht!
Vielleicht sucht er den Vorteil auch
und er nutzt dich gehörig aus.
Vielleicht möcht’ er dich auch betrügen
und lügt, dass sich die Balken biegen.
Vielleicht hasst er dich aus vollem Herzen,
und möchte’ dich alsbald viele Schmerzen
fühlen lassen! Pass auf dich auf!
So mancher lässt dich fallen auch!
Es geht so schnell im Reich der Lüge,
die schnell gerät auch zur Intrige.
Schau auf dich und traue keinem –
Gar oft will einer dich nur leimen!
Der Mensch, sein Wesen widersprüchlich,
erscheint bisweilen sehr gemütlich,
bis er dann doch das Messer zückt,
von hinten durch die Rippen drückt.
Vertrauen ehrt, es ist nicht löblich,
leidet am Verrat man ewig.
Erwarte nichts, s’birgt nicht viel Sinn –
ist wenig Herz im Menschen drin!
(C) Vivienne