Bundeshymne neu – Aus dem Leben

Ein Land der Töchter sind wir jetzt also auch. Ich rühre im Kaffee und freue mich, dass es ein wenig sonniger geworden ist. Ein Land der großen Töchter – und manch aufrechtem Mann, vorzugsweise von der konservativen ÖVP tut dies in der Seele weh. Warum eigentlich? überlege ich. Kann es so falsch sein, wenn der Kreativität, der Intelligenz oder der Courage der Frauen dieses Landes Rechnung getragen wird? Gut, die Umdichtung ist nicht unbedingt berauschend, andererseits, es ist ein Zeichen… So erläuterte ich dieser Tage einem Kollegen meine Gedanken zur Causa, die Österreich fast schon in ihren Grundfesten erschüttert. Der Kollege, ÖVP-Mitglied, war gezeichnet vom Ärger über diesen Akt, den er anscheinend nicht nachvollziehen kann…

Offen gesagt, es wäre mir auch lieber, wenn es nicht darum ginge, ein Zeichen setzen zu müssen. Es betrifft nicht den Text, vorrangig, so meine ich. Sondern ein Land, eine Gesellschaft, in der Frauen im Gros die Putzen und die Haushälterinnen der Nation sind, das als selbstverständlich annehmen sollen und denen man von Männerseite auch noch einzureden versucht, wie weit die Gleichberechtigung schon fortgeschritten sei. Und das mit der Einkommensschere liege ja nur an der familienbedingt häufigen Teilzeitarbeit der Frauen… Haha! Gleichberechtigung – davon sind wir meilenweit entfernt. Wo Idioten in öffentlichen Foren posten dürfen, dass Hausarbeit Teil der weiblichen Freizeit wäre, möchte man lesbisch werden. Und man fragt sich, womit sich besagter Idiot eigentlich zugedröhnt hat, bevor er sein krankes Gedankengut der Allgemeinheit zukommen ließ…

Oh ja, ich bin eine böse Emanze! Stimmt genau. Ich sehe mein Lebensglück nicht darin, einem etwaigen Partner oder einer (angeheirateten) Familie mein Lebensglück zu opfern. Also zuerst für andere zu leben statt für mich – nein danke! Wenn ich etwas gelernt habe in den letzten Jahren: für mein Lebensglück bin ich selber verantwortlich. Und da ich im Hausfrauendasein ganz sicher nicht mein Glück finde, habe ich mich dem verweigert. Nicht Männer sind so, und Frauen ganz anders. Manche Männer können sein wie ihre Mütter und manche Frauen wie ihre Väter. Und ehrlich, mein Vater selig war ein „fauler Hund“, durchaus liebevoll angemerkt, der seine Finger daheim wenig rührte. Ein paar Dinge habe ich von ihm geerbt, und das gehört dazu… Ich bin faul und ich will nicht daheim weiterarbeiten, wenn der Arbeitstag vorbei ist. Und manchmal, da möchte ich nur meine Ruhe haben. Freiräume eben – Männern gesteht man sie zu, Frauen nicht…

Die Kaffeetasse ist leer… Ja, ich gebe es zu. Ich grinse. Mit der dienenden Rolle der Frau „Siehe ich bin die Magd des Herrn“ hatte ich immer meine Probleme. Ich bin keine Dienerin. Aber auch keine Karrierefrau. Das ganz bestimmt auch nicht. Einfach ein wenig faul, bequem und bemüht, mir privat nichts dreinreden zu lassen. Mein Job füllt mich aus, acht Stunden am Tag, dann schalte ich den PC aus. Und dann kehre ich heim, in meine Welt: eine etwas vollgeräumte Wohnung, in der ich mich meiner Katze unterwerfe, aber nur ihr. So weit, so gut. Was ist falsch dran? Nichts, wenn es nach mir geht. Alles, wenn es nach anderen Leuten geht, die meinen, ich müsste doch, ich bräuchte doch – unbedingt – eine Familie… Das ganz bestimmt nicht!

Soll ich mir noch einen Filterkaffee brühen? überlege ich. – Für eine intelligente Frau ist es ohnehin nicht leicht in dieser Welt zu leben. Man weiß ohnedies, dass man als Person des weiblichen Geschlechts ganz besonders schnell ausgenutzt wird. Schön muss frau sein, schlank, nicht aufmüpfig, alle Zeit bereit zum Blow Job und zur Pille und ausgestattet mit dem Verständnis: wenn er zuschlägt, ist das eigentlich nur ein Zeichen, dass er mich liebt… Gleichberechtigung in diesem Land? In dieser westlichen Welt? Lachhaft nur daran zu denken! Männer geben den Ton an, beherrschen uns. Und das nur aufgrund eines Chromosoms, eines körperlichen Merkmals. Würden wir uns von Schwarzhaarigen oder von den Blauäugigen beherrschen lassen, hätte das dieselbe Berechtigung. Ganz klar…

Ich schiele zur Kaffeemaschine: Kaffee oder nicht Kaffee…? Das ist hier die Frage! Dass wir uns das gefallen lassen, liegt nur daran, dass wir Frauen uns gegeneinander ausspielen lassen. Die klassischen Hausfrauen, die laut Männerwelt „richtig ticken“ zeigen mit den Fingern auf Emanzen wie wir und sagen: Ihr seid böse… Na dann. Da wird sich auch nicht so bald was ändern, dazu läuft die alte Maschine viel zu gut, denn sie wird von den Männern gut gewartet und geölt… Ich streiche durch meine Haare. Sei‘s drum, denke ich mir. Ich lasse mich nicht vereinnahmen und ich heirate keine Familie – weil ich zu faul bin! Aber wenn ich da an die Bundeshymne neu denke… Wäre alles nicht nötig, wenn wir alle gleichberechtigt wären, Männer und Frauen, wenn jeder Mann und jede Frau all das erreichen könnte was er oder sie wollte, von Anfang an. Und uns nicht die alten, überholten Schemata reingedrückt würden, vom Moment unserer Geburt an…

Vivienne

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