Der türkische Botschafter – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Ich habe euch zuletzt ivon der Diskussion über die rot-grüne Koalition in Wien erzählt, die ich am Freitag bei einem Besuch im „Cafe Steiner“ miterleben durfte. Das war aber noch gar nicht mal der einzige vermeintliche Aufreger, der sich an diesem Abend in meinem Stammlokal zugetragen hat. An der Schank lag wie auch sonst meist das Boulevardblatt „Österreich“ auf, dass mit der Schlagzeile „Die Türkei provoziert Österreich“ titelte. In dieselbe Kerbe schlug auch die “Kronen Zeitung” mit der Botschaft „Türkei-Botschafter muss sofort weg!“

Was war passiert? Der türkische Botschafter in Wien, Kadri Ecved Tezcan hatte in einem Gespräch mit der Tageszeitung „Die Presse“ die österreichische Integrationspolitik wortreich kritisiert. Den Österreichern bescheinigte er – auch aus meiner Sicht ziemlich undiplomatische – sich nur im Urlaub für fremde Kulturen zu interessieren. „Die Türken sind glücklich, sie wollen nichts von euch. Sie wollen nur nicht wie ein Virus behandelt werden“ formulierte der Diplomat seine Sicht der Dinge. Auch die österreichische Innenministerin Maria Fekter wurde vom Tezcan für ihre Integrationspolitik kritisiert, ihr würde für ihre Aufgabe eine „liberale und offene Geisteshaltung“ fehlen. In Österreich würden, so Tezcan, fast 30 Prozent eine extrem rechte Partei wählen. Wenn er Generalsekretär der UNO, OSZE oder Opec wäre würde er darüber nachdenken Wien den Rücken zu kehren.

Die Reaktionen der österreichischen Innenpolitik ließen nicht lange auf sich warten. So zeigte sich Kanzler Faymann empört, dass ein Botschafter „die Menschen im Gastland beleidigt.“, die von Tezcan direkt angesprochene Innenministerin Fekter zeigte sich „entzürnt“ über die „unglaubliche Entgleisung“ und FP-Chef H.C.Strache forderte den sofortigen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.

Aber kommen wir zurück zu dem Diskurs im „Cafe Steiner“, der eigentlich damit begann – richtig erraten, Leute – dass Helmut sich künstlich über die in den Zeitungen abgedruckten Aussagen des Botschafters zu echauffieren begann. Dass die Aussagen des türkischen Botschafters Wasser auf die Mühlen der FPÖ-Sympathisanten waren verwundert nicht wirklich. Dem durchaus etwas seltsam anmutenden Weltbild von Helmuth folgend würden die Wiener gönnerhaft die Migranten dulden und diese hätten sich in ewiger Dankbarkeit dafür zu revanchieren. Eben dieses Gedankenmuster ist es aber das der türkische Botschafter letztlich kritisiert hat.

Ich gebe gerne zu, dass ich über die Aussage von Tezcan selbst auch nicht glücklich war und den Meinungen mancher Kolumnisten, die vorschnell ihre inhaltliche Zustimmung signalisierten, nur bedingt zustimmen kann. Ich glaube aber dennoch nicht dass der Botschafter, der am Beginn des Gespräches mit der „Presse“ darauf hinwies seine Privatmeinung zu verkünden, hier bewusst provozieren sondern eher einen Diskussionsprozess anregen wollte. Wieweit dies auch nur ansatzweise gelungen ist sei dahingestellt. Es ist bestimmt bedauerlich dass in der aktuellen österreichischen politischen Situation Themen zur Verbesserung der Integration so schwerfällig angegangen werden. Dass es Verbesserungspotentiale gibt ist wohl ebenso keine Frage wie die notwendige Einsicht, dass man sich diese wohl nicht von populistisch agierenden Rechtsparteien erwarten sollte.

Pedro

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